Staub Im Paradies
Combox«, klang er besorgt. »Seltsam.«
»Ich glaube, sie wollte sich nochmals den Tatort ansehen«, brummte Häberli hinter einer Rauchwolke hervor und alle Blicke richteten sich auf ihn.
»Seht ihr, ich traf mich gestern zum Jassen mit Kollegen im Gertrudhof im Kreis 3. Wir aßen ein riesiges Cordon bleu, ein wirklich gewaltiges Teil, das Lokal ist ja weithin berühmt für seine Auswahl an Cordon bleus, und …«
»John, bitte komm zum Punkt!«, unterbrach ihn Michael barsch.
Genau in diesem Moment platzte Gret herein, mit geröteten Wangen und viel Glanz in ihren eisgrauen Augen.
»Sorry«, entschuldigte sie sich atemlos. »Aber ich bin endlich an wichtige Informationen herangekommen!«
Michael schien erleichtert, dass sie wohlbehalten aufgetaucht war. Er stand schwer auf Gret, das wussten alle hier, auch wenn er schwul war.
»Schieß los!«, forderte er sie auf.
»Unser Toter wohnte im Hotel Leoneck an der Leonhardstrasse«, berichtete sie. »Er hat sich dort unter dem Namen Rexon Nadesapilay eingemietet und ist dem Personal nicht weiter aufgefallen. Aber er logierte tatsächlich seit zehn Tagen dort, ich habe das eben überprüft.«
»Leben diese Leute eigentlich alle hinterm Mond, verdammt?«, ärgerte sich Kollar. »Das Bild des Toten war doch überall zu sehen! Warum haben sich die Knalltüten denn nicht bei uns gemeldet?«
Gret zuckte die Schultern.
»Stimmt der Name, den er angegeben hat?«, bemühte sich auch Mario zu einer Frage. Nicht dass es wieder hieß, er sei zu wenig interessiert an den Fällen der Abteilung.
»Ich habe die Information eben erst erhalten«, antwortete ihm Gret.
»Von wem denn eigentlich?«, wollte Bea wissen.
»Von zwei tamilischen Ladenbesitzern, die offenkundig nicht wollen, dass wir weiterhin in ihren Geschäften herumstöbern.«
»Hast du sonst noch irgendwas erfahren?«, erkundigte sich Michael.
»Nicht so wirklich«, druckste Gret herum. »Der Tote war zwar ein paarmal im Kreis 5 zum Essen und zum Einkaufen, kannte hier aber niemanden. Das behaupten zumindest die Ladenbesitzer. Aber er hat möglicherweise sehr viel Geld mit sich herumgetragen.«
»Wie kommst du darauf?«
»Die Informanten reagierten irgendwie seltsam, als ich sie fragte, ob er Geld gehabt habe.«
»›Irgendwie seltsam‹ – was soll denn das heißen?«, murmelte Bea unwillig. »Vielleicht fungierte er als Geldeintreiber für die Terroristen zu Hause in Sri Lanka!«
»Auszuschließen ist das nicht. Ist ja lediglich eine Vermutung von mir, dass er über reichlich Geld verfügte«, meinte Gret. »Das Leoneck ist nicht gerade billig, arme Asylbewerber logieren dort jedenfalls nicht. Zudem soll der Mann am Sonntagnachmittag im Riff Raff massig Getränke spendiert haben. Und seine Brieftasche haben wir bisher noch nirgends gefunden.«
»Okay«, sagte Michael. »Wir überprüfen sofort das Hotel, den Namen und die Fluglisten all jener Airlines, die für die Einreise des Mannes in die Schweiz infrage kommen könnten. Gehen wir mal davon aus, dass er vor rund zehn Tagen in Zürich eingetroffen ist.«
»Wie sollen wir denn den Namen prüfen?«, klagte Bea. »Colombo antwortet uns ja nicht.«
»Vielleicht sollten wir Fred Staub anrufen«, schlug Häberli vor. »Der hockt doch derzeit dort unten.«
»Fred hat Ferien, John«, ermahnte ihn Michael. »Außerdem gehört er leider nicht mehr zu unserer Abteilung. Wir nehmen erst mal das Hotelzimmer auseinander, checken die Fluglisten, fragen bei unserer Botschaft nach, ob auf den entsprechenden Namen ein Visum ausgestellt wurde, und machen nochmals Druck in Sri Lanka. Immerhin haben wir jetzt überhaupt mal einen Namen. Vielleicht hatte der Tote ja doch Verwandte in der Schweiz oder gar ein Bankkonto oder so was. Möglicherweise hat er einen Wagen gemietet, eventuell herumtelefoniert oder andere Spuren hinterlassen. Also los, Leute! Gret und Mario nehmen sich das Hotel vor, wir anderen teilen uns auf. Um sieben Uhr treffen wir uns wieder hier.«
Mario fluchte innerlich. Vorhaben dieser Art konnten erfahrungsgemäß dauern. Wusste der Teufel, wie lange sie noch arbeiten würden – schlimmstenfalls die ganze Nacht. Wie sollte man so ein geregeltes Freizeitleben führen? Nicht mal für einen einsamen Abend vor dem Beamer reichte es.
Staub wird bedroht
Am nächsten Morgen ist alles anders. Verasinghe hat nichts mehr zu melden, Rainer Schütz’ Leiche liegt nicht mehr in dem Kühlraum des Forschungszentrums, und das Hamawella Malaria Research Center
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