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StasiPolka (German Edition)

StasiPolka (German Edition)

Titel: StasiPolka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Pesch
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Scannerkontrolle unter Deck hatte nichts gebracht. Das Ding konnte überall stecken, am Mast, in den Aufbauten, weiter danach zu suchen, war Zeitverschwendung. Tunsky konnte ihre Position jederzeit ausmachen, damit war Vincents Vorteil dahin. Bei einer Verfolgungsjagd hatte er sowieso keine Chance. Die Segelyacht lief maximal neun Knoten, jedes motorisierte Schlauchboot würde Kreise um sie fahren. Als Erstes musste er wieder festen Boden unter die Füße bekommen.
    Vincent trug die Pfanne nach oben und schob zwei Eier auf jeden Teller. Gr aham schnupperte und setzte sich auf. Immerhin etwas.
    „Mein Vater war abergläubischer als ein afrikanischer Buschmann.“ Graham hantierte behutsam mit Messer und Gabel, ein penibler Pathologe bei der Suche nach Auffälligkeiten. „Zweimal Niesen bedeutete Glück, einmal Niesen Pech. Ein Maulbee rbaum vor der Haustür hielt Unheil fern. Aber pflege mal Maulbeerbäume in Flandern. Wenn er nachts von Scheiße träumte, spielte er am nächsten Tag in der Lotterie; nichts konnte dann schief gehen.“ Graham legte etwas zerschnittenes Ei auf den Rücken seiner Gabel und schob es in den Mund. Vincent hörte zu.
    „Catherine war immer für mich da, ich kann mich nicht beklagen. Aber die let zten zwei Jahre hat sie mich nicht mehr ran gelassen“, er arbeitete sich bedächtig weiter durch die Spiegeleier, „irgendwie lief es falsch. Es heißt, wenn ein älterer Mann eine junge Frau nimmt, kommt der Sex zwischen ihnen spätestens nach einem Jahr zum Erliegen. Aber wir waren nicht so weit auseinander. Zunächst lief alles prima. Ich glaube, sie nahm mich zum Schluss nicht mehr ernst.“
    Vielleicht lag er da nicht so falsch. Jetzt badete er in Selbstmitleid, zelebrierte den Abschied vom früheren Leben. Aber offenbar erwartete er keinen Trost. Vincent goss Kaffee nach, überlegte, wie er wieder das Heft in die Hand bekam, und ließ Gr aham weiter brabbeln.
     
    Der Junge zog den Schlüssel an einem langen Bindfaden aus einem Versteck unter der Dachtraufe hervor und schloss die Eisentür auf. Es roch muffig, Gartenwerkzeuge, ein Motorpflug, Säcke mit Dünger. Der verwitterte Steinschuppen klebte flach und unscheinbar in einem steilen Orangenhain, an der Flanke des Biokovomassivs. Meilenweiter Blick über das Meer und die Inseln. Vor einer Stunde hatte Vincent das Boot an der Mole in Igrane vertäut, den Rest von Feodors Waffen eingepackt und dann Ivo angerufen. Seine Frau sagte, ihr Mann sei noch nicht vom Fischen zurück, schickte ihnen fürs Erste aber den Jungen. 
    Der holte eiserne Gertenstühle aus der Hütte, grinste erfreut, als Vincent ihm e twas Geld zusteckte, und verschwand dann zwischen den Bäumen. Bis auf das Zwitschern der Vögel war es still, keine Brise, bald würde es heiß werden.
    „Unglaublich, da singt eine Nachtigall“, Graham schien entzückt, „man hört sie sofort heraus. Erkennst du Vogelstimmen?“ Der Mann hatte Nerven.
    „Möwe und Kuckuck kann ich einigermaßen auseinander halten.“
    Graham überhörte den Unterton, hatte offenbar sein Thema gefunden. „Ich e rkenne über siebzig heimische Vogelarten.“ Kein Wunder, dass Katja, das Mädel aus dem Plattenbau, nachdenklich geworden war. Vincent hätte schon die Art, wie der Mann aß, verrückt gemacht. Er stellte sich die beiden beim abendlichen Plausch auf der Terrasse in Waterloo vor.
      Zum Glück schnarrte das Handy, bevor Graham ins Detail gehen konnte.
    „Das hätten Sie nicht tun sollen“, sagte Tunsky frostig.
    „Wovon sprechen Sie Eugene?“ Vincent gab Graham ein Zeichen, den Mund zu halten.
    „Wovon ich spreche? Warum haben Sie Jiri umgelegt?“ Seine Stimme wurde schriller.
    „Wa s regen Sie sich auf? War er einer Ihrer Bengels?“
    Vincent hörte, wie Tunsky Luft holte. „Graham ist bei Ihnen, nehme ich an.“ Wieder ruhig.
    „Richtig.“
    „Er hat noch nicht mit anderen Interessenten gesprochen?“
    „So ist es.“ Woher wusste Tunsky, dass Dritte im Spiel waren?
    „Niemand, außer ihm weiß, wo das Geld steckt?“
    „Beinahe. Ich weiß es auch.“
    „Dachte ich mir schon.“ Er machte eine Pause, im Hintergrund unterhielten sich Leute, Vincent hörte Musik, vielleicht saß Tunsky auf einer Cafeterrasse. „Bringen Sie Graham, dann bekommen Sie die Mädchen.“
    „Zuerst ein Gespräch mit beiden, später reden wir weiter.“
    „So geht das nicht. Was sollen die schon am Telefon erzählen? Dass sie froh sind, noch zu leben? So ein Quatsch.“ Er machte eine Kunstpause,

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