Steam & Magic 01 - Feuerspiel
wie jene, mit der Veranlagung zum Ritter?« Nachdem Edwin selbst vom Orden wusste, war dies eine rein rhetorische Frage.
»Diese Situation lässt sich wohl kaum damit vergleichen.« Edwins Finger trommelten auf ein knöchriges Knie. »Sie können sich nicht auf die Diskretion einer Bande von Gossenkindern verlassen.«
»Gossenkinder mit übernatürlichen Begabungen, nebenbei bemerkt. Beinahe jedes von ihnen.« Merrick hörte auf, mit der Kette zu spielen, und legte die Hände flach auf den Tisch. »Ich bin überzeugt, dass sie alle eines Tages dem Orden von Nutzen sein werden. Also erzählen Sie mir, warum sich Miss Bristol veranlasst sah, Ihnen Gewalt anzudrohen? Ich dachte, Sie würden einander so weit wie möglich aus dem Weg gehen.«
»Sie weigerte sich, den Ballsaal zu verlassen, als es Zeit für Thomas’ Fechtunterricht war. Einer dieser Bälger hatte die Dreistigkeit, nach einem Degen zu langen. Ich habe nur seine Hand weggeschlagen und sie ging in die Luft. Wirklich, man könnte meinen, ich hätte das Kind misshandelt.«
Merricks kurze Nackenhaare standen zu Berge. »Verstehe. Edwin, habe ich bei Ihrer Anstellung nicht ausdrücklich betont, dass jegliche Art der körperlichen Züchtigung zu unterlassen ist?«
Der Hauslehrer zuckte die Schultern. »So absurd diese Einstellung ist, Sir Merrick, das haben Sie. Und ich habe herausgefunden, dass Straflektionen eine wirksame Abschreckung für den jungen Thomas sind.«
»Und doch haben Sie eigenmächtig Hand an eines der jüngeren Kinder angelegt, das nicht einmal unter Ihrer Obhut steht?« Oh je, das war nicht gut. Kein Wunder, dass Miss Bristol angedroht hatte, ihm die Kehle aufzuschlitzen. Und natürlich hatten sich die Kinder auf die Degen gestürzt – bis vor ein, zwei Wochen war der Kampf ein täglicher Teil ihres Lebens gewesen. Merrick hätte sich ohrfeigen können, weil ihm nicht in den Kopf gekommen war, dass sie sich nach Kampfsport sehnen mussten.
Wieder zuckte Edwin die Schultern. »Wie gesagt, ich habe lediglich seine Hand weggestoßen. Der Junge hätte sich oder anderen weitaus größeren Schaden zufügen können, hätte er die Waffe in die Finger bekommen.«
»Und in diesem Punkt irren Sie, Edwin.« Mit einem Seufzer erzählte Merrick die Geschichte, wie er auf die Kinder gestoßen war und unerwartet zu ihrem Vormund wurde, inklusive seines unorthodoxen Schwurs, dass keines von ihnen geschlagen würde.
Edwin hörte zu, die dünnen Lippen zu einem missbilligenden Strich verzogen. »Verstehe. Nun gut, ich werde von jeglicher Berührung der Kinder absehen. Dennoch müssen Sie wirklich eine geeignetere Gouvernante finden.«
»Wir werden sehen.« Dorothy würde ihm den Kopf abreißen, wenn er das versuchte. »Doch in der Zwischenzeit möchte ich Sie bitten, sich mit ihnen zu arrangieren oder einander zu meiden. Es ist nicht so abwegig, Kinder an einem regnerischen Tag im Ballsaal spielen zu lassen.«
»Mag sein.« Es war ein großes Eingeständnis von Seiten Edwins, und Merrick wusste, dass es das Äußerste war, was er erwarten konnte. »Dennoch müssen Sie die Kinder darauf aufmerksam machen, dass manche Dinge, so wie Schwerter, nicht infrage kommen.«
»Ganz im Gegenteil, Edwin. Ich habe Ihnen doch gerade erklärt, dass diese Kinder auf der Straße lebten und gegen Vampire gekämpft haben. Ich möchte, dass Sie sie in Ihren Fechtunterricht miteinbeziehen. Ich glaube, dass es eine Bereicherung für Sie darstellen wird.«
Edwin kochte. »Fein. Wenn es sein muss, werde ich die beiden Buben in den Stunden am Dienstag und Donnerstag miteinbeziehen. Sie mögen um elf Uhr in den Ballsaal kommen, in angemessener Kleidung.«
»Und die Mädchen.« Merrick musste sich in Anbetracht von Edwins Entsetzen ein Grinsen verbeißen. Ach ja, seine emanzipierte Tante wäre stolz auf ihn.
»Nein«, sagte er knapp und bestimmt. »Ausgeschlossen.«
Ein Hüsteln aus der Tür kündete von Dorothys Anwesenheit. »Lass ihn, Merrick, er würde nur ihr Talent verderben. Ich werde die Mädchen selbst unterrichten. Wir nehmen den Saal und die Degen dann montags und mittwochs. Famos.« Mit einem triumphierenden Lächeln kam sie ins Zimmer und winkte den Hauslehrer fort. »Jetzt laufen Sie, Edwin. Mein Neffe und ich haben Geschäftliches zu besprechen.«
»Himmel, was für ein Ekel.« Als Edwin floh, ließ sich Dorothy in den freigewordenen Sessel sinken und verdrehte die Augen. »Ich nehme an, du hast bezüglich Tommys Eltern Nachforschungen angestellt. Sein Vater
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