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StasiPolka (German Edition)

StasiPolka (German Edition)

Titel: StasiPolka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Pesch
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Jelena, „Feodor hütet auch nicht gerade Lämmlein auf der Weide.“
    Wenn die beiden das Thema weiter spannen, wurde es heikel. Ein nüchterner Blick auf ihren Erzeuger, und Rea würde zu grübeln beginnen, ob sie mit ihm nicht noch schlechter dran war, dachte Vincent.
    Sie saßen nebeneinander auf den Vordersitzen eines Wohnmobils mit französ ischem Kennzeichen. Die Besitzer, ein Ehepaar in den Vierzigern, hatte Vincent vor einer halben Stunde am Straßenrand aus dem Schlaf geschreckt. Jetzt lagen sie gefesselt auf dem Bett und ließen die Dollarscheine nicht aus den Augen, die er gut sichtbar unter einen Zuckerstreuer geschoben hatte. „Ich brauche Ihren Wagen, bestenfalls eine knappe Stunde, keine dreißig Kilometer Fahrt.“ Sie hatten verschlafen auf die Pistole in seiner Hand gestarrt, fassungslos, dass ihnen so etwas geschah. „Ich bezahle für Ihre Unannehmlichkeiten, was halten sie von dreitausend Dollar?“ Der Mann wollte aufbrausen, hatte sich aber gefügt, als Vincent die Pistole in seinen Körper drückte und ihn fesselte, ebenso seine Frau. „Keine Angst, es ist bald vorüber“, hatte er sie beruhigt, das Geld auf den Tisch gelegt und die Mädchen aus ihrem Versteck in der Fabrik geholt.
    Es war kurz nach vier, kaum Verkehr auf der nächtlichen Strasse, die sich am Meer en tlang bis nach Split schlängelte. Vincent fuhr gemächlich, hörte mit halbem Ohr Rea und Jelena zu, die den Schrecken der letzten Stunden mit belanglosem Familientratsch zu bewältigen suchten. Die letzte Nacht war ebenso gewalttätig zu Ende gegangen wie sie am Abend vorher begann.
     
    Vincent hatte mit den Mädchen einige Stunden schweigend im Dunkeln gehockt, immer wieder aufgeschreckt durch Geräusche, die vom Metallgerippe der Fabrik verstärkt wurden, als säßen sie im Inneren einer großen Pauke. Nach Mitternacht hatte Vincent sich aus dem Waffenkoffer bedient, war den Abluftschacht weiter hinauf gestiegen und durch eine Wartungsklappe nach draußen gekrochen. Über den Dachfirst der Fabrik führte ein Steg bis zur Seeseite der Halle; er robbte langsam bis zur Dachkante, um sich einen Überblick zu verschaffen. Dort wo gestern Abend das Ausflugsboot angelegt hatte, standen jetzt zwei dunkle Geländewagen am Kai. Niemand zu sehen. Vincent streckte sich bäuchlings aus und gewöhnte sich an die Geräusche der Nacht. Eine halbe Meile vor der Küste tuckerte ein Fischerboot vorbei, der große Scheinwerfer am Heck strahlte die dunkle See an. Schließlich verklang das harte Nageln des Einzylinders in der Ferne. Stille. Irgendwo mussten Wachposten stecken, vielleicht schlief der Rest der Truppe. Vincent legte seine Stirn auf die Unterarme und entspannte sich. Ein Großteil seiner Wut war in Reas Armen und unter Jelenas Blick verraucht.
    Die Zeit verging, dann stieg ihm Zigarettenqualm in die Nase. Irgendwo unten in der Halle saß ein Ahnungsloser, der es nicht mehr ausgehalten hatte. Vincent wartete geduldig; wenn einer mit dem Glimmstängel schon so sorglos war, würde er sich irgendwann auch bewegen wollen. Dann unversehens das kaum hörbare Knistern eines Funksprechgeräts schräg hinter ihm. Er drehte vorsichtig den Kopf. Aus dem Schatten eines der riesigen Metallkamine, die vom löchrigen Dach hoch in den Abluftturm führten, hoben sich die Umrisse eines weiteren Wachpostens ab. Er sprach leise in das Gerät, schien abgelenkt zu sein. Vincent zögerte nicht, glitt hinüber zur Plattform, die den Kamin umfasste und lag kurz darauf über ihm.
    „Wie lange soll das noch gehen“, flüsterte der Mann, „der Kerl ist doch längst über alle Berge.“ Er war keine dreißig, untersetzt, feister Nacken, sprach deutsch. Sein Gegenüber stauchte ihn offenbar zusammen. Vincents Untermann lauschte, brummte Unverständliches, flüsterte dann, es sei gut, eine Stunde noch, seinetwegen. Wieder b ekam er Anweisungen. „Ich pass schon auf“, sagte er, „ziele nur auf seine Beine.“ Das Gerät klickte und war tot.
    Vincent sah zu, wie der Wachtposten sein Funkgerät verstaute und damit a nfing, es sich auf dem schrägen Blechdach etwas bequemer zu machen. Als er die Beine ausgestreckt hatte, ließ sich Vincent auf ihn fallen und ritzte mit dem Messer das weiche Fleisch an seiner Kehle.
    „Psst“, wisperte Vincent auf D eutsch, „lass uns leise sein, wir wecken sonst die Kinder. Du weißt, was da in deinem Doppelkinn steckt? Die Hände hinter den Kopf, und bitte nicht nicken.“
    Der Bursche gehorchte, Wenn er erschrocken war,

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