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Staub

Staub

Titel: Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Gesicht wendet sich ihr zu. Zuerst lächeln seine Augen, dann kräuseln sich seine Lippen ein wenig, als amüsiere ihn etwas. Er steht in der Auffahrt neben dem großen Adler und mustert sie von oben bis unten. Sie trägt Stiefel, Cargohose und Skijacke.
    »Ich habe Schneeschuhe im Auto«, sagt er.
    Er sieht ihr in die Augen. Der Wind zaust ihr Haar, das länger ist als bei ihrer letzten Begegnung. Es ist dunkelbraun mit einem rötlichen Schimmer, als glömmen Funken darin. Die Kälte hat ihre Wangen gerötet. In ihre Augen zu blicken war schon immer so, als schaue man in den Kern eines Atomreaktors oder in den Krater eines aktiven Vulkans. Vielleicht auch, als sehe man dasselbe wie Ikarus, während er der Sonne entgegenflog. Ihre Augenfarbe verändert sich mit dem Licht und ihren schwankenden Stimmungen. Im Moment ist sie leuchtend grün. Kays Augen sind blau und ebenso intensiv, nur auf eine andere Weise. Ihre Farbe wechselt subtiler, und sie können so zart wie ein Dunsthauch oder so hart wie Metall dreinblicken. Er vermisst sie mehr, als er bis jetzt geahnt hat. Lucys Gegenwart hat ihn auf grausame Weise wieder daran erinnert.
    »Ich dachte, wir machen einen Spaziergang und unterhalten uns«, meint er zu Lucy und schlendert auf den Parkplatz zu. An diesem Plan ist nicht zu rütteln. »Das ist wichtig. Also treffen wir uns bei Maroon Bells, oben bei der Schneemobilvermietung, wo die Straße endet. Kommst du mit der Höhe zurecht? Die Luft ist dünn.«
    »Ich kenne die Luft«, sagt sie, obwohl er ihr schon den Rücken zugekehrt hat und davongeht.
    49
    Auf beiden Seiten des Passes erheben sich schneebedeckte Berge. In der späten Nachmittagssonne werden die Schatten tief und breit, und in den höheren Lagen schneit es. Nach halb vier ist es zwecklos, noch Skilaufen oder Schneeschuhfahren zu wollen, denn in den Rockies wird es früh dunkel. Der Weg, auf dem sie sich befinden, vereist schon, und die Luft ist bitterkalt.
    »Wir hätten früher umkehren sollen«, meint Benton und stößt einen Skistock vor seinem vorangestellten Schneeschuh in den Boden. »Wir beide lieben das Risiko und wissen nie, wann man aufhören muss.«
    Da sie keine Lust hatten, bei der vierten Lawinenmarkierung, wo Benton vorschlug, Schluss für heute zu machen, aufzugeben, sind sie weiter bergauf in Richtung Maroon Lake gegangen. Doch einen knappen Kilometer bevor der See in Sicht kam, waren sie trotzdem gezwungen, das Handtuch zu werfen. Jetzt werden sie es nur mit knapper Not zurück zu ihren Autos schaffen, bevor es zu dunkel ist, um etwas zu sehen. Außerdem sind sie durchgefroren und hungrig. Selbst Lucy ist erschöpft, obwohl sie es niemals zugeben würde, aber Benton merkt ihr an, dass ihr die Höhe zu schaffen macht. Sie ist um einiges langsamer geworden und hat kaum noch genug Luft zum Sprechen.
    Eine Weile schaben ihre Schneeschuhe über den verkrusteten Schnee auf der Maroon Creek Road, und nur das Kratzen und Knirschen und das Geräusch, wie die Skistöcke den überfrierenden gefurchten Schnee durchbohren, sind zu hören. Wenn sie Luft holen, stehen ihnen Wolken vor den Mündern, auch wenn ihr Atem jetzt wieder regelmäßiger geht. Nur ab und zu atmet Lucy tief ein und wieder aus. Je länger sie über Henri gesprochen haben, desto weiter sind sie gegangen, und jetzt haben sie sich übernommen.
    »Tut mir Leid«, sagt Benton. Der Aluminiumrahmen seines Schneeschuhs klappert auf dem Eis. »Ich hätte dich früher warnen sollen. Die Proteinriegel und das Wasser sind aufgebraucht.«
    »Ich schaffe es schon«, erwidert Lucy, die unter gewöhnlichen Umständen durchaus mit ihm mithalten kann oder ihn sogar überflügelt. »Diese kleinen Flugzeuge. Ich habe noch nichts gegessen. In letzter Zeit bin ich viel gejoggt und Rad gefahren und habe eine Menge Sport getrieben. Ich dachte nicht, dass mir das zu viel wird.«
    »Ich vergesse es jedes Mal, wenn ich herkomme«, antwortet er und betrachtet den Schneesturm links von ihnen, der sich immer tiefer über die weißen Gipfel senkt und sich wie ein Nebel langsam auf sie zubewegt. Er ist etwa anderthalb Kilometer entfernt und höchstens dreihundert Meter über ihnen. Benton hofft, dass sie es bis zu den Autos schaffen, bevor der Sturm sie erreicht. Allerdings ist die Straße gut zu sehen und führt stetig abwärts. Es besteht keine Lebensgefahr.
    »Ich werde es mir merken«, keucht Lucy. »Beim nächsten Mal esse ich vorher etwas und steige nicht gleich aus dem Flieger auf die

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