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Staubige Hölle

Staubige Hölle

Titel: Staubige Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Smith
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Stirn gezogen worden, und über ihrer Schulter hing eine große Handtasche aus Kunstleder. Auntie Mavis. Die Schwester des hässlichen Sacks, der Sunday gekauft hatte. Gekommen, um sich zu vergewissern, dass die Inspektion auf die traditionelle Weise durchgeführt wurde. Und dass das Ergebnis unstrittig war.
    Die beiden Frauen begrüßten sich. Sunday wurde gar nicht weiter beachtet. Auntie Mavis rümpfte ihre platte Nase und redete herablassend mit Ma Beauty, als sie zu der Stelle vorausging, wo etwa zwanzig junge Mädchen in einer Reihe standen, die miteinander schwatzten und nervös kicherten. Eine junge Frau in einer viel zu engen Jeans und mit Abendschuhen und abgelaufenen Absätzen hockte auf einem Felsblock und schrieb die Namen der Mädchen in ein Notizbuch.
    Sundays Tante wühlte in ihrer Tasche und kramte eine Münze hervor. »Hier. Geh bezahlen.«
    Sunday stellte sich in der Schlange an. Nannte ihren Namen. Die Frau notierte mühsam den Namen und steckte die Bezahlung ein. Sunday trat zu den wartenden Mädchen, unterhielt sich jedoch nicht.
    Ein Mädchen wurde aufgerufen und verschwand hinter einem Baum, wo ein Tantchen mit einem schwarzweißen, perlenbesetzten zeremoniellen Kopfschmuck auf einer Grasmatte saß. Eine Gruppe älterer Frauen bildete ein Spalier um das Tantchen und schützte so das Mädchen vor neugierigen Blicken.
    Ein Schrei erhob sich, und die Frauen jubelten und johlten. Riefen laut »Imomozi!« Vagina auf Zulu. Das Mädchen trat hinter dem Baum hervor, trug stolz einen weißen Kreis auf der Stirn, der der Welt verkündete, dass sie eine Zulu-Jungfrau war.
    Eines nach dem anderen traten die Mädchen vor. Und es folgte Jubel und Gejohle. Dann verschwand ein Mädchen hinter dem Baum und trat in Stille wieder hervor. Keine weiße Kennzeichnung. Keine Hochrufe. Nur Kopfschütteln und Schnalzen der älteren Frauen. Tränen auf dem Gesicht des Mädchens, ihre blamierte Mutter hinter ihr her schlurfend.
    Sunday betete, dass es ihr ebenso erging, wenn sie an der Reihe war. Aber sie wusste, so würde es nicht kommen. Sie wusste, dass das Häutchen noch in ihr drin war, straff gespannt wie eine kleine Trommel. Allein in der Hütte die Nacht zuvor hatte sie über der Scherbe eines zerbrochenen Spiegels gehockt, eine von Ma Beautys Stricknadeln in der Hand, bereit, diese in sich hineinzuschieben und diese kostbare Haut zu durchbohren. Bereit, sich wertlos zu machen. Damit der hässliche alte Mann sein Vieh zurücknahm und sich ein anderes Opfer suchte.
    Doch als die Spitze der Nadel ihre Oberschenkel berührte, hatte sie die Stimme ihrer Mutter gehört: Nein, mein Kind. Nein. Sunday hatte die Nadel fallen lassen und war dann unter Schluchzern auf dem festgestampften Boden der Hütte eingeschlafen.
    Sunday wurde gerufen. Ma Beauty und Auntie Mavis gesellten sich zu der Beobachtergruppe. Sunday näherte sich der Matte, stellte ihre Tasche ab. Blieb stehen. Die untersuchende Frau schaute zu ihr auf und wedelte mit der Hand. »Komm, Mädchen, leg dich hin. Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.«
    Sunday ging in die Knie, hob ihren Rock und streifte mit Tränen in den Augen das Höschen die Beine hinunter.
    Ma Beauty rief: »Was hast du denn, Mädchen? Leg dich hin!«
    Auntie Mavis zischelte wie eine Puffotter. »Siehst du, ich sag’s dir doch, dieses Mädchen ist ein Dreckstück. Sie hat sich zu Männern gelegt!«
    Sunday zog ihr Höschen ganz aus, setzte sich mit dem Hintern auf die Matte. Sie hob den Rock und machte die Beine breit. Die Prüferin spreizte ihre Schamlippen und schaute in sie hinein, als sähe sie nach einem Brot in einem Backofen.
    Â»Hübsch. Perfekt«, sagte die Prüferin.
    Sunday zog ihr Höschen wieder an, stand auf und starrte Auntie Mavis an, die halbherzig in den Jubel einstimmte. Ma Beauty, schrill wie ein Würger, schrie auf: »Imomozi.« Sunday spürte, wie eine der Frauen den weißen Pamp auf ihre Stirn tupfte. Eine andere gab ihr das abgestempelte Jungfräulichkeitszertifikat, das einem Todesurteil gleichkam.
    Auntie Mavis riss ihr das Papier aus der Hand und begutachtete es. Dann faltete sie es zusammen und verbarg es in ihrem wogenden Dekolleté. »Das werde ich meinem Bruder geben.«
    Auntie Mavis und Ma Beauty gingen zurück Richtung Straße, wobei ihre dürre Tante neben der fetten Frau her flatterte wie ein

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