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StasiPolka (German Edition)

StasiPolka (German Edition)

Titel: StasiPolka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Pesch
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zweitgrößte in Europa. Und wir können von dort aus Kontakte knüpfen.“
    Er verschwieg, dass er in Frankfurt ein Bankschließfach mit Bargeld und Au sweisen besaß, wahrscheinlich hatte sie, trotz ihres Ruhestands, auch noch dies und das in Deutschland gebunkert.
    „Na gut“, sagte sie und stellte ihre Rückenlehne in Schlafposition. „Weck mich, wenn ich dich ablösen soll.“ Man konnte über Katja manches sagen, aber Faxen hatte sie noch nie gemacht.
    Vincent umfuhr Paris auf der Peripherique in Richtung Osten und erreichte schließlich die A4. Abgesehen von der Warterei an den Mautstellen war es eine flotte Fahrt. Katja schien zu schlafen. Sie passierten Reims und nahmen Kurs auf Metz. Langsam wurde es dunkel und Zeit, ein Kopfkissen zu suchen. Er nahm die nächste Ausfahrt. Katja rieb sich die Augen und stellte die Rückenlehne wieder aufrecht, als Vincent die Autobahn verließ.
    „Wo sind wir?“
    „Verdun. Von hier aus noch drei Stunden bis Frankfurt. Wir machen Pause.“
    An der Strasse, die in die Stadt führte, lag ein Hotel, dessen Parkplatz nur spä rlich besetzt war. Vincent nahm zwei nebeneinander liegende Zimmer und bezahlte bar im Voraus. Das Restaurant war noch geöffnet. Sie teilten sich eine kalte Platte, aßen Schnecken auf Petersilie und tranken dazu französischen Mosel. Es gab nicht viel zu bereden, also gingen sie gleich nach oben. Katja verschwand in ihrem Zimmer, Vincent stellte sich eine Viertelstunde unter die heiße Dusche. Als er gerade im Bett lag, klopfte es an der Verbindungstür. Ihre hellen Augen blickten kühl.
    „Es stimmt doch, dass ein Todgeweihter einen letzten Wunsch frei hat?“
    Dagegen ließ sich nichts einwenden.
     
    Es war noch vor sieben, als sie sich wieder auf den Weg machten. Auf das Frühstück hatten sie verzichtet. Katja wirkte gutgelaunt.
    „Tut mir leid, wenn ich dich enttäuscht habe.“ Sie klang ve rgnügt.
    „Warum solltest du?“
    „Weil ich nicht mit Dir geschlafen habe.“
    „Du bist nicht die erste Frau, der kurz vor der Zielgeraden die Puste au sgeht.“
    Sie lachte. „Komm Vincent, ich war bedrückt, müde und allein. Ich brauchte einfach eine Schulter, das passiert mir sonst nie. Ich habe bei dir so gut geschlafen, wie lange nicht mehr. Und die allergrößte Schlafmütze warst du.“
    Es stimmte ja. Sie war ins Bett gekrochen, hatte es sich an seiner Schulter bequem gemacht und ihre Füße an seinen gewärmt. Er hatte gewartet, was sie nun unternahm, aber sie hatte nur die Hand auf seine Brust und ihren Mund an sein Ohr gelegt und flüsternd die alten Zeiten beschworen. Beinahe hätte er geschnurrt wie ein Kater und war fast sofort eingeschlafen. Als er um sechs Uhr aufwachte, war das Bett neben ihm leer.
    „Der Jüngste bin ich auch nicht mehr.“, sagte Vincent. Sie lachte wieder.
    Die Sonne stieg höher. Die Autobahn führte durch grünes Hügelland. Ab und zu einige Häuser, ein Kirchturm, ein Bauernhof. Kaum Autos unterwegs.
    „Eine schöne Gegend dieses alte Schlachtfeld“, sagte sie. Wenn man in Wate rloo wohnt, hat man wohl ein Auge dafür.
    „Bis auf die achthunderttausend Soldaten, die sich hier im ersten Weltkrieg a bgemetzelt haben. Du solltest dich mal abseits der Autobahn umsehen, da bist du mittendrin. Denkmäler, Bunker, Friedhöfe. Und massenhaft Neugierige, die fotografieren und Leichen zählen“, sagte er. „Du bekommst ein Gefühl, wie schlimm es damals gewesen sein muss, aber gemessen an heute war es doch die gute alte Zeit.“
    Um Metz herum wurde der Verkehr etwas dichter. Sie schwammen mit dem Strom und erreichten bald darauf die deutsche Grenze. Da es innerhalb der Europä ischen Union keine Grenzkontrollen mehr gibt, fuhren sie einfach durch. Katja schaute ihn von der Seite an.
    „Weißt du noch, wie viel Herzklopfen wir früher an den Westgrenzen ha tten?“
    „Genau so viel, wie unsere Feinde an den Ostgrenzen.“
    In der Gegend von Kaiserslautern gönnten sie sich ein deutsches Frühstück mit Schinken, Käse und dunklem Brot. Der Kaffe war nicht mal schlecht.
    Vincent ließ sich von der Hektik auf der Autobahn mitreißen und fuhr so rasant es ging. Deutschland ist das einzige Land in Europa, das auf Autobahnen streckenweise die G eschwindigkeit freigibt. Da inzwischen die kleinsten Autos im Renntempo fahren können, wird man früher oder später angesteckt und kämpft um Platz oder Sieg gegen jeden, der des Weges kommt. Dreißig Kilometer westlich von Frankfurt legte sich die Hektik, und der Verkehr

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