StasiPolka (German Edition)
schlich dahin.
Es war elf Uhr, als Vincent den Mietwagen am Flughafen zurückgab. Sie fuhren mit dem Lift ins Konferenzzentrum und mieteten ein kleines Sitzungszimmer. Ein Mädchen brachte Saft, Kaffee und Knabberzeug. Aktion Weißer Ritter konnte beginnen.
Vincent überprüfte seine Mailbox, während Katja telefonierte. Nichts, bis auf Tunsky, der ihn dringend sprechen wollte. Er schien verärgert zu sein. Sollte er. Einen neuen Auftrag von Madame konnte Vincent die nächsten Tage nicht brauchen. Und wenn die Russen sie angerufen hatten, war es besser, fürs erste unauffindbar zu sein. Katja drehte sich zu ihm um.
„Rea lässt dich grüßen. Es gefällt ihr bei diesem Nigel. Er zeigt ihr Ca mbridge.“
„Sie könnte nicht besser aufgehoben sein.“
Er übertrieb etwas, aber auf Nigel war Verlass. Dieser kleine Gelehrte mit dem begnadeten Talent für Fremdsprachen war stets an der Spitze neuer Moden, sein Gespür für angesagte Treffpunkte war unfehlbar. Die Frauen liebten seine witzige Eloquenz und akzeptierten mit Bedauern, dass er schwul war. Sein pubertärer Flirt mit dem Kommunismus kühlte ab, als er Dreißig wurde, doch etwas Konspiration mit Ostberlin machte ihm weiter Spaß. Auch das war längst vorbei, aber er blieb ein guter Weggenosse.
Katja schenkte Kaffee nach und wandte sich wieder dem Telefon zu. Vincent nahm ein Taxi in die Stadt, um Geld und neue Papiere aus dem Bankschließfach zu h olen. Monsieur Visser hatte für dieses Mal ausgedient. Als er nach einer Stunde zurückkam, standen frische Schnittchen auf dem Konferenztisch.
„Von mir aus können wir anfangen.“ Katja war fertig mit den Schularbeiten.
Er nahm ein Sandwich. „Zeig, was du hast.“
„Hausser wohnt privat in Baden bei Wien. Sein Büro liegt in der Wiener Innenstadt. Nur eine Angestellte. Die Lehrerin, mit der er lebt, ist um die vierzig, etwa achtzehn Jahre jünger, als er. Sie hat einen Sohn aus erster Ehe und arbeitet dann und wann einige Stunden am Tag. Ich habe alle Anschriften und Telefonnummern.“
„Irgend etwas Neues von Hausser?“
Sie schüttelte den Kopf. „Brüssel hat täglich angerufen. Er bleibt verschwunden. Alle scheinen sich Sorgen zu machen. Irgendwas stinkt, das spürt man.“
„Und Grahams Besuch in Polen?“
„Die Firma heißt Prim Glass, der Eigentümer Alex Primnik. Er besitzt noch andere Unternehmen. Sein Sohn hat in Yale studiert und ist der Chef bei Prim Glass. Die Leute scheinen in Ordnung zu sein, aber die Firma ist wohl pleite. Die Glaspreise sind im Keller, neue Maschinen nicht bezahlbar. Sie hätten den Laden sicher dicht gemacht. Graham kam mit dem Angebot der Amerikaner in letzter Minute.“
„Irgendwelche Namen?“
„Ja.“ Sie schaute in ihre Notizen. „Diese Finanzgruppe ist eine Art Kapitalsammelstelle für Reiche und heißt Clayton Globalbrokers. Sitz in Fort Lauderdale. Chef ist ein Mann namens Horace Trent. Der Anwalt, mit dem Graham neulich gesprochen hat, hieß Peters. Simon Peters.“ Sie reichte Vincent einen Zettel. “Das sind die Anschriften und Rufnummern, bis auf die des Anwalts. Graham hat sie wohl für sich behalten.“
Gutes Mädchen. Vincent schaute auf den Zettel und dachte nach. Mehr kon nten sie von Frankfurt aus nicht tun. Also wieder auf die Piste. Aber jetzt stand Fußarbeit an, das mussten sie nicht Hand in Hand erledigen. Sollte sich Katja doch ausruhen.
„Bist du in Berlin sicher?“ fragte er.
„Wo, wenn nicht dort.“ sagte sie.
„Gut. Wir trennen uns jetzt für einen Tag. Ich fange in Polen an. D u gehst nach Berlin. Sprich mit Teichmann, was er von der Sache weiß. Hast du neue Papiere?“
Sie nickte. “Ich wollte Teichmann ohnehin um Hilfe bitten. Bei Mutters Verwandten kann ich schlecht auftauchen. Aber soll ich nicht mit nach Polen kommen?“
„Nein, viel zu auffällig. Bereite du ein Nest vor, falls ich schnell aus Polen ve rschwinden muss. Übermorgen spätestens bin ich in Berlin.“
Sie hakte nicht weiter nach. Vincent bestellte beim Mädchen an der Rezeption Tickets, Bordkartenund ein Hotelzimmer in Warschau, so dass sie nicht bei der Abfertigung herumlungern mussten. Katjas Flug ging eine Viertelstunde früher als seiner.
„Besser, wir trennen uns schon hier.“ sagte Vincent.
Sie packte ihre Sachen zusammen und kam auf ihn zu. Er schaute in ihre Augen. Der Gletscher war geschmolzen.
„Also Vincent...“
„Schon gut. Grüß Teichmann von mir.“
„Sei vorsichtig.“ Diesmal küsste sie ihn auf den Mund.
Als
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