Stark (Dark Half)
gebieterische Gesten, die Thad an alte Wochenschauen erinnerten, in denen der Duce vom Balkon aus Reden an seine italienischen Landsleute hielt. Dann bekam er die Teetasse seiner Mutter zu fassen und schaffte es, das, was noch darin war, über sich selbst auszugießen, bevor er wieder auf seinem Hinterteil landete. Der Tee war glücklicherweise kalt, aber Wil iam brachte es fertig, die Tasse nicht loszulassen und sich damit kräftig genug auf den Mund zu schlagen, daß seine Unterlippe ein wenig blutete. Er begann zu weinen, und Wendy folgte prompt seinem Beispiel.
Liz hob ihn hoch, untersuchte ihn, warf Thad einen verzweifelten Blick zu und trug ihn nach oben, um ihn zu beruhigen und zu säubern. »Behalte die Prinzessin im Auge«, sagte sie, als sie ging.
»Mach ich«, sagte Thad, aber er hatte festgestellt und würde es gleich wieder feststel en, daß solche Versprechungen im Goldenen Zeitalter der Schwierigkeiten nicht viel zu besagen hatten. William hatte es geschafft, Liz' Teetasse praktisch unter ihrer Nase zu erwischen, und Thad sah einen Moment zu spät, daß Wendy im Begriff war, von der dritten Treppenstufe zu fal en.
Er hatte ein Nachrichtenmagazin betrachtet - nicht darin gelesen, sondern nur geblättert und hin und wieder einen Blick auf die Fotos geworfen. Als er damit fertig war, ging er zu dem großen Wollkorb beim Kamin, der als eine Art Zeitschriftenständer diente, um die Zeitschrift zurückzulegen und sich eine andere zu holen. Wendy krabbelte auf dem Fußboden herum, ihre Tränen waren vergessen. Sie gab das leise ram-ram-ram von sich, das beide beim Krabbeln hören ließen, ein Laut, bei dem sich Thad gelegentlich fragte, ob sie tatsächlich all ihre Bewegungen mit den Autos und Lastwagen in Verbindung brachten, die sie im Fernsehen sahen. Er hockte sich nieder, legte das Heft in den Korb, suchte dann in dem Zeitschriftenhaufen herum und entschied sich schließlich für ein einen Monat altes Exemplar von Harper's. Ihm kam der Gedanke, daß er sich verhielt wie ein Mann beim Zahnarzt, der auf eine Extraktion wartet.
Er drehte sich um, und Wendy war auf der Treppe. Sie war bis zur dritten Stufe hochgekrabbelt und erhob sich jetzt unsicher auf die Beine, wobei sie sich an einer der Docken festhielt, die den Handlauf des Treppengeländers mit dem Fußboden verbanden. Als er hinschaute, entdeckte sie ihn und reagierte mit einer schwungvol en Armbewegung und einem Lächeln. Der Schwung des Arms ließ ihren pummeligen Körper nach vorn kippen.
»O Gott«, flüsterte er, und als er mit trocken knackenden Knien hochkam, sah er, wie sie einen Schritt vorwärts tat und die Docke losließ. »Nicht, Wendy!«
Er sprang beinahe durchs Zimmer, und fast hätte er es geschafft. Aber er war ein tolpatschiger Mann, und einer seiner Füße verhakte sich hinter einem Stuhlbein. Der Stuhl kippte um, und Thad stürzte hin. Wendy fiel mit einem erschrockenen kleinen Quieken nach vorn. Im Fal en vol führte ihr Körper eine leichte Drehung. Thad kam auf die Knie, versuchte sie aufzufangen, und verfehlte sie um einen halben Meter. Ihr rechtes Bein pral te gegen die unterste Treppenstufe, und ihr Kopf landete mit einem dumpfen Laut auf dem teppichbelegten Fußboden des Wohnzimmers.
Sie schrie, und er hatte Zeit zu denken, wie entsetzlich sich die Schmerzensschreie eines Kindes anhören; dann hatte er sie aufgehoben und hielt sie in den Armen. Von oben rief Liz mit bestürzter Stimme: »Thad?«, und er hörte, wie sie den Flur entlangrannte.
Wendy versuchte zu weinen. Mit dem ersten Schmerzensschrei hatte sie fast die gesamte Luft aus ihren Lungen ausgestoßen, und nun kam der qualvolle, endlose Augenblick, in dem sie versuchte, ihren Brustkorb zu entkrampfen und Luft zu holen für den nächsten Aufschrei. Er würde ein Schlag gegen die Trommelfel e sein, wenn er kam.
Wenn er kam.
Er hielt sie, betrachtete angstvoll ihr verzerrtes, tief gerötetes Gesicht. Es war fast purpurn, abgesehen von einem roten Fleck von der Form eines sehr großen Kommas auf der Stirn. Himmel, was ist, wenn sie bewußtlos ist? Was ist, wenn sie erstickt, nicht imstande ist, Luft zu holen und den Schrei auszustoßen, der in ihren flachen kleinen Lungen festsitzt?
»Schrei, verdammt noch mal!« brüllte er sie an. Oh, dieses purpurfarbene Gesicht! Diese hervorquel enden, gequälten Augen! »Schrei!«
»Thad!« Liz hörte sich jetzt sehr verängstigt an, aber sie schien auch sehr weit fort zu sein. In diesen endlosen Sekunden zwischen
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