Staunen über den Erlöser
seine illegalen Praktiken verteidigte, indem er sagte: »Ethik ist Ethik, und Geschäft ist Geschäft.«
Die Militärs, die streng geheime Informationen (plus ihre Ehre und Integrität) für 6000 Dollar verkauften.
Ein Minister eines großen Landes, der beim illegalen Handel mit Edelsteinen erwischt wurde. Es war der – hätten Sie’s gewusst? – Justizminister.
Der Vater, der gestand, seine zwölfjährige Tochter ermordet zu haben, weil sie nicht mit ihm ins Bett gehen wollte.
Warum tun wir das, was wir tun? Warum nehmen wir frech einen Pinsel und malen Schwarz und Weiß grau an? Warum landen höchste ethische Maßstäbe im Mülleimer, während sinnlose bürokratische Anordnungen penibel befolgt werden? Warum machen wir den Körper groß und die Seele klein? Warum pflegen wir unsere Haut und lassen unser Herz verdrecken?
Unsere Werte stimmen nicht mehr. Jemand ist in den Laden eingebrochen und hat die Preisschilder vertauscht. Billiger Spaß und Tand erzielt Höchstpreise, während der Wert eines Menschenlebens so niedrig ist wie schon lange nicht mehr.
Man muss nicht Philosophie studiert haben, um zu sehen, wie es zu dieser großen Verdrehung kam. Sie fing an, als jemand uns einredete, dass die menschliche Geschichte eine Reise ins Nirgendwo ist. Dass der Mensch kein Ziel hat. Dass wir uns in einem ewigen Kreislauf befinden, der letztlich absurd und ohne Sinn ist. Wir haben uns einimpfen lassen, dass wir auf einem Klumpen Dreck gefangen sind, der ohne Sinn und Ziel durch das All rast. Die Erde dreht sich um ihre eigene Achse, und sonst um nichts, die Schöpfung war ein Zufall der Evolution und die Menschheit hat keine Richtung.
Nicht sehr optimistisch, nicht wahr?
Aber das ist nur der erste Akt. Der zweite ist noch schlimmer. Wenn der Mensch kein Ziel hat, hat er auch keine Aufgabe. Keine Pflichten, keine Verantwortung. Wenn der Mensch kein Ziel hat, hat er auch keine Wegweiser. Wer soll ihm sagen, was richtig und was falsch ist? Wer will ihm vorschreiben, dass ein Ehemann nicht einfach seine Frau und Kinder im Stich lassen kann? Oder dass eine Mutter ihr Kind nicht abtreiben darf? Warum gleich heiraten, wenn man auch »zusammenziehen« kann? Warum nicht meinen Kollegen als Trittstufe auf meiner Karriereleiter benutzen? Du hast deine Werte und ich habe meine, und absolute Regeln gibt es nicht. Keine Prinzipien, keine Ethik, keine letztgültigen Maßstäbe. Das Leben besteht aus dem nächsten Wochenende oder Urlaub, der nächsten Gehaltsüberweisung, dem nächsten Bier oder erotischen Abenteuer. Und am Ende löst sich alles auf.
»Für den Existentialisten«, schreibt der Existentialist Jean-Paul Sartre, »ist es höchst peinlich, dass Gott nicht existiert, denn zusammen mit Gott verschwindet jede Möglichkeit, Werte in einem Himmel ›da oben‹ zu finden. … Wenn Gott nicht existiert, dann ist alles erlaubt und der Mensch folglich allein, denn er hat nichts mehr, ob nun in sich selbst oder außerhalb, an das er sich halten könnte.« 1
Wenn der Mensch kein Ziel und keine Aufgabe hat, ist der nächste logische Schritt, dass er auch keinen Wert hat. Wenn der Mensch keine Zukunft hat, ist er nicht mehr wert als ein Baum oder Stein. Wir haben keinen Grund, warum wir auf diesem Planeten sind, und folglich haben wir keinen Wert.
Wozu dies führt, wissen wir alle. Unser System gerät aus den Fugen. Wir fühlen uns nutzlos und wertlos. Wir drehen hohl. Wir spielen Spielchen. Wir erfinden falsche Wertesysteme. Wir sagen: »Du hast einen Wert, wenn du hübsch und sexy bist.« Oder: »Du bist wer, wenn du leisten und produzieren kannst.« Oder: »Du bist wertvoll, wenn du Tore schießen oder Hits singen kannst.« Oder wenn du einen »Dr.« vor dem Namen hast. Oder ein Jahresgehalt im sechsstelligen Bereich. Oder ein Auto der Premium-Klasse.
Der Wert eines Menschen bemisst sich in unserer Gesellschaft nach zwei Kriterien: Aussehen und Leistung.
Ein hartes System, nicht wahr? Wo bleiben in ihm die geistig Zurückgebliebenen? Die Hässlichen, die ohne Schulabschluss? Die Alten, die Behinderten? Die ungeborenen Kinder? Ihre Aktien stehen denkbar schlecht. Wir werden namenlose Nummern auf Listen, die keiner mehr finden kann.
Bitte nehmen wir es zur Kenntnis: Dies ist das Wertesystem des Menschen, und nicht das Gottes. Gottes Plan ist viel größer und heller. Gott tritt, den Schalk in den Augen, an die Tafel der Philosophen, nimmt den Schwamm, wischt den unendlichen Kreis der Geschichte aus und malt eine Linie
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