StasiPolka (German Edition)
hinter der Theke, ihr die Funktion zu erklären. Nichts, was der lieber getan hätte.
„Du verwöhnst sie.“ Katja schüttelte den Kopf.
„Nur diese paar Stunden.“ Er machte weiter den Bärenführer. Am alten Hafenbecken setzten sie sich vor ein Cafe, dessen dunkelrote Front von einer hellroten Markise beschattet wurde. Rea lief los, um zu fotografieren und die kleinen Geschäfte ringsum zu durchstöbern. Endlich einige Minuten Luft.
„Wie hat sie es aufgenommen, dass wir sie abschi eben?“, fragte Vincent.
„Na ja“, Katja zögerte, „sie merkt natürlich genau, dass ich sie anlüge. Die G eschichte mit Graham glaubt sie mir keine Minute. Fragt, warum ich mich verstecken muss, wenn er was angestellt hat. Warum darf sie nicht bei uns bleiben? Welche Rolle spielst du? Aber sie merkt, dass es ernst ist. Darum macht sie mit.“ Sie sprach nicht alles aus, was ihr dazu durch den Kopf ging, das spürte er.
„Heute Abend können wir in Ruhe reden. Wichtig ist zunächst, dass wir sie in Sicherheit bringen.“ Vincent merkte, dass er anfing, sich zu wiederholen.
Katja schaute einem Flachboot nach, das gerade aus dem Bassin glitt. „Sie mag dich. Und auch dieses Versteckspiel. Ich glaube, insgeheim freut sie sich sogar auf Cambridge.“
Sie saßen schweigend da, bis Rea wieder auftauchte. Sie machte Fotos von Katja und Vincent, dann nahm er die beiden auf, schließlich legte er seinen Arm um Rea und beide lächelten für Katja in die Kamera. Mir fehlen nur noch braune Wildlederschuhe mit angeschweißten Sohlen, dachte Vincent, und ich würde als typischer Frankreichtourist durchgehen.
„Vincent, wenn Mamas Krise vorüber ist, musst du uns besuchen. Du hast echt Ahnung.“ Rea hatte jetzt gute Laune.
„Ist gemacht.“ Das fehlte noch. Zeit, das Thema zu wechseln. „Wisst ihr übr igens, dass bis vor wenigen Jahren das Wasser zweimal am Tag komplett aus diesem Hafenbecken heraus gelaufen ist? Bei Ebbe lagen die Schiffe im Schlick. Jetzt gibt es weiter vorn eine Schleuse.“
Das interessierte nun wirklich niemanden, also schlug er vor, etwas zu essen. Vincent fuhr die beiden zu einem Restaurant, das einige Kilometer außerhalb lag. Dort verbrachten sie zwei weitere Stunden bei Gänseleber, Steinbutt und Taubenbrüstchen, teilten sich eine Flasche sechsundneunziger Macon und beschlossen, den Nachtisch Rea zu überlassen. Vincent g efiel es.
Es war inzwischen fast halb fünf. Sie rollten wieder die Seinebrücke hinauf und blickten jetzt flussaufwärts über die sonnige Landschaft zu ihren Fü ssen.
„Das kommt mir vor wie Kindergeburtstag.“ Rea strahlte. Katja lachte le ise.
„Vincent ist Fachmann in Kindergeburtstagen. Du solltest ihn mal beim Top fschlagen erleben.“
Er fragte sich, ob es wirklich so falsch wäre, Katja den Russen zu überlassen. Aber sie hatte Recht, mit Kindern konnte er nicht viel anfangen. Früher war es immer besonders lästig gewesen, wenn er an einer Zielperson arbeitete, die unen twegt von Nachwuchs sprach und dabei den Ablauf ihrer biologischen Uhr beklagte.
Im Flughafen war wenig Betrieb. Dennoch ließ er die beiden im Wagen warten. Am Ticketschalter änderte er die Reservierung auf Reas Namen und bezahlte bar. Es war noch etwas Zeit. Er setzte sich wieder ins Auto und reichte Rea das Ticket.
„Am besten gehst du gleich allein zum Gate. In Gatwick wirst du von N igel am Meeting Point erwartet. Er ist ein schmaler Kerl mit dunklen Haaren, einen Kopf kleiner als du und trägt eine Bild-Zeitung. Er bringt dich nach Cambridge. Hier sind fünfhundert Dollar. Kauf dir ein Prepaidhandy, wenn du in England bist. Benutze auf keinen Fall dein altes Handy oder das Festnetz. Wenn du Leute anrufst, gib ihnen nicht deine Nummer; sag, dass du dich wieder melden wirst. Rufe auf keinen Fall deine Mutter oder in Waterloo an. Wir melden uns über Nigel bei dir. Alles klar?“
Rea nickte, steckte das Geld ein und drehte sich zu Katja um. Vincent stieg aus und ließ die beiden voneinander Abschied nehmen. Wenn es schief ging, war es vie lleicht der letzte. Zumindest eine von beiden wusste das.
Sie stiegen mit roten Augen aus. Vincent nahm Rea und drückte sie an sich.
„Du wirst Spaß haben. Sei nicht überrascht, wenn dir die Studenten ein Ständchen bringen. Nigel wird dich beschützen müssen. Verpasse auf keinen Fall eine Bootsfahrt auf der Cam.“
Sie lachte schon wieder und küsste ihn rechts und links auf die Wange. „Du bist cool. Pass´ auf dich auf Vincent.“ Sie
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