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Staub zu Staub

Staub zu Staub

Titel: Staub zu Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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Geige? Es war doch der glücklichste Moment ihres Lebens! Einen Teil von Max in sich zu spüren, seine Wärme und das Fliegen betörte ihre Sinne.
    Das Vibrieren verstärkte sich, als prasselte ein warmer Regen auf sie herab. Es breitete sich von ihrem Unterleib bis in die Fingerspitzen aus, zog sich zurück und wallte wieder auf. Ihre Haut glühte, das Beben in ihr wurde immer intensiver, bis sie es nicht mehr aushalten konnte.
    Mirjam drückte ihren erhitzten Körper an den seinen.
    „Jetzt! Bitte!“
    Der weitere Sturz in die Tiefe überflutete ihre Sinne mit Adrenalin. Ihr Herz raste und blieb stehen. Sie schwebte im Nichts, losgelöst von allem und sah auf zwei fest umschlungene Körper unter sich, ihren und den von Max, die mitten im Fall erstarrten, umgeben von silbernem Schimmer.
    Auf einmal begann das Licht sich zu einem Punkt zusammenzuziehen und entlud sich in einer Explosion. Die Welle traf Mirjam und riss sie entzwei. Der Schmerz bohrte sich durch sie hindurch. Ihr Herz begann zu schlagen und jedes Pochen überflutete sie mit neuen Qualen, als würde ihr Körper von Dutzenden Messern seziert.
    Sie spürte wieder Max in ihren Armen, drückte sich an ihn, doch eine gewaltige Macht riss sie aus der Umarmung. Das Letzte, was sie wahrnahm, waren die lodernden Flammen, die ihn erfassten, bevor er wie eine Fackel ins Schwarze stürzte.
    Kalt.
    Wieso war ihr so kalt?
    Mirjam zitterte und atmete den Geruch von Moos, verfaultem Laub und Pilzen ein. Tränen flossen über ihre Wangen. Es war bloß ein Traum, es war nicht real. Sie hob das Gesicht zu den Baumkronen, die über ihr tuschelten.
    „Wofür?“, weinte sie. „Wofür dieser Hohn?“
    Aus dem Gebüsch trampelte der Typ hervor. „Verdammt, du gehst mir so auf den Sack! Machst du immer solche Kapriolen, wenn jemand versucht, dir das Leben zu retten?“ Er befühlte seine blutende Stirn.
    Mirjam rappelte sich hoch. Die Kälte kam aus ihrem Inneren, etwas tief in ihr fehlte. Ein Teil ihrer Seele.
    „Nur wenn dieser jemand vorher meinen Freund erschossen hat“, murmelte sie, ohne Hass zu verspüren. Ob sie überhaupt noch fähig war, irgendetwas zu spüren? Sie fühlte sich ausgebrannt. Es gab nur diese Kälte und eine seltsame Ruhe.
    „Ich kann dir helfen.“
    „Ich verrate dir, was du kannst: Du kannst mich mal.“ Sie stemmte sich von der Birke ab und taumelte an ihm vorbei. Ihr Slip klebte an ihrer Haut. Bekam sie ihre Tage? Das hatte gerade noch gefehlt.
    „Warte! Wo willst du hin?“
    Ihr Kopf arbeitete klar wie ein gut geölter Mechanismus. „Ich gehe zurück zum Haus, rette Kristin, wenn sie noch zu retten ist, und verschwinde von hier. Danach überlege ich mir, wie ich deinen Friedmann vernichten kann. Das ist Plan A.“
    Sie stolperte vorwärts. Er stampfte hinter ihr durch die Büsche.
    „Ach ja? Dann bin ich äußerst gespannt auf Plan B.“
    Mirjam schob Baumzweige zur Seite, ließ sie hinter sich los. Die Äste pfiffen durch die Luft und ein schrilles ‚Aua!’ ertönte.
    „Plan B ist noch in Arbeit.“

Kapitel 18
    Mirjam hockte sich unter einen Haselnussstrauch und spähte durch die Zweige zum Bauernhof. Die untergehende Sonne spiegelte sich rot in den Fenstern. Der Krähenschwarm hatte sich verzogen, nur zwei Vögel hüpften über das Dach und beschimpften einander. Niemand war zu sehen.
    Der Typ ließ sich an einem Baum nieder und lehnte sich an die knorrige Rinde. Obwohl Mirjam kein schnelles Tempo vorgelegt hatte, keuchte er wie nach einem Hundert-Meter-Sprint.
    „Hör zu, Mädel, was du da vorhast, ist absolut hirnrissig. Denk doch mal drüber nach!“
    Mirjam musterte sein Profil mit den hohen Wangenknochen und der spitzen Nase. Schmutz und angetrocknetes Blut verschmierten seine Haut. Er hustete. Mirjam rümpfte die Nase und rutschte ein Stück von ihm fort.
    „Geh woanders sterben. Du bist schlimmer als eine Zecke.“
    Er zupfte ein Blatt aus seinen Haaren und ließ es zu Boden trudeln. Sein Blick verfolgte die kurze Flugbahn. „Vielleicht will ich meine Schulden begleichen, bevor ich über den Jordan gehe.“ Seine Stimme ähnelte dem Rascheln eines trockenen Blattes, wenn es unter einem Schuh zermahlen wird. Er fingerte an einem gol-denen Kettchen mit einem kleinen Kreuzanhänger. „So sollte es nicht kommen, wirklich nicht. Ich bin kein Mörder. Weißt du, als ich noch …“
    Mirjam stand ruckartig auf. „Es interessiert mich nicht die Bohne, ob du eine beschissene Kindheit hattest und deshalb auf andere mit einer

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