Staub Im Paradies
Motor des BMW nicht. Mario realisierte zornig, wie schnell sich der Abstand auf das Fluchtfahrzeug vergrößerte.
Der Tamile wechselte mehrfach die Spur, um an allen Autos vorbeizukommen, die sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung hielten und nicht schneller als achtzig fuhren. Dann zog er den Porsche wieder nach rechts, um einen auf der Überholspur trödelnden alten Mercedes zu überholen.
Mario registrierte mit Entsetzen, dass in einiger Entfernung ein Blinklicht aufleuchtete. Er schnappte nach Luft und würgte einige unverständliche Laute hervor, als versuche er, den Raser in letzter Sekunde vor einem drohenden Unheil zu warnen.
Zu spät.
Der senfgelbe Flitzer riss Plastikpoller aus ihrer Verankerung, durchschlug diverse Holzplanken und krachte dann in eine auf der gesperrten Fahrbahn parkende, tonnenschwere, ockergelbe Asphaltiermaschine.
Mario konnte den Aufprall trotz der Sirene ganz deutlich hören und sah eine Stichflamme in den Himmel steigen.
»Nein!«, entfuhr es ihm, während er Gret neben sich mit Panik in den Augen aufschreien hörte.
Einen weiteren Menschen, der durch sein Verschulden zu Tode gekommen war, würde er nicht überleben.
Staub sieht Sternschnuppen
Als ich kurz nach Mitternacht todmüde in unser Zimmer wanke, finde ich Leonie zu meiner Überraschung immer noch wach vor. Sie liegt, nur mit Slip und einem trägerlosen T-Shirt bekleidet, unter dem Moskitonetz und schmökert in unserem Reiseführer. Als sie mich wahrnimmt, lächelt sie und legt das Buch beiseite.
»Und? Hat’s geklappt?«, will sie wissen.
»Letztendlich schon«, antworte ich. »Der Flieger kam und kam einfach nicht. Als er dann schließlich da war, wollten Rainers Verwandte unbedingt sofort hierher. Es gelang uns nur mit Mühe, sie davon zu überzeugen, heute lieber in der Botschaft zu nächtigen und erst morgen nach Hamawella zu kommen. Wir mussten ihnen dazu regelrecht Angst einjagen vor der nächtlichen Fahrt.«
»Toll, dass wenigstens ihr es wieder gut hierher zurück geschafft habt!«
»Verasinghe ist übrigens wirklich ein sehr netter Kerl, Leonie. Morgen Abend sind wir bei ihm zu Hause zum Essen eingeladen.«
Meine Angetraute schweigt ein paar Sekunden lang.
»Es wäre eine Beleidigung, die Einladung abzulehnen«, füge ich erklärend hinzu.
»Wer spricht denn davon?«, braust sie auf. »Meinst du, ich lasse mir ein Dinner bei Einheimischen einfach so entgehen? Im Gegenteil, ich freu mich, dass dein Ermittlungswahn wenigstens für etwas gut ist. Darf Per auch mitkommen?«
»Die Einladung gilt für uns alle.«
Leonie brummt wohlgefällig und sieht zu, wie ich mich ausziehe und am Waschbecken die Zähne putze.
In der Ecke raschelt irgendetwas. Vermutlich der Gecko. Hoffentlich. Denn Lust nachzusehen verspüre ich nicht wirklich, muss ich gestehen, nachdem Per und Adrienne diese unansehnliche Vogelspinne in ihrem Zimmer vorgefunden haben.
»Und hier? Irgendwas Neues?«, frage ich Leonie, als ich meine Abendtoilette beendet habe und zu ihr unter das Moskitonetz krieche.
»Rainer Schütz’ Laptop ist verschwunden«, berichtet sie mir. »Niemand weiß, seit wann und ob ihn die Militärs mitgenommen haben oder allenfalls Leichenfledderer am Werk waren. Tatsache ist, dass das Teil weg ist.«
»Aha.«
Schon wieder ein Problem, um das ich mich morgen kümmern kann.
»Ich lösch mal das Licht, okay?«, schlägt Leonie vor.
»Ja, bitte.«
Ich liege eine Weile im Dunkeln und lausche auf etwaige Geräusche aus der Ecke, höre aber nur die Tierstimmen des nahen Dschungels ins Zimmer schwappen. Leonie reckt und streckt sich, ich drehe mich zu ihr hinüber und drücke ihr einen dicken Kuss auf die Lippen.
»Ich kann einfach nicht anders, als dem Verasinghe bei der Klärung des Falls zu helfen«, sage ich dann. »Die Polizeiarbeit liegt mir halt im Blut!«
»Ha! Vergiss einfach nicht, dass wir in einer Woche zurückfliegen, Fred!«, erinnert sie mich an eine Tatsache, die ich bislang vollkommen verdrängt habe. »Bis dahin kannst du gern den Ferienpolizisten spielen, wenn das dein innigster Wunsch ist. Ich will aber auf jeden Fall noch nach Sigiria, Nuwara Eliya und Kandy. Tschaggat hat zugesagt, uns zu begleiten.«
»Du magst ihn also?«
»Er ist sehr nett und zuvorkommend. Das mit seiner Frau ist wirklich tragisch.«
»Frau?«, wundere ich mich.
»Hat Anna dir das denn nicht erzählt? Tschaggats Frau ist vor zwei Jahren bei einem Busunglück ums Leben gekommen. Er hat zwei kleine Buben, die bei der
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