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wusste ja, dass diese tausend Stolperkabel auf dem Boden total trötedoof sind! Papa hätte echt was sagen sollen! Da kann man doch nur dran hängen bleiben! Besonders wenn man so hohe Hacken anhat wie Mama heute Abend.
Ich gucke mich um und sehe Papa vorwurfsvoll an.
Papa lächelt kuschelhundmilde zurück und begreift überhaupt nicht, was ich von ihm will.
Mama hat es inzwischen geschafft, im Sturzflug halbwegs heil in die Mitte des Studios zu kommen – zum Glück konnte sie sich gerade noch an Sibylle Hahns quiekgelbem Kostüm festhalten, was allerdings mächtig knirschte und jetzt vermutlich einen kleinen Riss hat –, und ist auf eins der Sofas gesunken.
Sibylle Hahn guckt irgendwie nicht mehr ganz so freundlich. Die dumme Kuh! Kann Mama denn was dafür, dass Sibylle keine reißfesten Klamotten anhat?
»Hm, hrmpf, hm«, grunzt Sibylle Hahn grummelig, »also noch mal: Herzlich willkommen!«
»Danke«, haucht Mama schüchtern, »und – äh – guten Abend!« Sie nickt jetzt auch zum Publikum rüber.
»Huhuuu! Mamaaaa!«, rufe ich freundlich. Wird ja mal Zeit, dass wenigstens einer freundlich zu ihr ist.
»Sandra«, fängt Sibylle Hahn jetzt wieder an, »ich darf dich Sandra nennen, wir kennen uns ja zufällig auch privat …« Sie lächelt entschuldigend in die Kameras. Was gibt’s denn da zu entschuldigen? Ist ja schließlich nicht Mamas Schuld, dass Sibylle und Gregory neben uns wohnen.
»Sandra …«, brabbelt die goldene Sibylle weiter, »in welchem Alter hast du eigentlich mit dem Schreiben begonnen? «
»Mit dem Schreiben?«, fragt Mama zurück und guckt überrascht und ein bisschen gequält, als hätte sie ein glitzergoldener Elch ins Ohr gebissen.
»Ja, mit dem Schreiben«, wiederholt Sibylle Hahn etwas genervt, »mit dem Schreiben deiner Romane!«
»Oh, mit dem Schreiben meinen Sie – äh, meinst du «, stottert Mama und sieht nun aus, als versperre ihr der goldene Elch die Sicht. Sie guckt nicht mal mehr in die Kamera, sondern den Kameramann dahinter an, als würde sie hoffen, dass der ihr die Antwort verraten würde.
Macht er aber nicht und so stottert Mama weiter. »Ja, also …« Sie sieht plötzlich unheimlich rot im Gesicht aus. Aber es ist natürlich auch mächtig heiß hier drin! »Ja, also, das Schreiben … Ja, ich – ähm – ich … ich schreibe. Äh, vor allem Romane.«
Sibylle Hahn sieht Mama an, als hätte die nicht mehr alle Henkel an der Suppenschüssel. »Richtig, das wissen wir ja bereits.« Sie bemüht sich, zu lächeln. »Und nun hast du auch noch einen großen Publikumspreis gewonnen. «
Mama nickt hilflos.
»Wie fühlt man sich denn dabei?«, fragt Sibylle Hahn und sieht Mama gespannt an.
Mama guckt suchend ins Publikum. »Ähm, ja, so ein Preis ist… äh … ganz gut, oder?«
Ich drehe mich um. Papa und Rema sehen etwas besorgt aus. Ich bin auch etwas besorgt.
»Was redet Mama denn da für einen Matsch?«, wispere ich zu Rema rüber.
»Ach je«, wispert Rema zurück, »das geht einem so, wenn alle Scheinwerfer und Kameras auf einen gerichtet sind, Kenny. Also, zumindest wenn man das nicht gewohnt ist.«
»Preise sind ja immer schön, nicht?«, redet Mama verzweifelt weiter und versucht auch mal ein Lächeln. Sie sieht aber immer noch so aus, als hätte sie gerade nicht alle Murmeln auf der Rollbahn.
Ich kräusele meine Stirn. Ich will keine Mama haben, die nicht mehr alle Murmeln beisammenhat!
Papa beugt sich zu mir nach vorne. »Mama ist nur schrecklich aufgeregt. Die Ärmste!«
Die Ärmste? Die soll mal bitte ganz schnell mit dem blödsinnigen Aufgeregtsein aufhören! Ich hab schließlich Sinan neben mir sitzen, und der soll nicht denken, dass meine Mama blöd ist!
Jetzt laufen plötzlich Leute mit großen Schildern in der Hand gebückt vor Mama und Sibylle entlang und halten die Schilder vor ihnen hoch. Aber immer noch tief genug, damit das die Kameras nicht aufnehmen können.
»Da steht bestimmt was drauf«, meint Bentje neben mir. »Bestimmt irgendwas, was deine Mama oder Sibylle sagen sollen.«
Aber Mama sieht nur noch verwirrter aus.
»Wir machen eine kurze Werbepause in zwei Minuten«, sagt Sibylle Hahn da zuckersüß zu der Kamera direkt vor ihr, »bis dahin darf ich dich, liebe Sandra …«, sie guckt Mama noch zuckersüßer an, »… bitten, uns noch eine andere Frage zu beantworten. In deinen Romanen durchleben die Frauen alle Arten von Gefühlen, aber am Ende siegt immer die Liebe. Das ist wunderbar und man findet sich sofort
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