StasiPolka (German Edition)
konnte er mit den Mädchen ein altes Förderband entlang bis ins Obergeschoss der Fabrikhalle kriechen. Durch die Löcher im Metall sah er, dass Tunsky noch an Deck stand, ein paar Leute um ihn herum, Walter in der Mitte. „Graham hat keine Lust, mit Ihnen zur See zu fahren. Haben Sie Bleistift und Papier bei sich?“
„Was?“
„Sie bekommen alle Informationen, dann lassen Sie ihn gehen.“
„So ein Quatsch.“ Vincent sah, wie Graham sich straffte. Er stand links neben Tunsky, bekam mit, dass es ernst wurde. In einer beiläufigen Bewegung zog er die Hand aus der Hose ntasche und legte seinen Arm um Tunskys Schultern. Der wollte sich befreien, erstarrte aber, als er die Handgranate sah. Die Männer um ihn herum sprangen einen Schritt zurück. Vincent erkannte Jussi.
„Sie hätten Hausser nicht so zurichten sollen, Eugene. Wer traut sich da noch, Ihr Gast zu sein? Graham jedenfalls nicht. Sehen Sie, wie er die Granate hält? Er ist nun mal kein Profi, gerät leicht in Panik, möchte um nichts in der Welt mit Ihnen z usammen auf Kreuzfahrt. Ich verstehe ihn irgendwie.“
Tunsky stand mit hervor quellenden Augen da, hatte Heidenangst um seinen L uxuskörper. Als Graham am Vormittag Vincent um die Granate gebeten hatte, suchte er eigentlich nur nach der besten Möglichkeit, sich schnell umzubringen. „Du weißt, dass ich eine Memme bin, Vincent, ich halte das nicht aus, wenn sie mich in die Mangel nehmen. Jede Wette, dass Tunsky mich foltern wird, auch wenn ich ihm alles sage. Gib mir so ein Ding, dann mache ich Schluss, sobald Rea frei ist.“
Seine Argumente hatten was für sich. Aber wenn er sich schon umbrachte, nahm er besser Tunsky mit auf die Reise. Andererseits konnte man ihn vielleicht aus der S ache heraus winden, wenn Vincent seinen Plan etwas anpasste. Graham hatte viel Unheil angerichtet, aber Vincent konnte ihn jetzt einschätzen - ein geldgeiles Vatersöhnchen, das an die falschen Spielkameraden geraten war. Jetzt stand er da und hatte Tunsky an den Eiern. Seine Überlegung war richtig gewesen; einen Feigling wie ihn würden sie nicht sogleich auf Waffen durchsuchen.
„Jussi wäre der richtige Mann, um alles zu notieren“, sagte Vincent ins Handy, „wir sollten in die Gänge kommen. Sie haben es verbockt, Eugene. Von Anfang an.“
Tunsky krächzte etwas zu Jussi hinüber. Der wich zwischen den Tischen zwei Schritte zurück. Als er sich dem Niedergang zudrehte, traf ihn der erste Schuss zwischen die Schultern. Er knickte ein, der zweite Schuss erwischte ihn im Nacken und gab ihm den Rest.
Die Leute an Deck hatten keine Chance. Tunsky wollte sich seitwärts in D eckung werfen aber Graham ließ nicht los, klammerte sich an ihn wie ein ungeschickter Tänzer; Tunsky kreischte in hilfloser Wut, bis eine Automatik durch die beiden hindurch sägte.
„Schnell“, rief Vincent, „da hinauf“, stieß die Mädchen in Richtung Förderband und warf noch einen letzten Blick auf das Schlachtfeld.
Die Heckenschützen ballerten jetzt wahllos auf die Verwundeten, die zwischen den Tischreihen Deckung suchten. Der Mann an der Bugleine stand regungslos da, schaute dem Gemetzel zu. Als Grahams Handgranate zwischen den verkeilten Körpern explodierte, hörte Vincent nur einen dumpfen Knall.
Er kroch mit den Mädchen schräg nach oben, bis knapp unter das löchrige Dach der Fabrikhalle. Weiter nach links über einen rostigen Laufsteg bis zu einer Stahltür, dann standen sie im Freien auf einer Kanzel an der Hallenrückwand. Die Schieß erei war vorbei, Vincent hörte halblaute Rufe aus dem westlichen Teil des Geländes, etwa von dort, wo die Ladekräne standen. Sein Blick auf den Kai war versperrt, aber das war nicht weiter schlimm. Hier kannte er sich aus.
„Leise, zieht die Schuhe aus.“ Er lief vor den beiden einen eisernen Steg an der Hallenwand entlang bis zu einer weiteren Kanzel, von der aus ein Gewirr von Leitern nach oben und unten führte. Die Schiebetür in der Metallwand vor ihm öffnete sich beim ersten Versuch. Ein dunkler Schacht. Er zog Rea und Jelena hinein und sperrte zu. Schwaches Licht von oben.
„Die Wandsprossen da hinauf bis zum nächsten Absatz.“ Beide folgten brav.
Oben befand sich ein Wartungsraum, nicht größer als vier Quadratmeter, überall gähnten abgesägte Rohre, rosteten Überreste längst demontierter Armaturen; oben in der Wand zwei blinde Kippluken als Fenster. Ein Loch so öde und verlassen, dass die Segeltuchtasche mit den Waffen, die Vincent bereits am
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