Starlet Monika

daß sich vor uns eine hölzerne Wendeltreppe befand.
    Unmittelbar neben uns erschallte
ein scheußliches, gellendes Gelächter. »Los, meine Lieben !« krächzte die Stimme einer Hexe. »Die Treppe hinauf wie gute Kinderlein. Wir
warten alle dort oben auf euch. Das wird eine wunderschöne Party. Der Topf mit
dem kochenden Wasser steht bereits auf dem Herd und wartet. Aber wir können
nicht anfangen, bevor ihr oben seid !«
    Auf halbem Weg die Treppe
hinauf gingen die Lichter wieder aus, und dann wurde das Gelb durch ein
überirdisches Karmesinrot ersetzt. Wir kamen bis zum Ende der Treppe, und die
Lichter gingen erneut aus. Ein Donnerkrachen ertönte, gefolgt von einem grellen
Blitz, der ausreichend lange anhielt, um uns eine ganze Sammlung von
Gespenstern erkennen zu lassen, die um einen langen Tisch saßen und mit
Schlachtmessern, blutbefleckten Äxten und anderen Eßutensilien ausgestattet waren und hoffnungsfreudig darauf warteten, daß ihre Mahlzeit
hereinspaziert käme. Ein gleichmäßiges, orangefarbenes Licht erhellte die ganze
Szene, und mit jedem Schritt, den wir auf den Tisch zutraten, stand eins der
Gespenster auf.
    Und so ging es in Variationen
weiter; im zweiten Stock zum Beispiel gab es eine ganze Wand, die sich uns
plötzlich zuneigte, bis man sicher war, daß sie einem sogleich über dem Kopf
zusammenstürzte. Die Treppe, die zum oberen Stock führte, war mit einem
angenehmen, weißen Licht hell beleuchtet, und dort gab es eine Abwandlung des
guten altmodischen Tricks, den jedes männliche Wesen, das über das
Pubertätsalter hinaus ist, von Herzen zu schätzen weiß: In jeder vierten Stufe
war ein Ventilator eingebaut, und wenn man darauf trat, schoß ein mächtiger
Luftstrom aus ihr heraus.
    Als sich das zum erstenmal ereignete, beging Kathy den gloriosen Fehler,
zuerst zu schreien, anstatt ihren Rock herunterzudrücken, und ich hatte die
flüchtige Vision von einem Paar wundervoller, mit Nylon bezogener Oberschenkel,
einem schwarzen Strumpfhalter und einem schwarzen Spitzenhöschen, bevor das
dumme Mädchen auf den guten Gedanken kam, auf die nächste Stufe zu treten. Für
den Rest des Anstiegs bis zum Ende der Treppe umklammerte sie ihren Rock, als
sei ihr ein Sittlichkeitsverbrecher auf den Fersen; und vielleicht war sie,
mich unmittelbar hinter sich wissend, gar nicht so weit von der Wahrheit
entfernt.
    Der oberste Stock lag im
Dunkeln, und dann erschien ein schwaches, blauweißes Licht über unseren Köpfen.
Es erfolgte ein Rascheln, und wir spürten einen leichten Luftzug in unseren
Gesichtern, als etwas nahe an uns vorbeizuflattern schien.
    »Willkommen, Sterbliche«, sagte
eine volltönende tiefe Stimme leise. »Willkommen im Haus der Geister. Für einen
flüchtigen Augenblick in eurem elenden, begrenzten Leben könnt ihr die
Herrlichkeit der Götter genießen .«
    Das Licht wurde ein wenig
heller, und das Gesicht Jupiters strahlte für einen Augenblick lang auf uns
herab. Der Rest war ein prächtiges Phantasiegebilde. Ein trunkener Bacchus
schwankte, aus einem goldenen Becher trinkend, durch den Raum. Eine
durchsichtige Venus, der das goldene Haar über den Rücken fiel, tauchte aus einer
glitzernden Muschel auf, tanzte auf uns zu und verschwand erst, als wir so nahe
waren, daß wir sie hätten berühren können. Der geflügelte Merkur flog ruhig
durch den Raum, damit beschäftigt, eine Jupiter-Botschaft zu überbringen.
Schließlich herrschte wieder Dunkelheit, und die volltönende tiefe Stimme
sagte: »Die Sterblichen haben jetzt genug gesehen. Die Götter entbieten euch
ihr Lebewohl !«
    Ein matt erhellter Korridor
erschien unmittelbar vor uns, und wir gingen ihn entlang, bis wir an seinem
Ende zu einer Rolltreppe kamen.
    »Ich kann gar nicht glauben,
daß es wirklich zu Ende ist«, sagte Kathy mit zitternder Stimme, als sie auf
die Rolltreppe trat. »Diese letzte Sache mit den Göttern war ja nicht allzu
schlimm, aber all diese gräßlichen ... Aaahhhh !«
    Die blutbefleckte Plastikhand,
die plötzlich aus der Wand heraussprang, verschwand wieder, und ich konnte
Kathy, deren Knie unter ihr nachgaben, gerade noch festhalten. Aber damit hatte
es sich. Wir verließen die Rolltreppe und gingen durch eine prosaische Tür, auf
der Ausgang stand, und trafen Carl draußen auf uns wartend an.
    »Wie hat es Ihnen gefallen ?« fragte er auf dem Weg zurück zum Kontrollraum.
    »Reden wir nicht davon«, sagte
Kathy mit schwacher Stimme. »Ich kann nach wie vor jeden Augenblick in Ohnmacht
fallen