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Stehaufmaennchen

Stehaufmaennchen

Titel: Stehaufmaennchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Maria Profitlich
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ich mir unter Abenteuer was anderes vorgestellt habe ...

14. Höhere Schule
7. September 1974
    Heute hab ich meinen ersten Tag in der neuen Schule. Eine Realschule, wie meine alte Schule auch. Bin in die siebte Klasse gekommen. Vom Alter her hätte ich in die achte Klasse gekonnt. Von meinen schulischen Leistungen her nicht. Schule war noch nie so mein Ding.
    In der ersten Stunde haben wir Englisch. Drücke mich in die letzte Bank und mache mich klein. Der Englischlehrer, Mister Oldfield, findet mich trotzdem und meint, ich solle mich mal vorstellen. Stelle mich hin.
    »Hallo, mein Name ist Markus ...«
    »In English, please!«
    »Yes, Sir! Hello, my name is Marcus Mariah Profitlick and I was born in ... ähm ... in a hospital by my mother.«
    Puh. Geschafft. Setze mich. Doch Mister Oldfield hat noch mehr auf dem Herzen.
    »Go on!«
    »What?«
    »GO ON!«
    Ich soll angehen? Was will der Mann von mir? Eigentlich sollte ich das alles ja aus dem Effeff können, aber wie bereits erwähnt, Schule war nie so mein Ding. Bin verunsichert und kriege einen roten Kopf. Erstes Gekichere. Geht ja prima los hier.
    »Markus, where do you live?«
    Stehe wieder auf.
    »In ähm ...«
    Verdammt, was heißt Siegburg auf Englisch? Victorycastle? Bestimmt nicht. Siegburg aber bestimmt auch nicht, denn Köln heißt auf Englisch auch nicht Köln, sondern Cologne. Fange an zu schwitzen.
    »I live ...«
    Verdammt! Verlaufsform vergessen!
    »I am living in ähm ... Germany! Western Germany!«
    Gelächter. Ich darf mich setzen. Mister Oldfield schaut mich verächtlich an und schreibt etwas in seinen Notizblock. Dann schlagen wir die Bücher auf. Ein Mitschüler fängt an zu lesen. Verstehe kein Wort. Die Ansprüche in dieser Schule scheinen etwas höher zu sein als in meiner alten Schule. Obwohl ich in meiner alten Schule auch nicht so viel verstanden habe. Englisch ist eben nicht mein Ding. Schule übrigens auch nicht. Meine Gedanken streifen ab. Irgendwann schau ich auf die Uhr. Noch vier Minuten. Dann wendet sich Mister Oldfield an mich.
    »Markus, please read! Page four!«
    Schlage Seite vier auf. Immerhin. Das hab ich verstanden. Ich starre auf die fremdartigen Worte in meinem Buch und beginne zu lesen, wobei ich mir größte Mühe gebe, es so klingen zu lassen, als würde ich verstehen, was ich lese:
    »Jason is at the office and needs to go to the restroom. But when he gets there, he discovers that it’s now only for women! It used ...«
    »STOP!«

    Scheint ganz gut gewesen zu sein.
    »And now, Markus, translate, please!«
    Übersetzen? Jetzt noch? So kurz vor Ende? Muss Zeit gewinnen. Zuerst bekomme ich einen Hustenanfall. (Den Trick hab ich von Opa.) Nachdem ich mich beruhigt habe, schiele ich auf die Uhr. Noch drei Minuten. Mister Oldfield steht neben mir und guckt mich streng an. Versuche möglichst unschuldig zu wirken.
    »Welchen Satz soll ich noch mal übersetzen?«
    »IN ENGLISH, PLEASE!«
    »Jason is at the office ...«
    »TRANSLATE THIS SENTENCE!«
    Noch zwei Minuten. Es hilft nichts. Weiche auf die alte »Ich muss mal«-Notlüge aus und frage, ob ich mal austreten darf. Natürlich in lupenreinem Englisch.
    »Can I kick off?«
    »WHAT?«
    »Ähm ... piss ... piss off!«
    PANG! Sofort fang ich mir eine Ohrfeige. Toll. Noch keine Stunde hier, und schon eine Ohrfeige. Bekomme einen Eintrag ins Klassenbuch. Dann klingelt es. In der kurzen Pause werde ich gefeiert. Wie ich es dem alten Oldfield gegeben hätte. Wow! Das hätte sich noch keiner getraut. Verstehe nur Bahnhof. Also main station.

    Zweite Stunde. Deutsch bei Herrn Tattenberg. Zwänge mich wieder in die letzte Reihe und mache mich extra klein. Trotzdem kommt Tattenberg direkt auf mich zu und sieht mich mit einem schmallippigen Grinsen an.
    »Aha. Ein neuer Schüler. Ob er sich wohl mal vorstellen möchte?«
    Ich weiß nicht, von wem Tattenberg redet. Ich dachte bis jetzt, ich sei der einzige neue Schüler. Antworte deshalb:
    »Das weiß ich nicht. Da sollte man ihn am besten selber fragen.«
    Tattenbergs Grinsen friert ein. Sein Gesicht bekommt einen Ausdruck, der einem das Blut in den Adern gefrieren lassen kann. Seine Stimme wird sehr leise.
    »So, so ... große Klappe hat das Bürschchen. Das werden wir ihm noch austreiben, nicht wahr?«
    Weiß immer noch nicht, von wem er redet. Weiß nur, dass ich nicht in der Haut dieses Bürschchens stecken möchte. Antworte:
    »Genau. An seiner Stelle würde ich die Klappe nicht so weit aufreißen.«
    PANG! Zweite Ohrfeige.

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