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Stefan Zweig - Gesammelte Werke

Stefan Zweig - Gesammelte Werke

Titel: Stefan Zweig - Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Zweig
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EINZIGE STIMME (aus der Menge, schwach):
    Es lebe Jerusalem!
    DIE AUFREIZENDE STIMME (grell):
    Wer ist Jerusalem? Hat es Magen und Blut? Steine und Mauern sind nicht Jerusalem. Wir sind Jerusalem!
    DIE MENGE:
    Ja! Wir sind Jerusalem… wir wollen leben… wir wollen nicht verhungern… Meine Kinder sollen leben… Was ist mir Jerusalem? Brot… Brot…
    ABIMELECH (aufstampfend):
    Ruhig, Volk! In die Häuser mit euch! Was steht ihr müßig auf dem Markt statt an der Mauer! Es ist Krieg jetzt.
    EIN WEIB:
    Warum ist Krieg?
    VIELE STIMMEN:
    Ja, warum? Warum ist Krieg? Machen wir Friede… Friede… Friede… Brot…
    DIE AUFREIZENDE STIMME:
    War uns nicht wohl unter Nabukadnezar, war sein Joch nicht sanft, und linde unsere Tage?
    VIELE STIMMEN:
    Ja… ja… Friede mit ihm… Friede… Ja… ja… Endet den Krieg… Nieder mit dem Krieg… Fluch dem, der ihn begann…
    EIN WEIB:
    Zedekia hat ihn gewollt um der Ägypter willen…
    STIMMEN:
    Ja… Er hat uns verkauft… Unsere Räte haben uns verraten… Zedekia hat uns verraten… er hat sich verkrochen bei seinen Weibern.
    ABIMELECH:
    Wer wagt, den Gesalbten des Herrn zu schmälen? Der Erste ist er im Kampfe…
    DIE AUFREIZENDE STIMME:
    Das ist nicht wahr!
    ABIMELECH:
    Wer sagt, es ist nicht wahr? Er trete vor, der Verleumder, ich will ihn vor mein Schwert. Wer hat es gesagt?
    (DIE MENGE schweigt.)
    ABIMELECH:
    Hütet euch vor den Verleumdern! Und jetzt in die Häuser, und wer Kraft hat, an die Wälle.
    STIMMEN (von rückwärts):
    Nachum… Nachum… da ist er.
    DIE MENGE (verteilt sich, flutet gegen Nachum, den sie umringt):
    Nachum, guter Nachum… Gib uns Brot… Brot… Brot… Du bist der Gerechte… Nachum… Hilf uns… Guter Nachum…
    NACHUM (sich losringend):
    Laßt mich los! Gebt mich frei!
    DIE MENGE (hinter ihm die Treppen emporwogend):
    Nachum, Nachum…
    ABIMELECH:
    Zurück mit euch!
    (DIE KNECHTE heben die Speere, die Menge bleibt schreiend unten.)
    NACHUM:
    Was wollt ihr von mir?
    EINE STIMME:
    Die Speicher schließ auf!
    NACHUM:
    Sie sind leer. Jedem ein Brot des Tages, das muß reichen.
    DIE STIMMEN VON FRÜHER:
    Ich habe keines bekommen… ich auch nicht… tu auf die Speicher… tu auf die Speicher…
    NACHUM:
    Die Speicher sind leer.
    DIE AUFREIZENDE STIMME:
    Wir wollen sie sehen.
    VIELE STIMMEN:
    Ja, wir wollen sie sehen… ich glaube es nicht… es ist nicht wahr… mit unseren Augen wollen wir es sehen… schließe sie auf… wir wollen selbst sehen… ja… ja… schließe auf… ich glaube es nicht…
    NACHUM:
    Ich schwöre euch…
    DIE AUFREIZENDE STIMME:
    Wir glauben nur, was wir sehen. Zuviel hat man uns gelogen.
    VIELE STIMMEN:
    Ja… alle haben uns belogen… die Priester… Ja, alle… der König… Her mit den Schlüsseln… Alle haben sie Lügen gesagt… Sieg haben sie verkündet.
    ANDERE STIMMEN (immer stärker ausbrechend):
    Wo sind die Ägypter… Wir wollen sie sehen… Zedekia hat sie verheißen… Wo sind die Wunder… Wo sind sie… wo… Brot… Brot… Her mit den Schlüsseln… Brot… Her mit den Schlüsseln…
    (DIE MENGE ist wieder mächtig aufgewogt gegen die Treppen. Sie bedrängen Nachum und suchen ihm die Schlüssel zu entreißen.)
    NACHUM:
    Zu Hilfe! Zu Hilfe!
    ABIMELECH (dreinschlagend mit seinen Knechten):
    Hinunter, ihr Rotte! Hinunter! Hinunter!
    EINE STIMME:
    Wehe, ich bin getroffen!
    VIELE STIMMEN:
    Wehe… mein Kind… er hat mich geschlagen… Mörder… Mörder… Wehrlose schlagt ihr… Sie morden uns… Mein Kind… Wehe… Gewalt…
    EIN WEIB (sich das Gewand aufreißend):
    Hier hat er mich getroffen! Ich blute! Ich blute! Seht her!
    DIE MENGE (die zurückgeworfen ist, stößt Wutschreie aus):
    Rache… Nieder mit ihnen… nieder!
    ABIMELECH:
    Zum letztenmal! In die Häuser mit euch! Räumt den Platz, oder ich fasse das Schwert!
    DIE GRELLE AUFREIZENDE STIMME:
    Unser ist der Markt, unser die Stadt!
    VIELE STIMMEN:
    Ja, wir bleiben.
    EIN WEIB:
    Ich bleibe, bis der König kommt.
    STIMMEN:
    Ja… ja…
    DAS WEIB:
    Mein Kind werfe ich ihm vor die Füße. Er soll es nähren. Ich weiche nicht, ehe ich nicht Brot habe.
    ANDERE:
    Ich bleibe… wir warten… ich weiche nicht… ich bleibe.
    EINE STIMME (von rückwärts durch das Gedränge):
    Abimelech, wo ist Abimelech?
    ABIMELECH:
    Hier bin ich!
    DIE MENGE:
    Dort ist er, der Verruchte… der Mörder…
    DER BOTE:
    Zu Hilfe, Abimelech… Am Tore Moria sind sie eingedrungen.
    (DIE MENGE stößt einen Schreckensschrei aus.)
    ABIMELECH (mit dem Schwert sich

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