StasiPolka (German Edition)
schulterte ihre Reisetasche und ging. Er setzte sich zu Katja ins Auto und sah ihr nach, wie sie in ihren engen Jeans über die Strasse schritt.
„Die Leute werden ihr mehr auf den Hintern, als in die Reisepapiere schauen“, sagte Vincent.
„Könnte sein“, sagte Katja.
Rea drehte sich noch einmal um und winkte ihnen zu. Dann verschwand sie hinter der Glastür. Sie machten sich davon.
9
Ab und zu gerät man tiefer in eine Sache, als man sollte. „Lass Gefühle aus dem Spiel“, hatten die Ausbilder in Berlin Vincent als Regel Nummer Eins eingebläut. Na prima. Zurzeit fuhr er mit einer alten Jugendliebe durch die Gegend, weil ihr Ehemann Mist gebaut hatte und jetzt tatenlos zusah, wie sie ein paar Brutalos zum Fraß vorgeworfen wurde. Er hielt Händchen mit ihrer Tochter, die ihn im Grunde nichts anging. Und er hatte es bereits geschafft, einige seiner ältesten Kumpel vor den Kopf zu stoßen. In knapp drei Tagen hatte Katja sein Leben zie mlich aufgemischt.
„Jetzt mal ehrlich, wie weit steckst du da mit drin? Niemand glaubt, dass Gr aham die Sache allein gefingert hat.“ Er schaute Katja von der Seite an. Sie fuhren ostwärts in Richtung Paris.
„Überhaupt nicht, glaub mir das. Ich bin im Ruhestand und habe nicht mal mehr mit Teichmann Kontakt.“ Teichmann war ihr ehemaliger Führungsoffizier und Mentor.
„Mir ist die Sache ein Rätsel“, sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Geld kann nicht der einzige Grund sein. Graham hat genug. Außerdem ist er ein vorsichtiger Mann, der sich immer dreifach absichert. Warum macht er noch weiter, wo sie schon seinen Assistenten umgelegt haben? Oder hat er Angst? Wer versteckt ihn? Er muss doch Helfer haben.“ Es klang ehrlich. Konnte aber auch Teichmanns Schule sein.
„Mal von einem Mann namens Hausser gehört?“
„Das ist doch so ein Typ in Wien“, sagte sie.
„Graham arbeitet vielleicht mit ihm zusammen. Außerdem geht es um Beträge, die selbst Krösus scharfmachen würden.“ Vincent erzählte ihr, was er von Sergei erfa hren hatte und von der Summe, um die es ging. Sie schnappte nach Luft. Als er ihr sagte, wie versessen die Russen darauf waren, ihn aus der Sache zu halten und sie in die Finger zu kriegen, merkte er, wie sie wütend wurde.
„Was für ein Unsinn. Graham und ein Stasirentner bringen vierhundert Milli onen auf die Seite und erklären Russland den Krieg? Nie im Leben, die müssten doch verrückt sein. Und einer allein schafft das nie. Dahinter stecken mehr Leute.“
„Aber Graham hat das Geld über seine Konten geschoben“, sagte Vi ncent.
„Na wenn schon. Wahrscheinlich hat ihm jemand zehn Prozent versprochen. Dieser Idiot.“ Sie schüttelte wütend den Kopf. „Und wie geht es jetzt weiter? Was machen wir?“ Was schlaue Fragen betraf, war Katja die Mutter ihrer Tochter.
„Wir könnten uns zwei Wochen irgendwo verkriechen, einfach abwarten, bis sie Graham eingesackt haben. Aber das kann dauern. Wenn wir vorher auftauchen, legen sie dich um und mich vielleicht auch. Am besten, wir bewegen uns und finden heraus, wo Graham und Hausser stecken. Hast du eine Idee?“
„Graham wollte nach Polen und später nach Tschechien. Jedenfalls hat er mir das erzählt. Vielleicht hat er auch eine falsche Spur gelegt. Lejaune, diesen Ahnungsl osen, hat er nach Brno geschickt. Ich nehme an, er ist sofort abgetaucht, als er von dem Anschlag erfuhr.
„Hast du eine Ahnung, was er in Polen gewollt hat?“
„Geschäfte natürlich. Irgendeine Glasfabrik, an der sich eine amerikanische Finanzgruppe beteiligen will. Vor drei Wochen hat Graham in Brüssel einen Anwalt aus Washington getroffen. Der Mann muss seltsame Essgewohnheiten haben. Abends haben wir noch Witze darüber gemacht.
„Hat er Namen genannt?“
„Nein. Er redet nicht viel über seine Arbeit. Aber ich kann die Namen in Grahams Büro erfahren. Dort müsste alles notiert sein.“ Sie streckte sich und gähnte.
„Hast du Hunger?“
Sie schüttelte den Kopf. Der Verkehr wurde dichter. Nicht mehr weit bis Paris.
„Das Büro kannst du morgen früh anrufen. Wir fahren am besten noch zwei- bis dreihundert Kilometer. Hier zu bleiben, kostet zu viel Zeit“, sagte Vi ncent, „morgen früh sollten wir schnell in den Startlöchern sein.“
„Woran denkst du?“, fragte sie.
„Frankfurt. Es sind von dort nur zwei Stunden bis Warschau oder Wien. Mit dem Auto nach Belgien fahren wir nicht viel länger. Man fällt dort nicht auf, der Frankfurter Flughafen ist der
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