SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition)
Toilette kam.
„Es ist eine gute Theorie“, gab Rachel schließlich zu. „Aber bis wir diese bewiesen haben, sollten wir immer im Hinterkopf behalten, dass wir uns irren könnten.“ Beinahe zaghaft trug sie uns diese Bedingung vor.
Beruhigend ergriff Charles ihre Hände. „Selbstverständlich. Aber Spuk kann sehr großes Leid erzeugen – vielleicht sogar für einen eventuell vorhandenen Geist. Insofern sind unsere Bemühungen auf jeden Fall moralisch angemessen.“
„Entschuldigen Sie, Mister Eagleton. Ich weiß natürlich, dass Sie die Forschungen nie mit unmoralischen Mitteln vorangetrieben hätten.“
Tja – und dann sahen sich die beiden in die Augen und schienen alles andere um sich herum vergessen zu haben. Und ich fand, dass Charles’ Blick überhaupt nicht besonders moralisch wirkte. Fiddlebury bekam mal wieder überhaupt nichts mit, sondern war mit „beleidigt sein“ beschäftigt. Hilflos blickte ich zu Fifi, doch diese verstand meinen Blick falsch.
„Isch gommén soll und etwas graulen Ö’rc’en, Chérie?“, bot sie – wohl nicht uneigennutzig – an.
Sie kam schon um den Tisch herum, doch ich lehnte höflich ab: „Sehr freundlich, Fifi, aber das wird nicht nötig sein.“ Etwas aus dem Konzept gebracht räusperte ich mich. „Vielleicht hat es etwas zu bedeuten, dass ich die Erscheinung in einem Spiegel gesehen habe“, versuchte ich unser bisher so produktives Gespräch wieder aufzunehmen. „Immerhin bestehen auch Spiegel zum Teil aus Silber …“ Als niemand reagierte, räusperte ich mich erneut. „Vielleicht sind Spiegel ja für Spukerscheinungen erforderlich … wir sollten darauf achten …“ Als immer noch niemand reagierte, stimmte ich einfach in das allgemeine Schweigen ein. Kurz dachte ich darüber nach, Fifis Angebot doch noch anzunehmen.
Das Läuten der Türglocke rettete mich aus dieser seltsamen Atmosphäre und weckte die beiden Turteltauben aus ihrer Trance.
„Oh, Ihr nüscht störén Euch lascht, Mister Igeltón!“ Fifi wippte noch einmal anzüglich mit den Augenbrauen, bevor sie leise vor sich hin singend zur Tür ging. Rachel bekam rote Wangen, während sich Charles mit verlegenem Nasereiben begnügte. Fiddlebury brummelte irgendetwas Unverständliches vor sich hin.
Als dann Stimmen im Flur laut wurden, blendete ich die anderen jedoch vollkommen aus meiner Wahrnehmung aus. Julie war hier!
Ihre Stimme hätte ich aus jeder Menschenmenge sofort herausgehört. Hatte sie mich so sehr vermisst, dass sie es nicht mehr ausgehalten hatte? Oder gab es ein Problem? Gespannt wartete ich auf Fifis Rückkehr. Ich war froh, dass Charles ihr vorsorglich von Julie erzählt hatte; unsere stählerne Freundin wendet zuweilen recht unkonventionelle Mittel bei unangekündigten Besuchern an.
Als sie endlich zurückkam, hatte es mich schon nicht mehr auf dem Sessel gehalten. Unruhig ging ich auf und ab.
„Mister und ´übsches Miss Blackwell an Tür sind dér. Und júngés Mann mit Augé von Ku´“, flötete Fifi.
„Wir lassen natürlich bitten“, antwortete ich wie aus der Pistole geschossen.
Doch Charles hob Einhalt gebietend die Hand. „Ich mache das schon, Fifi.“ Er warf mir einen bedeutsamen Blick zu. Natürlich. Ich durfte mich nicht sehen lassen. Wer noch nicht selbst in meiner Lage war, kann sich wohl nicht vorstellen, wie erniedrigend dieses Versteckspiel ist. Schweren Herzens und mit hängenden Ohren kletterte ich vom Tisch.
Charles verließ unterdessen das Zimmer, wurde aber kurz hinter der Tür bereits abgefangen.
„Mister Eagleton!“ Mein hübscher Kobold hatte sich offenbar nicht lange mit Höflichkeitsregeln aufgehalten, sondern war Fifi beinahe bis zum Speisesaal gefolgt. Als Charles den Flur betrat, wurden ihre federleichten Schritte hörbar. Nach den Geräuschen zu urteilen, flog sie Charles gerade regelrecht in die Arme. „Oh Mister Eagleton! Wo sind nur meine Manieren“, meinte sie kichernd. „Das kann nur Ihre Schuld sein. Bevor ich Sie kennen lernte, war ich ein wohl erzogenes Mädchen.“
Nun leben sie, mein lieber Zuhörer, natürlich in einer völlig anderen Welt als ich. Nach unseren Maßstäben war Julies Verhalten absolut skandalös. Schon dafür verliebte ich mich in diesem Augenblick erneut in meinen Wirbelwind. Charles fehlten nach dieser Begrüßung erst einmal die Worte. Ihre fröhliche Stimme ließ mich so sehr dahinschmelzen, dass ich mitten im Zimmer stehen blieb. Fifi nahm mich auf und setzte mich in ein Regal
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