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Stefan George - Karlauf, T: Stefan George

Stefan George - Karlauf, T: Stefan George

Titel: Stefan George - Karlauf, T: Stefan George Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Karlauf
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in Georges Auftrag Veranstaltungen, über die er ihm anschließend berichtete, und ließ mehrere Propagandaartikel unter seinem Namen erscheinen. So konnte George, der bisweilen auch unter Kleins Namen auftrat, in den frühen Berliner Jahren aus dem Hintergrund operieren, ohne Gefahr zu laufen, in den täglichen literarischen Scharmützeln verschlissen zu werden. Klein war gewissermaßen Schild und Schwert der neuen Kunst-Partei, und in dieser Doppelfunktion trug er erheblich zur frühen Mythenbildung um die Blätter für die Kunst bei. George hatte den Vornamen August zu Carl August erweitert, um anzudeuten, dass Klein für ihn »eine ähnliche Rolle spielte wie der Herzog Carl August im Leben Goethes«. 79
    Wenn sich Konflikte anbahnten, insbesondere in Georges heiklem Verhältnis zu Hofmannsthal, wurde Klein als Prellbock vorgeschoben. Aufgrund seines stets auf Ausgleich bedachten Naturells suchte er dann mäßigenden Einfluss zu nehmen. »Möge sich in unsren ansichten keine zu grosse differenz ergeben«, schrieb er nach einem Streit zwischen George und Hofmannsthal im Mai 1893 an diesen. Der Entwurf, den George seinem Adlatus vorgelegt hatte, endete weniger verbindlich: »Wenn unsere anschauungen allerdings so weit auseinandergehen so ist ein ferneres gemeinsames wirken unmöglich.« 80 Er bitte ihn, so Klein zwei Wochen nach Eröffnung ihrer Korrespondenz an Hofmannsthal, »dass Sie mit meiner stellung zwischen feuer und pfanne das nötige mitleid haben«. 81
    Klein musste sich vieles gefallen lassen, aber seiner uneingeschränkten Bewunderung für George tat dies keinen Abbruch. Er scheint es manchmal geradezu genossen zu haben, von ihm gemaßregelt zu werden. Einmal notierte George am Ende eines Briefentwurfs für Klein: »Wenn Sie nur auch einmal in einem so insolenten/souveränen ton
schreiben lernten!« 82 Klein, dieser unstete, flackernde Geist, habe »die feste Hand« gebraucht, um in der Gefolgschaft Georges zu seiner wahren Bestimmung zu finden, hieß es später bei Wolters. 83 Was George für richtig hielt, hielt auch Klein für richtig, und so setzte er, in der Gewissheit, einer großen Sache zu dienen, Georges Wünsche und Anordnungen nach Kräften um. Er erging sich in hymnischen Stilisierungen – »Sie grosser Held«, »Mein herr und gebieter« -, suchte gelegentlich aber auch seine Zuflucht in der Ironie: »Sie schreiben immer niedlichere berichte, majestät. Keiner frage lassen Sie antwort zu teil werden.« 84 Wenn ihn George dann zur Disziplin mahnte, tat Klein auf der Stelle Abbitte: »Vorwurf nichts als vorwurf höre ich aus Ihrem munde und ich habe es verdient. Aufrichtig bereue ich meine vernachlässigung, aber Sie kennen sie ja zur genüge. O seit Sie mir wieder einmal zeigten wie schwach ich bin – wie ist mir da! Ja ich glaube immer noch nicht an mich.« 85
    Kleins Minderwertigkeitskomplexe rührten aus seiner völligen Talentlosigkeit zum Dichten. Obwohl ihm die Lyrik Georges schwer zugänglich war und ihm die Übersetzungen deutlich mehr zusagten, bewunderte er uneingeschränkt, was George hervorbrachte, und dankte für jeden Hinweis, wie er selber es besser machen könnte. »Heute morgen träumte ich von Ihnen«, schrieb er Ende Juni 1891 an George. »Wir waren zusammen: Sie so gross und königlich ich so klein und weinend an der starken brust«, und er unterzeichnete: »Ein verlorener und bald verschollener:« 86 Als George sechs Monate später Hugo von Hofmannsthal kennenlernte, erstattete er Klein umgehend Bericht und legte das Gedicht bei, das Hofmannsthal ihm gewidmet hatte – »Einem, der vorübergeht«. Klein reagierte offenbar ziemlich eifersüchtig, so dass George ihn wieder einmal zurechtweisen und Klein sich erneut verteidigen musste:
    Teurer Sie halten es für eifersucht dass ich so nichtige worte über »Loris« sprach? Zu eifersucht gehört eine gewisse selbstwertschätzung die mir – Sie wissen – so häufig fehlt. Ich habe das Gedicht Hugo von Hofmannsthals wieder gelesen und erkenne es als wunderbar, ich halte es für den monolog einer frau oder ist es auf den dichter der Hymnen? Ich bin entzückt über das
was ich verstehe und bin ebenso entzückt über das was ich noch nicht verstehe. Meinen glückwunsch dass Sie einen congenialen menschen gefunden Einen dem nicht allein ein tiefes verständnis eignet sondern die stolze fähigkeit seine seelischen erlebnisse auf zarter harfe vornehm zu offenbaren. 87
    Klein steht am Beginn einer langen Reihe untertäniger

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