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Staub zu Staub

Staub zu Staub

Titel: Staub zu Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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sein.
    Nicht ohne Schadenfreude tippte Tilse eine Nummer ein und wartete, bis sich am anderen Ende ein Anrufbeantworter meldete. Nach dem Signal holte er tief Luft und ratterte seine Mitteilung runter:
    „Es ist soweit. Wir können die Einzelheiten vereinbaren.“
    Erst im Nachhinein fragte er sich, ob seine Geschäftspartner diese Nachricht richtig interpretieren würden. Noch einmal anzurufen wagte er nicht.
    Zwei Mal hielt Schöbel den Wagen an. Beim letzten Zwischenstopp holte der Kommissar Kaffee, schwarzen für Tilse und Cappuccino für sich. Tilse nahm den Becher entgegen, darauf bedacht, Schöbels Finger nicht zu berühren, und nippte an der heißen Brühe. Es schmeckte zu bitter.
    „Wohin wollen wir in Hamburg?“ Schöbel schlürfte aus dem Becher und Milchschaum zierte ihn mit einem weißen Schnurrbart.
    Tilse überlegte. Seine Lagerräume boten einen guten Platz, um den Gefangenen eine Weile festzuhalten. Oder der Keller seiner Firma.
    „Kloster“, entschied er, überraschend über sich selbst. Friedmanns Zitadelle des Glaubens. Es waren schließlich auch seine Männer und der Gedanke ließ einen Funken Triumph in ihm aufsteigen. „Wir fahren zum Kloster.“
    Er nahm noch einen Schluck und kippte den restlichen Kaffee auf den Rasen, dem auch der Pappbecher folgte, obwohl ihn nur zwei Schritte weiter ein leerer Mülleimer angähnte.
    Kurze Zeit später klingelte das Handy. „Wir haben Ihre Nachricht erhalten“, hörte er eine tiefe Stimme. „Morgen früh schließen wir unser Geschäft ab.“
    „Morgen? Ehrlich gesagt möchte ich nicht so lange warten.“
    „Wir müssen hier einiges vorbereiten. Vielleicht wird es schon heute Nacht gehen. Wir melden uns.“
    Tilse klappte sein Handy zu. Vorfreude erfasste ihn, gemischt mit Erleichterung. Endlich alles hinter sich lassen, das Pendeln zwischen zwei Welten, die Angst. Nie wieder inter spem et metum. Ein normales Leben winkte ihm aus der Ferne. Ein normales Leben, nur mit sehr viel Geld. Und seinem Dornröschen.
    Nach einer weiteren Stunde Fahrt begann der Wagen über Schlaglöcher zu holpern. Schöbel musste in den Waldweg zum Kloster abgebogen sein. Tilse hielt seinen Rucksack im Schoß und lauschte, wie die Reifen durch die Pfützen schmatzten. Bald hielt der Transporter an. Tilse wollte sich aufrichten, als er ein Stöhnen hörte. Sein Blick schnellte zu Jonathan, der langsam zu sich kam. Tilse öffnete den Reißverschluss des Rucksacks und holte seine Browning hervor. Den Finger auf den Abzug gelegt, wagte er es, sich dem Gefangenen zu nähern. Warum wachte Jonathan schon auf? Er dachte, das Insulin würde ihn über Nacht in Schach halten, aber jetzt flößte ihm eine unsichtbare Hand Leben ein.
    Schöbel riss die Tür auf. Tilse zuckte zusammen und hätte beinahe geschossen. Für alle Fälle senkte er den Lauf. Jonathan stöhnte erneut und blinzelte ins Licht, das in den Wagen fiel.
    Der blonde Schopf des Kommissars lugte in die Türöffnung. „Ist er wach? Sollen wir ihm Insulin spritzen?“
    „Bitte nicht“, ertönte ein schwaches Flüstern.
    „Nein.“ Tilse zog den Pullover an, schritt über Jonathan hinweg und sprang aus dem Auto. „Ich bin mir nicht sicher, ob er so viel verkraftet. Wir brauchen ihn lebend.“
    Die Kiefern begrüßten ihn mit dem vertrauten Raunen. Tief atmete er den feuchten, harzigen Geruch des Waldes ein und lächelte der Sonne zu, die ihn durch die Zweige anzwinkerte. Er machte dehnende Armbewegungen, um seine ange-spannten Muskeln zu lockern, und sah Schöbel sich mit einem Messer in die Türöffnung beugen.
    Nein, nicht!, wollte Tilse rufen und atmete erleichtert auf, als Schöbel lediglich die Fußfessel durchschnitt und Jonathan aus dem Transporter zerrte. Der Ge-fangene konnte kaum stehen. Schöbel packte ihn am Hemd und stemmte ihn gegen die Wagenseite.
    „Es gibt etwas, das ich schon beim Verhör tun wollte“, zischte er. Noch bevor Tilse einen Mucks von sich geben konnte, rammte Schöbel Jonathan die Faust in die Schläfe. „Hier hast du kein Recht zu schweigen.“ Er machte einen Schritt nach hinten. Jonathan rutschte in die Knie und hob den Kopf.
    „Was erwarten Sie, dass ich sage?“
    „Nichts. Ich kann dir trotzdem verdammt wehtun.“
    Ein Lächeln kroch über Jonathans bleiche Lippen. „Vor ein paar Stunden hat mir eine Frau wehgetan. Ich glaube kaum, dass Sie das übertreffen können.“
    „Wetten?“
    Tilse hielt Schöbel am Arm zurück. „Hören Sie auf. Wenn Sie mit seinem Blut in Kontakt

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