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Staub Im Paradies

Titel: Staub Im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Solèr
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toten Landsmann«, erklärt er mir nüchtern. »Vielleicht kann Doktor Kanagasundram sie herausholen. Das wäre nicht schlecht.«
    Es dauert einen Moment, bevor ich realisiere, dass er von Tschaggat spricht.
    »Wir müssen Kugeln und Hülsen analysieren«, fährt er fort, noch immer mit leiser Stimme.
    »Könnt ihr das? Hier?«, deute ich auf die lärmige Hauptstraße hinunter.
    »In Colombo«, sagt er.
    »Sie denken, dass jemand ganz gezielt auf Rainer und Jürg geschossen hat?«, hake ich nochmals nach.
    »Wir müssen die Möglichkeit prüfen. Das würden Sie auch tun.«
    Ich nicke und hoffe, dass ihm klar ist, dass das ein Zeichen der Zustimmung ist, anstatt, wie in seiner Heimat, eins der Ablehnung.
    »Wieso trifft er dann nur Rainer?«, spinne ich seinen Faden weiter.
    Verasinghe richtet seinen Blick in den jetzt fast schon dunklen Himmel und schweigt. Grillen zirpen und von der Straße schwappt der Lärm zu uns herauf. Ein riesiger Käfer surrt und prallt voller Wucht in das Gitter, welches rund um die Neonröhre über uns angebracht ist. Hart getroffen trudelt er zu Boden, wo er auf dem Rücken zappelnd liegen bleibt. Verasinghe hilft dem Kerl mit der Fußspitze wieder auf die Beine und das Tier torkelt schließlich davon wie ein Kriegsheld nach einer schweren, aber gewonnenen Schlacht. Idiotischerweise fällt mir just in diesem Moment ein, dass ich komplett vergessen habe, mich mit Anti-Brumm einzureiben.
    Ich deute Richtung Tür und wir kehren zurück zu Jürgs Krankenbett. Verasinghe mustert ihn sorgsam, sieht aber von Fragen ab. Offensichtlich erwartet er, dass ich das Gespräch für ihn erledige.
    »Blöde Frage vielleicht«, äußere ich mich also, »aber habt ihr euch vielleicht irgendwelche Feinde geschaffen?«
    »Papa«, mischt sich Anna ein. »Nein! Die Bevölkerung ist sehr froh über unser Projekt und unterstützt uns in jeder Hinsicht, glaub mir!«
    »Vielleicht was Privates?«, frage ich, halb sie, halb Jürg.
    »Wie meinst du das?«
    »Vielleicht haben sie jemanden wütend gemacht oder eifersüchtig oder so«, wende ich mich jetzt direkt an meine Tochter.
    »Meinst du das im Ernst? Rainer und Jürg sind hochanständige Leute und sehr, sehr angenehme Kollegen! Papa, ich bitte dich!«
    »Hat Rainer in jüngster Zeit irgendwelche Probleme gehabt?«, stelle ich die nächste Frage wieder an Jürg.
    »Nur biologische«, antwortet er. »Die Mücken wollten nicht immer so, wie er das wollte. Wieso?«
    »Was war er für ein Mensch?«
    »Sehr umgänglich. Ehrlich. Locker. Witzig. Absolut zuverlässig.«
    Ich erkenne, dass Jürgs Augen zu schimmern beginnen, der Verlust des Freundes belastet ihn schwer.
    »Er spielte hervorragend Schach und hatte ein phänomenales Gedächtnis«, fügt Jürg leise hinzu, bevor ihm die Stimme versagt.
    »So komm, Papa«, zieht Anna mich von seinem Bett weg. »Lass es gut sein, niemand hatte irgendeinen Grund für diesen feigen Mord, das waren doch Terroristen!«
    »Rainer stand politisch eher auf der Seite der Tamilen, das weißt du, Anna«, meldet sich Jürg noch einmal mit tränenerstickter Stimme zu Wort. »Es wäre ein Hohn, wenn ausgerechnet die ihn erschossen hätten. Ich glaube einfach nicht an einen Terroranschlag.«
    »Wir auch nicht«, sage ich und sehe, dass Tschaggat zurückkommt in Begleitung eines anderen Einheimischen, der einen Arztkittel trägt.
    »Ich fürchte, sein Bein muss nochmals operiert werden«, raunt dieser uns zu und trägt eine ernste Miene zur Schau. Zwei junge Krankenschwestern mit hellblauen Hauben auf dem Kopf stehen im Türrahmen, eine von ihnen hantiert bereits mit einer großen Spritze herum.
    »Bitte lasst mich nicht allein«, raunt Jürg verunsichert.
    Wir versprechen ihm, dass wir natürlich bei ihm bleiben, bis er aus der Narkose erwacht. Nur Verasinghe will sich verabschieden. Er spricht leise mit Tschaggat – vermutlich wegen der Kugeln, die noch im Körper des toten Rainer Schütz stecken müssen – und kündet an, er komme uns morgen im Zentrum besuchen. Im Übrigen werde uns seine Frau bald etwas zu essen bringen.
    Spät nachts, als Anna kontrolliert, ob ich das Moskitonetz korrekt über mein Bett drapiert habe, frage ich sie, wie es ihr geht.
    »Beschissen«, antwortet sie. »Aber immerhin kümmert sich Tschaggat rührend um mich.«
    Ich beeile mich, ihr zu versichern, dass der Mann absolut in Ordnung ist.
    »Was hältst du denn eigentlich von Pers neuer Freundin?«, wechselt sie das Thema.
    »Nun, sie ist eigentlich nett, wenn

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