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Staub Im Paradies

Titel: Staub Im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Solèr
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Tramgeleise die Straße hinauf, vorbei an der Post Wollishofen auf die Häuserzeile zu, die früher das Kino Morgental beheimatet hatte.
    Plötzlich zog der Mann den Porsche nach rechts in die Mutschellenstrasse. Wohin wollte er denn nun, Himmelarsch? Er fuhr jetzt exakt die Strecke des Busses Nr. 33 in Richtung Wiedikon.
    Mario schaltete, bremste und trat dann wieder das Gaspedal durch, als hätte er in seinem Leben noch nie etwas anderes gemacht, als Autorennen zu fahren. Wie Gene Hackman in William Friedkins French Connection , eine seiner Lieblings-DVDs.
    Sie waren dem Porsche jetzt ganz dicht auf den Fersen, obwohl der einige PS mehr unter der Haube hatte.
    »Soll ich ihn rammen?«, schrie er zu Gret hinüber, aber er erhielt keine Antwort.
    Der Tachometer zeigte hundertzehn Stundenkilometer an – sie konnten froh sein, dass noch keine Unschuldigen unter die Räder gekommen waren. Zum Glück rasten sie in diesem Moment durch eine Einbahnstraße, sodass sie nicht auch noch auf Gegenverkehr achten mussten. Früher oder später würden sie allerdings garantiert mit einem Bus zusammenprallen.
    Mario genoss die Verfolgungsjagd insgeheim – die erste in insgesamt sechs Jahren Polizeidienst! Aber es wäre ihm trotzdem recht gewesen, wenn Gret ihm endlich gesagt hätte, was er tun sollte. Vielleicht konnte er den Wagen überholen und ausbremsen?
    »Vorsicht!«, schrie seine Kollegin plötzlich panisch auf und deutete entsetzt geradeaus auf eine jüdische Familie in Festtagskleidung, die sich eben anschickte, die Straße zu überqueren. Zwei Kinder standen schon mitten auf dem Zebrastreifen.
    Mario trat auf die Bremse und betätigte zusätzlich zu der Sirene geistesgegenwärtig die Hupe. Der Porsche vor ihm stieg brutal in die Eisen und hinterließ eine Rauchfahne aus geschmolzenem Gummi. Dennoch schlitterte er unaufhaltsam auf die Kinder zu, die vollkommen paralysiert stehen geblieben waren. Zu allem Überfluss prallte ihm Mario trotz seines Bremsmanövers auch noch in den Kofferraum. Erst in letzter Sekunde stoben die Kinder auseinander und sprangen beiseite.
    Der Porsche gab sofort wieder Gas.
    Mario äugte zu Gret hinüber, die käsebleich aussah. Er beschloss, fortan etwas Abstand zu halten. Sichtweite zu dem Fluchtfahrzeug war nahe genug. Sie waren bereits auf der Höhe der Bushaltestelle Hügelstrasse, bald käme die Einmündung in die Bederstrasse mit noch mehr Fußgängern, Velofahrern, Autos und Trams. Hatten sie ein Megafon an Bord? Vielleicht konnte Gret den Mann überzeugen aufzugeben. Wobei er sie bei Lichte betrachtet wohl kaum hören konnte. Und seine Kollegin hing ohnehin nur noch schlaff in ihrem Gurt.
    Der Irre vor ihm fuhr ziemlich gut, musste Mario sich eingestehen. Wie er die Einfahrt in die Bederstrasse nahm, mit einem kunstvollen Slide zwischen zwei Velofahrern und einem weißen Nissan Micra hindurch, war aller Ehren wert.
    Dennoch konnten sie ihm mühelos folgen.
    »Er steuert auf die Autobahn zu«, gab Gret endlich wieder etwas von sich.
    »Wieso das denn?«, runzelte Mario die Stirn. »Da kassieren wir ihn doch innerhalb von Minuten.«
    Aber Gret hatte recht. Der Porsche Targa brauste über die Utobrücke, schlingerte an dem vor Kurzem eröffneten Einkaufszentrum Sihlcity vorbei, unterquerte die Trasse der Sihltalbahn und hielt sich dann stramm links in Richtung Autobahnzubringer. Das Rotsignal an der Kreuzung missachtete er wie alle vorhergehenden. Ein von der Laubegg kommender dunkelblauer Peugeot musste derart abrupt bremsen, dass ihm der Lieferwagen eines Bäckereibetriebs ins Heck krachte. Mario überfuhr die rote Ampel ebenfalls. Aber in seinem Fall waren die anderen Verkehrsteilnehmer durch die Sirene immerhin vorgewarnt.
    Gret funkte den Kollegen das aktuelle Geschehen und verlangte nach einem Helikopter.
    Quatsch, dachte Mario sich, den Kerl erwische ich auch so.
    Rechter Hand passierten sie die Fußballanlage Allmend Brunau, links die Spirale des Sihlcity- Parkhauses und die Baracken der städtischen Kontakt- und Anlaufstelle, in der Fixern beaufsichtigte Injektions- und Inhalationsräume für ihren Drogenkonsum zur Verfügung standen.
    Noch war es natürlich möglich, dass der Tamile unter der Autobahnzubringerbrücke in Richtung Luzern beziehungsweise Gotthard abbog, um über die Sihlstrasse nach Adliswil oder Langnau am Albis zu gelangen.
    Nein, der Porsche schoss mit quietschenden Reifen auf die Autobahn und beschleunigte sofort bis zum Anschlag.
    Scheiße, das schaffte der

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