Staubige Hölle
Ihr Blut untersuchte?«
»Das weià ich, ja. Ich hatte ja auch fast eine ganze Flasche Wein getrunken. Deshalb ist meine Frau doch gefahren. Sie hatte nur ein Glas gehabt.«
»Und dieser Pick-up ⦠Schwarz, sagen Sie?«
»Ja. Schwarz. Könnte ein Toyota gewesen sein, aber ich bin nicht sicher.«
»Ein Nummernschild haben Sie nicht gesehen?«
»Nein. Es ging alles so schnell. Er tauchte aus dem Nichts auf, und dann hat er uns auch schon gerammt.« Dell unterbrach sich. Erlebte im Geiste noch einmal den Augenblick des Zusammenpralls.
Der Polizist sah Dell an, und dabei schlich sich etwas Nachgiebigeres, Mitfühlendes auf sein Gesicht. »Ich werde noch einmal zu dem Restaurant fahren. Werde mit den Leuten sprechen. Irgendjemand muss doch gesehen haben, dass Ihre Frau das Steuer übernommen hat.«
Dell nickte. Es klopfte an der Tür, und die junge Polizistin steckte den Kopf herein. Sie ignorierte Dell und gestikulierte auf den Korridor. Palm stand auf, schob seinen Stuhl zurück und folgte ihr hinaus. Schloss die Tür hinter sich.
Dell saà da und starrte das verschrammte Holz des Tisches an, in den die Zahlen 26 und 28 geschnitzt worden waren. Rivalisierende Gangs der Cape Flats. Rosies Cousin hatte einer dieser Banden angehört. Dell konnte sich nicht erinnern, welcher. Der Cousin war vergangenes Jahr gestorben, vor seinem eigenen Haus abgeknallt. Sie waren nicht zu seiner Beerdigung gegangen. Dell sah Särge. Einen groÃen. Zwei winzige. Sah rote Erde, die seine Familie schlucken würde. Spürte, wie sich ihm der Hals zusammenzog. Versuchte, trotzdem zu atmen.
Die Tür ging auf und zwei Männer, die er nie zuvor gesehen hatte, traten ein. Der Schwarze war dürr und sah aus wie ein Zuhälter, trug ein aufdringlich kariertes Sakko, blaues Hemd, beige Hose und graue Slipper mit Goldkettchen. Zuerst nahm Dell noch an, der WeiÃe wäre ein Rechtsanwalt oder ein Staatsanwalt. Er war um die fünfzig, aber gut in Form, sonnengebräunt, trug einen teuren Anzug, das dichte Haar war sorgfältig frisiert. Dann sah Dell etwas Derbes unter der Sonnenbräune und wusste, dass er einen Bullen vor sich hatte.
»Mr. Dell, ich bin Captain Theron.« Der Bulle hakte seinen Schuh hinter ein Bein des Plastikstuhls, zog ihn zum Tisch zurück und setzte sich. »Würde gern mal mit Ihnen plaudern.«
Den schwarzen Mann stellte er nicht vor, der sich nun gegen die Wand lehnte und Dell mit einem Blick so ausdruckslos wie eine Eidechse auf einem Felsen fixierte.
»Wo ist Lieutenant Palm?«, fragte Dell.
»Zu Mrs. Palm und ihren fünf Töchtern.« Theron formte mit der Rechten eine hohle Hand und bewegte sie in einer Wichs-Geste lachend auf und ab. In seinen blauen Augen lag jedoch nichts als Eiseskälte. »Ich leite die Ermittlungen im Mordfall Ben Baker, daher ist das hier jetzt mein Fall.«
»Warum? Was hat das hier mit Baker zu tun?«
»Vielleicht gibt es keinen unmittelbaren Zusammenhang. Aber Ihre Frau war, wie soll ich sagen, in den Fall verwickelt.«
»Was meinen Sie damit?«
Statt zu antworten, wandte Theron sich an den Zuhälter. »Hey, Chief, tu mir einen Gefallen. Geh mal nachsehen, ob die Ausdrucke schon fertig sind.«
Der Schwarze sah aus, als wollte er protestieren, zuckte dann aber die Achseln und verlieà den Raum. Theron hob ein Päckchen Camels an seinen Mund und zog mit den Lippen eine Zigarette heraus. Bot Dell das Päckchen an. »Kippe?« Dell schüttelte den Kopf. Theron gab sich Feuer und beobachtete Dell durch den aufsteigenden Rauch. »Ich kannte Ihren Vater, wissen Sie?«
Dell sagte nichts. Die Dinge kamen momentan von zu vielen Seiten auf ihn zu.
»Sie sind Bobby Goodbreads Sohn, stimmtâs?«
Dell nickte. Sinnlos, es zu leugnen.
Theron lachte, während er paffte. »Der verfluchte, verrückte Yank. Ja, kannte ihn vor dreiÃig Jahren. Ich war damals noch ganz grün hinter den Ohren, hatte kaum Haare an den Eiern. Aus der Schule schnurstracks in die Armee, war bereit loszuziehen, um in Angola verschissene Kommies abzuknallen. Landete in einer Freiwilligeneinheit, die nicht mal einen Namen hatte. Ich und ein oder zwei andere WeiÃe und ein Haufen total irrer Buschmänner und einheimischer Stammesangehöriger. Ihr alter Herr war unser kommandierender Offizier. Als ich ihn das erste Mal reden hörte, da dachte ich, der will uns verarschen.
Weitere Kostenlose Bücher