StasiPolka (German Edition)
schwarzen Himmel. „Eine Kugel für Hausser, die andere für Sheila“, sagte Vincent. Keine Ahnung, ob der Tscheche noch was mitbekam, es war sowieso nur ein dummer Spruch. In der K ajüte fand Vincent nichts, alles aufgeräumt, wie bei Schmugglerbooten üblich. Er knipste die Kabinenlichter an, öffnete das Ventil der Gasflasche, stieg zurück auf sein Boot und ließ sich ein paar Fuß nach achtern fallen. Die erste Handgranate warf er in die beleuchtete Kajüte, die zweite hinterher, als das brennende Boot bereits von seinen schweren Motoren achteraus ins gurgelnde Wasser gezogen wurde.
Graham stand mit wirrem Haar im Niedergang und schaute auf das sinkende Schiff. „Das war doch Jiri Hocek, was hatte der hier zu suchen?“
„Rate mal.“
Er schüttelte den Kopf. „Ich lass es lieber. Sieht nicht so aus, als hätte ich den gering sten Überblick.“
„Schlaf dich aus“, sagte Vincent, „morgen früh werden wir Rea frei kaufen. Kann nicht schaden, wenn Du dann fit bist.“
„Na dann“, er zögerte, war drauf aus, zu reden, verschwand aber schließlich nach unten.
Das Meer war wieder glatt, der Himmel färbte sich grau. In einer halben Stunde würde es taghell sein. Vincent nahm das Fernglas und suchte das Wasser nach verräter ischen Überresten ab. Nichts. Zirka fünfundsechzig Meter bis zum Meeresgrund. Es würde dauern, bis die Leichen gefunden wurden. In der Ferne entdeckte er den Steuermann, der jetzt in Rückenlage schwamm, mindesten noch eine Stunde, bis er am Ufer war. Vielleicht half ihm ja die Strömung.
Vincent machte es sich bequem und überlegte, wo sich der Austausch der Ge iseln am besten durchführen ließ und wie er Tunsky dazu brachte, das Geschäft genau dort abzuwickeln.
38
„Was soll das Gelaber, dass du ihn erst mal unter Verschluss halten willst?“ Ke ller war nicht erfreut.
„Graham lässt nicht mit sich reden, faselt nur von Rea. Zuerst will er sein Kind frei sehen.“
„Ich denke, sie ist dein Kind?“
„Das kommt noch dazu. Wir haben uns geeinigt, für den Augenblick die Vaterschaft zu teilen.“
„Lass die Späße. Ich halte mich an dich, wenn was schief geht.“
„Graham sagt, das Geld liegt parat. Sobald wir die Mädchen gesund zurück haben, kannst du dich bedienen.
Vincent kreuzte bei ablandigem Wind unter der Küste, einige Meilen südlich von Makarska . Graham saß im Schatten des Sonnensegels, hatte die Beine hoch gelegt und die Baseballkappe tief in die Stirn gezogen. Er war blass, redete kaum, schien Schmerzen zu haben, lehnte aber ab, als Vincent ihm ein Mittel aus der Bordapotheke anbot. Wahrscheinlich bereute er jetzt, am vorigen Abend so viel von sich preisgegeben zu haben.
„Kann ich mal Graham sprechen?“, hakte Keller nach.
„Später vielleicht, er schläft noch. Für ihn war gestern kein einfacher Tag.“
„Na dann, du Witzbold.“ Keller legte auf, angefressen. Der Druck von oben musste groß sein, wenn er so schnell aus der Haut fuhr. Graham schaute fragend.
„Auch einer, der aufs Geld scharf ist“, sagte Vincent.
„Was machen wir jetzt?“
„Wir frühstücken.“
„Wieso melden sich die Kidnapper nicht?“, quengelte er.
Damit traf er den wunden Punkt. Die letzten sechsunddreißig Stunden hatte Vincent Graham aufgespürt, ihn dingfest gemacht und für den Austausch vorbereitet; da blieb keine Zeit, zu grübeln. Doch seit Jiri auf dem Grund der Adria lag, saß Vincent ein Kloß im Magen, krochen Zweifel aus allen Poren, kämpfte er Panikattacken nieder.
Bleib ruhig, redete er sich ein, das sind Geschäftsleute, niemand gewinnt, wenn die Mädchen umgebracht werden. Aber es war viel Habgier im Spiel, Terkossow und Tunsky, Keller und Baranowski, die Riesensumme ließ alle durchdrehen. Schon wegen Feodor würden sich die Entführer hüten, Jelena etwas anzutun. Bei Rea brauchten sie weniger Rücksicht zu nehmen. A ndererseits hatte Vincent den Trübsinnspinsel dort auf der Sitzbank allein in der Hand, mit diesem Pfund ließ sich wuchern.
Er ging nach unten, schlug vier Eier auf, schnitt Brot, Tomaten, Salami und ju nge Zwiebeln zurecht und deckte dann den Tisch oben im Cockpit. Graham sah unbeteiligt zu. Während die Eier in der heißen Pfanne Blasen schlugen, dachte Vincent über seine nächsten Schritte nach.
Das Versteckspiel auf dem Wasser konnte er getrost vergessen. Offenbar arbe itete hier im Boot ein versteckter Signalgeber, sonst hätte ihn Jiri nicht so mühelos gefunden. Eine flüchtige
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