StasiPolka (German Edition)
Minuten Fahrt. Mein Wagen steht um die Ecke.“
Lukas stand auf. „Ich werde wohl nicht mehr g ebraucht.“
Er ging. Vincent folgte Primnik zu einem dunkelblauen Lexus, der um die Ecke vor einer Garageneinfahrt parkte. Der Alte wendete quer über die Trasse der Straßenbahn in den Gegenverkehr, drängte bei Rot über eine Kreuzung und sauste los.
„Mein Sohn ist Chef bei Prim Glass. Er war vier Jahre in Amerika.“ Er blickte zu Vincent herüber. Vor ihnen auf der Strasse stoben zwei Radfahrer erschreckt zur Seite.
„Kennt er den Amerikaner, der bei Ihnen einsteigen will?“ Primnik schüttelte den Kopf. Die Ampel stand auf Rot, als sie die nächste Kreuzung überquerten. Hinter ihnen hupte es empört. V incent war beeindruckt. Bei dem Fahrstil brauchte der gute Alex eigentlich Sirene und Blaulicht, besser noch einen Kampfpanzer. In einer Stunde übertrat er mehr Verkehrsregeln, als die Bewohner einer mittleren Kleinstadt in einem Monat.
„Mein Sohn ist von einem Mann namens Graham angesprochen worden. Ein U nternehmensberater aus Brüssel; er vertritt die Amerikaner und hat Vollmacht. Sonst war noch niemand hier.“ Sie fuhren jetzt auf einer vierspurigen Strasse. Brachland und kleinere Industriebauten wechselten sich ab. Primnik bog mit kreischenden Reifen auf einen betonierten Zufahrtsweg ab und deutete nach vorn. „Willkommen bei Prim Glass.“
Das Gelände mochte einen halben Hektar groß sein und war von einem mannshohen rostigen Zaun umgeben. Neben der Einfahrt stand eine niedrige Baracke, offenbar das Büro, dahinter eine etwa vierzig Meter lange Fertigungshalle, die dringend einen neuen Anstrich benötigte. Zwischen rostenden Stahlgestellen in der Nähe des Zauns wucherten Gras und Unkraut. Ein Gabelstapler rollte aus der Halle und kippte schepperndes Bruchglas in einen verbeulten Container. Ein alter Mann winkte ihnen zu als sie durch das Tor fuhren. Alex Primnik stieg ein letztes Mal voll in die Eisen und stoppte mit Powerslide auf dem knirschenden Split vor der Baracke.
Vincent stieg aus und sah sich um. Es war still bis auf das ferne Geräusch der Landstrasse. Auf dem Parkstreifen vor der Baracke standen drei kleine japanische Wagen und ein dunkler Jaguar. Das also war das Unternehmen, für das sich amerikanische Finanziers und ein Top Unternehmensberater aus Brüssel so brennend interessierten. Es stank zu Himmel.
Lukas hatte w ohl Recht, wenn er den Alten für harmlos hielt. Die Gründerväter im Ostblock erleben zwar täglich Betrug und Durchstecherei, aber nur in Grenzen des eigenen Geschäfts. Dass jemand ihren Laden für eine Gaunerei größeren Stils benutzen könnte, kommt ihnen nicht in den Sinn. Vincent war gespannt, Junior kennen zu lernen.
11
„Noch einen Kaffee?“ Der junge Primnik thronte hinter seinem b lanken Schreibtisch..
„Nein, danke.“ Sie waren jetzt allein. Durch die dünnen Wände der Baracke tö nte die Stimme des Alten, der lautstark am Telefon diskutierte. Die Luft in dem niedrigen Raum war stickig.
Sie hatten eine kurze Werksbesichtigung hinter sich, bei der Vater und Sohn Vincent die Feinheiten der Glaskonfektion zu erklären versuchten. Vincent verstand n atürlich nichts, aber der alte Trick, bei einem beliebigen Arbeiter einfach fünf Minuten stehen zu bleiben und besonderes Interesse für seine Aufgabe zu heucheln, funktionierte auch hier. Als sie weiter gingen, stand dem armen Kerl an der Maschine Schweiß auf der Stirn, aber die Primniks hielten Vincent nun für einen ernsthaften Interessenten.
Abgesehen von Juniors Schreibtisch und seinem Ledersessel war das Büro schäbig. Zwei unbequeme Besucherstühle, ein abgewetztes Sofa an der hinteren Wand mit dem üblichen Glastisch davor, das war die ganze Herrlichkeit. An den Wänden hingen gerahmte Fotos von neuen Wohnhäusern, offensichtlich Werbematerial.
Vincent schätzte den jungen Alex auf Mitte dreißig. Er hatte die Figur seines Vaters, wurde aber schon fett. Dichtes schwarzes Haar, das glatt zurück gekämmt war , glänzen wie frisch lackiert. Dunkelblauer Zweireiher, weißes Hemd, eine penibel gebundene gelbe Angeberkrawatte. In diese traurige Klitsche hätte er auch nicht schlechter passen können, wenn er in hochhackigen Damenschuhen herum gelaufen wäre.
Junior schüttete Kaffee nach und schob ein Tablett mit Schnapsgläsern in die Mitte des Schreibtisches. Wieder der fragende Blick. Vincent bekam langsam Nackenschmerzen vom Kopfschütteln.
„Sie überlegen also, langfristig mit uns
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