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Starke Frau, was nun?

Starke Frau, was nun?

Titel: Starke Frau, was nun? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kera Jung
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Scheiß!
    »You‘re welcome, Sir«, säuselt sie.
    Der Ami nimmt strahlend das Besteck entgegen, obwohl Lisa echt nicht verwundert gewesen wäre, hätte sich der Typ sein Höhlenmahl mit den Pfoten ins fiese Gesicht gestopft.
    »All right?«
    »Great«, versichert er. »Thanks, Bunny.«
    BUNNY! Lisa schnaubt und konzentriert sich mit neuer Verbissenheit auf ihre Papiere. Dann hat der Titel ausgespielt und ihre Augen werden schmal – der Arsch will sie foltern?
    Okay ...
    Ohne Vorwarnung schiebt sie die Regler hoch. »Und, was hast du mit unserem geliebten Sender vor? Mit welchen Veränderungen müssen wir rechnen, oder soll ich besser sagen, mit welchen Innovationen werden wir verwöhnt, Chris?«
    Der hat sich soeben ein besonders großes Stück Fleisch in seinen verseuchten Mund geschoben. Protestierend und ziemlich hektisch wedelt er mit der Hand. Rebekka zeigt ihr von draußen den Vogel. Lisa ignoriert die dämliche, männerhörige Verräterin an jeder Frau, deren Wangen übrigens immer noch rote Flecken aufweisen.
    »Ups! Er isst, der Arme. Yeah ...« Letzteres begleitet sie mit einem aufgesetzten Stöhnen. »Auf mich greift das amerikanische Virus über, merkt ihr das, Leute? Da unser Ehrengast derzeit verhindert ist, werde ich die Zeit nutzen und euch beschreiben, was er gerade mit sichtlicher Begeisterung zu sich nimmt. Den mit schwarzen, krebserregenden Brandspuren bedeckten Fleischbrocken einer zu Lebzeiten gefolterten und geknechteten Kreatur, die mittels Antibiotikum und Wachstumshormonen gesättigtem Futter innerhalb von Lichtgeschwindigkeit schlachtreif gemästet wurde. Nennen wir sie doch Misery. Mit drei Wochen erfolgte die schmerzliche Trennung von der Mutter, seitdem musste Misery mit ihren Leidensgenossen in einem klimatisierten Stall leben. Der Lebensraum umfasste zwei mal eineinhalb Meter; so etwas wie eine Weide, auf der sie herumtollen und grünes Gras fressen durfte, sah unser trauriges Mädchen nie. Nach den wenigen Monaten, die sie eingepfercht ihr Dasein auf Erden fristen durfte, wurde Misery unter barbarischen Umständen zusammengequetscht und mit ihren zu Tode entsetzten Artgenossen verschifft. Vielleicht nach Spanien? Dort wird zu Dumpingpreisen gemordet. Unterwegs musste sie ihren Brüdern und Schwestern beim Krepieren zusehen, war gezwungen, auf deren geschundenen Leibern herumzutrampeln und roch ihr Blut. Tagelang, ohne Wasser, zusammengedrängt in einem viel zu kleinen Container. Die Luft wurde knapp, Misery stürzte bei jeder unvermuteten Bewegung, weil ihre Physis blöderweise für solche Weltreisen absolut nicht konstituiert war. Möglicherweise waren bei der Ankunft bereits die Vorderläufe gebrochen, aber das ist egal; essen kann man das Fleisch ja immer noch. Angekommen auf dem Festland wurde Misery mit den anderen Sklaven noch einmal vier Tage durch die Lande kutschiert und dann, endlich angelangt, bekam sie den Gnadenschuss. Und? Schmeckt‘s?«
    Der Neandertaler-Ami hat ihr aufmerksam gelauscht – neben der begeisterten Fresserei, versteht sich – und nur hin und wieder zustimmend genickt. Jetzt kaut er genüsslich, schluckt und strahlt »Great, honey. Delicious!«
    »Kein schlechtes Gewissen oder so?«
    Er genehmigt sich etwas von seiner Cola, schluckt erneut und schüttelt den Kopf. »In my opinion ...«
    »Please in german, gay. Wir wol...«
    Abrupt blickt er auf, Lisa wartet mit angehaltenem Atem, und für einen flüchtigen Moment schaut es so aus, als hätte sie es geschafft: Endlich wird er explodieren und ihr, neben halb Berlin und Brandenburg seine wahre, fiese, Testoidentität präsentieren. Die Nasenflügel sind gebläht, die Schultern gestrafft und die Stirn eine Kraterlandschaft. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bevor ihm der Rauch aus den Ohren quillt ...
    Doch anstatt zu funktionieren, lacht er. »Guy, please, Bunny. It‘s a simply but significant difference!«
    Ihre Augen werden groß. »Uuups!«, lächelt sie. »My mistake. I‘m soooooo sorry.« Sie räuspert sich. »Damit wäre die Englischstunde beendet, wir machen mit Deutsch weiter. Nun hört ihr Maria Mena mit ›Just hold me‹. Oder was meinst du, Chris?«
    Ihre Blicke versinken ineinander; sein blödes Grinsen ist verschwunden und die visuelle Kriegserklärung könnte nicht deutlicher ausfallen.
    »Yeah ...«, sagen beide in einem Atemzug, bevor Lisa die Regler betätigt.
    * * *
    Englisch – Deutsch:
    Really - wirklich
    Every.Singel.One - jedes einzelne
    of course - natürlich
    opinion -

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