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StasiPolka (German Edition)

StasiPolka (German Edition)

Titel: StasiPolka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Pesch
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leeres Fotoalbum. Er schloss ab und ging nach oben.
    Es hatte ihn über zehntausend Dollar gekostet, seine Privaträume wie eine Fe stung sichern zu lassen, ohne dass es weiter auffiel. Die Wohnung war groß, bequem und außer dem Segelboot sein einziger Fuß auf der Erde.
    Ein früherer Eigentümer hatte den kompletten Dachboden für sich und seine kinderreiche Familie ausbauen lassen. Als Vincent die Wohnung übernahm, ließ er e inige Wände entfernen, um mehr Platz zu schaffen. Er mochte freie Räume mit sparsamer Möblierung. Wenn man Jahre mit allein lebenden Frauen zugebracht hat, entwickelt man eine tief sitzende Abneigung gegen Räumlichkeiten, die mit dem voll gestopft sind, was die Frauenmagazine im Laufe der Zeit so empfehlen.
    So gesehen war dies hier sein eigentlicher Bruch mit dem früheren Leben: ein achtzig Quadratmeter großer Wohnraum mit einer offenen Küche in einer Ecke, zwei Schlafzimmer n und einem geräumigen Bad. Einen alten Vorratsraum hatte ihm Bosch in eine Klimakammer für Wein umgebaut. Ansonsten gab es Sitzmöbel, die auch nach Stunden noch bequem waren, Lampen, die zum Lesen taugten, Bücher, Bilder und eine Menge alter Vinyl-Schallplatten.
    Die Wohnung wirkte friedlich und unberührt. Keine Blinkzeichen der Kamera zur Überwachung des Eingangsbereichs. Genügend Zeit, um in die Gänge zu kommen. Vincent legte eine Brubeck Platte auf, packte, zog sich um und rief Hendrik an. „Da wäre noch ein Paket für Brügge. Geht das sofort?“
    „Der Bote ist in dreißig Minuten bei Ihnen.“ Hendrik war in der Amsterdamer Altstadt aufgewachsen und hatte vom Würfelspiel bis zum Kreditkartenbetrug alle Techniken der Kleinkriminalität von der Pike auf gelernt. Inzwischen lebte er in Brü ssel. In den achtziger Jahren hatte Vincent ihn kurz als Informant beschäftigt und ihm später einmal geholfen, als er bei einem Zigarettengeschäft einer Gruppe Vietnamesen in die Quere kam. Seither glaubte Hendrik, er schulde ihm was.
    Vincent goss einen Blazquez Solera ein und lauschte Paul Desmonds Altsaxofon, dessen dünner Klang federleicht im Raum schwebte. Das Solo glitt mit einem weichen Ton hinüber zu Brubeck, der die Melodie zerlegte und schließlich zum Ursprung  zurückführte. Friedlicher Applaus dazwischen, so wie es 1957 an einem amerikanischen Junior College üblich war. Alles entspannt. Brubeck und ein alter Sherry sind zusammen kaum zu schlagen. Vor allem dann nicht, wenn man sich verabschiedet.
    Vincent räumte auf, packte die Reisetasche, schloss die Wohnung ab und wa rtete unten im Hausflur auf Hendriks Mann. Knatternd näherte sich ein Zweirad, offenbar ein Motorroller. Auf die Minute pünktlich schnarrte die Türklingel. Der Bote trug einen knielangen gelben Regenumhang, einen leichten Motorradhelm, Handschuhe und eine große Tasche, deren Gurt quer über Schulter und Brust lief. Wortlos legte er Helm, Umhang und Handschuhe ab und übergab Vincent den Zündschlüssel. Aus der Kuriertasche zog er einen schmalen Aktenkoffer. Er hob den Daumen und lächelte. Vincent drückte ihm einhundert Dollar in die Hand. Jetzt mit Blazer, Krawatte und Aktenkoffer sah der Bursche aus, wie ein junger Banker. Vincent verstaute sein Gepäck in der Kuriertasche, zog Helm und Regenumhang an und verließ das Haus. Die schwarze Vespa sprang sofort an. Weiter hinten parkte ein kleiner Peugeot, in dem eine Frau und ein Mann saßen. Sie beachteten ihn nicht weiter.
    Vincent fuhr quer durch die Stadt nach Nordosten. Hendriks Firma steckte in e inem unübersichtlichen Gewirr von Kleinbetrieben rund um den Flughafen. Die Gegend war vor allem bei auswärtigen Urlaubern beliebt. Sie konnten auf dem Gelände der umliegenden Firmen für wenig Geld ihre Fahrzeuge abstellen und umgingen so die hohen Gebühren der Flughafenparkhäuser. Es war still auf den Strassen.
    Hendrik hatte gute Laune. „Brauchst du Hi lfe?“
    „Ich muss mal telefonieren und benötige jemanden, der mich nach Oostende fährt.“
    „Kein Problem.“ Er winkte einem jungen Mann und gab ihm kurze Anweisungen. Der nickte und verschwand zwischen den abgestellten Touristenfahrzeugen. Vincent ging in Hendriks Büro und bestellte in Oostende unter dem Namen Visser einen Mietwagen. Das Mädchen versprach, das Fahrzeug in der Garage des Prince bereit zu stellen. Als Vincent wieder nach draußen kam, standen Hendrik und der Junge neben einem schwarzen Audi mit niederländischem Kennzeichen. Vincent zählte fünfhundert Dollar ab und reichte sie

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