Stark (Dark Half)
Stark. Die Sperlinge flogen, und Stark war wiedergekommen. Er war tot und offiziell begraben. Er hatte überhaupt nie existiert, aber das spielte keine Rolle; ob real oder nicht - er war wieder da.
Schluss damit, befahl er sich. Du bist kein Nervenbündel, und es besteht keine Veranlassung, dass du dich von dieser bizarren Situation ernsthaft irritieren lässt. Das Geräusch, das du gehört hast —das Vogelgeräusch - ist lediglich ein psychisches Phänomen, das man als »Erinnerungsbarriere« bezeichnet. Es wird durch Stress und seelischen Druck ausgelöst. Also nimm dich zusammen.
Dennoch verließ ihn das Entsetzen nicht vollständig. Mit dem Vogelgeräusch war nicht nur ein presque vu gekommen, diese Empfindung, etwas schon einmal erlebt zu haben, sondern auch ein presque vu.
Presque vu: ein Gefühl, etwas zu erleben, das noch nicht passiert ist, aber passieren wird. Nicht eigentlich eine Vorahnung, sondern eher eine verschüttete Erinnerung.
Verschütteter Unsinn, nichts anderes.
Er hielt die Hände ausgestreckt und richtete seinen Blick fest darauf. Das Zittern ließ immer mehr nach, dann hörte es ganz auf. Als er sicher war, dass er Wendys baderosa Haut nicht in den Reißverschluss einklemmen würde, zog er ihn zu, trug sie ins Wohnzimmer, setzte sie neben ihren Bruder in den Laufstall. Dann trat er in die Diele, wo Liz mit Pangborn stand. Davon abgesehen, dass er allein gekommen war, hätte die Situation dieselbe sein können wie am Vormittag.
Jetzt haben wir die rechte Zeit und den rechten Ort für ein kleines vu der einen oder anderen Art, dachte er, aber der Gedanke hatte nichts Belustigendes. Dazu war dieses andere Gefühl in ihm noch zu stark — und das Geräusch, das die Sperlinge gemacht hatten. »Was kann ich für Sie tun, Sheriff ?« fragte er, ohne zu lächeln.
Oh, noch etwas, das jetzt anders war. Pangborn hielt einen Sechserpack in der Hand. Jetzt hob er ihn hoch.
»Ich dachte, wir könnten vielleicht ein kaltes Bier zusammen trinken«, sagte er, »und die Sache durchsprechen.«
2
Liz und Pangborn tranken Bier; Thad hatte sich eine Cola aus dem Kühlschrank geholt. Während sie sich unterhielten, sahen sie zu, wie die Zwillinge auf ihre seltsam ernsthafte Art miteinander spielten.
»Eigentlich dürfte ich gar nicht hier sein«, sagte Alan Pangborn. »Ich sitze hier mit einem Mann zusammen, der jetzt nicht nur Verdächtiger in einem Mordfall ist, sondern in zweien.«
»Zwei?« rief Liz.
»Darauf komme ich noch. Ich komme auf alles. Ich habe vor, die ganze Geschichte auszubreiten, zum einen, weil ich sicher bin, dass Ihr Mann auch für diesen zweiten Mord ein Alibi hat. Den Leuten von der Staatspolizei geht es nicht anders. Sie rennen stillschweigend im Kreis herum.«
»Wer ist ermordet worden?« fragte Thad.
»Ein junger Mann namens Frederick Clawson in Washington D. C.« Er beobachtete Liz, die auf ihrem Stuhl zusammenfuhr und dabei etwas er auf ihren Handrücken verspritzte. Ohne jede Ironie setzte er hinzu: »Ich sehe, der Name ist Ihnen bekannt, Mrs. Beaumont.«
»Was geht da vor?« fragte sie kraftlos flüsternd.
»Ich habe nicht die geringste Ahnung, was da vorgeht. Schon der Versuch, das herauszufinden, macht mich wahnsinnig. Ich bin nicht hier, um Sie zu verhaften oder in die Enge zu treiben, Mr. Beaumont, aber es will mir nicht in den Kopf, wie jemand anders diese beiden Morde begangen haben soll. Ich bin hier, um Sie um Hilfe zu bitten.«
»Warum nennen Sie mich nicht Thad?«
Alan rutschte eine wenig verlegen auf seinem Stuhl. »Ich glaube, es wäre mir angenehmer, wenn ich vorerst bei Mr. Beaumont bleibe.«
Thad nickte. »Wie Sie möchten. Also Clawson ist tot.« Er schaute ein paar Sekunden nachdenklich auf den Fußboden, dann richtete er den Blick wieder auf Pangborn. »Waren auch im Fall Clawson meine Fingerabdrücke vorhanden?«
»Ja — und in mehr als einer Hinsicht. Kürzlich ist ein Artikel über Sie in der Zeitschrift People erschienen, nicht wahr?«
»Vor gut zwei Wochen«, präzisierte Thad.
»Das Heft wurde in Clawsons Wohnung gefunden. Eine Seite aus dem Artikel wurde bei einem auf höchst rituelle Weise begangenen Mord offenbar als eine Art Symbol benutzt.«
»Großer Gott«, sagte Liz. Ihre Stimme klang erschöpft und entsetzt zugleich.
»Wollen Sie mir erzählen, in welchem Verhältnis Sie zu diesem Mann standen?« fragte Alan.
Thad nickte. »Es gibt nichts, was dagegen spräche. Haben Sie den Artikel zufällig gelesen, Sheriff ?«
»Meine
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