StasiPolka (German Edition)
werden die beiden wohl laufen? Ich schätze, die Hälfte Ihrer Krieger hat den Finger am Abzug.“
Sie ließen die Bootsleine locker. Ein dunkelhaariger Bursche, kurze Hosen, stämmige Waden, kam gebückt aus dem Verschlag, machte sich an den Fesseln zu schaffen und verschwand. Rea und Jelena lösten sich voneinander, drehten sich zur R eling, die Hände weiter hinter dem Rücken. Das war zumindest etwas.
„Bravo Eugene“, sagte Vincent, „wir machen es jetzt so, wie in den alten Age ntenfilmen. Ich schicke Graham, Sie schicken die Mädchen. Schritt für Schritt, ganz langsam. Graham kommt jetzt raus. Bleiben Sie am Apparat.“
Er lief mit Graham die steile Stiege hinunter, verhielt aber in der Deckung der Metal lwände.
„Glaubst du, es klappt“, fragte Graham. Er schien in Gedanken weit weg.
„So oder so“, sagte Vincent, „gleich wird Tunsky eine Falle wittern und noch was tricksen wollen.“ Er zeigte auf Grahams Hosentasche. „Willst du das Ding hier lassen?“
Graham schüttelte den Kopf.
„Hallo Kamerad“, das war wieder Tunsky, „vielleicht könnte ja jemand auf die Idee kommen, den Goldesel umzulegen, wenn er bei uns angelangt ist. Vielleicht schicke ich erst nur die Alte rüber.“
„Hört sich so an, als seien Sie schwer von Begriff“, sagte Vincent, „entweder kommen beide, oder wir bleiben hier hocken. Ade ihr Millionen!“
Tunsky schwieg; Vincent wusste auch so, was unentwegt in seinem Köpfchen klickte. Das Geld, das Geld, das verdammte Geld.
„Um es abzukürzen“, sagte Vincent, „am besten kommen auch wir beide jetzt aus der Deckung und warten, bis der Austausch erledigt ist. Genügt das?“
„Meinetwegen.“ Das kam etwas zu schnell. Wo überall steckten wohl Tunskys Schützen?
„Los jetzt“, sagte Vincent und schob Graham nach draußen, „viel Glück, mein Freund.“ Besser, Walter Graham kam nicht dazu, noch mal über seinen Plan nachz udenken.
Tunsky erschien auf dem hinteren Decksaufbau, stieg langsam die steile Treppe zum Gästedeck hinab und blieb zwischen den Tischen stehen. Vincent sah ihn zum er sten Mal ohne Anzug und Krawatte, dafür in voller Muskelpracht, als hätte er sich für diese Nummer eigens aufgepumpt. Schwarzes Achselhemd, schwarze Jeans, schwarze Schuhe. Er hätte nur noch einen Schmollmund ziehen und etwas Silberschmuck tragen müssen, um als persönliches Faktotum eines Modeschöpfers durchzugehen.
„Der Schwarze da ist Tunsky“, sagte Vincent zu Graham, „sieh zu, dass du nah an ihn heran kommst, sobald du an Bord bist.“
Graham nickte. „Kann sein, dass ich nicht mehr mit Rea sprechen kann. Ich wollte nur ...“, er zögerte, merkte selbst, dass im Prinzip alles gesagt war. „Ach was, sag ihr, dass es mir leid tut.“ Er machte die ersten Schritte auf das Schiff zu.
Tunsky sagte etwas. Wieder erschien Dickwade und hakte eine Kette in der R eling aus. Er nickte Jelena zu, die auf die Bordkante und dann hinunter auf den Beton des Anlegers trat. Rea folgte ihr. Etwa vierzig Meter bis zu Vincent.
Graham und die Mädchen kamen sich Schritt für Schritt näher, dann waren sie auf gle icher Höhe. Rea warf ihrem Stiefvater einen scharfen Blick zu, verzog den Mund und schaute weg. Graham hielt an, drehte sich zu ihr, ging schließlich weiter. Vincent zählte die Schritte, noch zwölf, zehn, acht Meter. Jelena strahlte ihn an, Reas Augen waren weit aufgerissen. Graham hatte jetzt das Boot erreicht, drehte sich um, winkte Vincent zu, dann stieg er an Deck und näherte sich Tunsky, die Hand in der Hosentasche.
Drei Meter. „Rechts vor euch seht ihr eine Nische in der Wand“, flüsterte Vi ncent, „springt hinein. Jetzt!“
Sie machten noch einen Schritt, warfen sich dann nach rechts in die Deckung. Der Knall und das Schrammen des Querschlägers am Stahlblech entlang waren eins. Vincent machte einen Satz hinter die Wand und nahm den Hörer ans Ohr.
„Was sollte das Eugene, Sie haben doch Ihren Mann.“
„Nur eine Warnung. Sie müssen früher aufstehen, wenn Sie mich reinlegen wo llen; bleibt schön in eurem Loch, hier kommt ihr die nächsten Stunden nicht weg.“
Er war also nur auf einen Vorsprung aus, wollte sie hier festhalten. Vincent stieg durch das Eisengerümpel hinüber zum Versteck der Mädchen, schnitt die Kabelbinder um ihre Han ggelenke durch und zog sie hinter sich her, bevor sie sich ihm an den Hals werfen konnten.
„Eugene, hören Sie zu.“ Vincent war auf dem Weg zurück in den B lechkasten; von dort aus
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