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Stehaufmaennchen

Stehaufmaennchen

Titel: Stehaufmaennchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Maria Profitlich
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die Schweißdrüsen ans Werk und zeigen ihrer Umwelt, was in ihnen steckt. Und das ist eine ganze Menge. Um wieder Herr über meinen Geruch zu werden, dusche ich, wenn möglich, stündlich. Bei längerer Abwesenheit (Schule) versuche ich die Tätigkeit meiner Schweißdrüsen zu kaschieren, indem ich Unmengen rohen Knoblauch esse.
8. März 1975
    Das mit den Pickeln wird langsam zum Problem. Komme mit dem Ausdrücken nicht mehr nach. Keine schöne Sache. Die Ausdrückerei hinterlässt nämlich hässliche Spuren. Auf meinem Gesicht und dem Badezimmerspiegel. Vor allem die unterirdischen Pickel sind sehr hartnäckig. Stundenlang quetscht man auf der Haut herum, bis sie aufgeben und die weiße (eigentlich gelbe) Fahne schwenken. Mama meint, ich soll Pickelwasser nehmen. Pickelwasser! Pah! So ein Mädchenkram kommt mir nicht an meine empfindliche Haut!
10. März 1975
    Der enorme Verzehr von Knoblauch erweist sich als extrem verdauungsfördernd. Heute gerade noch rechtzeitig auf die Toilette geschafft.
12. März 1975
    Sehr hartnäckiges Pickel-Exemplar entdeckt. Hat sich in der Hautfalte zwischen Nase und Backe versteckt. Das Mistding ist kaum zu packen, weil es immer wegflutscht. Bräuchte etwas mit mehr Grip zum Ausdrücken. Hole den Werkzeugkasten und suche darin nach einer Gripzange. Die kann man langsam zudrücken, und sie bleibt dann in der Stellung, bis man einen Verschluss löst. Damit kann man wunderbar rostige Schrauben entfernen. Warum also keinen Pickel?
    Stehe vor dem Badezimmerspiegel und setze die Gripzange an. Drücke langsam zu. Tut weh, denn meine Gesichtshaut ist durch meinen Krieg gegen die Akne schon ziemlich mitgenommen. Mein Gesicht stellt sozusagen einen einzigen großen Kollateralschaden dar.
    Drücke ein bisschen fester zu. Schmerz, doch der unterirdische Pickel bleibt weiter in seinem Schützengraben und gibt nicht auf.
    Mama kommt ins Bad. Erschrecke mich und drücke voll zu. Die Zange rastet ein und quetscht die Hautfalte ein. Mama schaut entsetzt auf das in meinem Gesicht baumelnde Werkzeug und fragt, was ich denn da tue.
    »KÖRPERPFLEGE! SIEHT MAN DOCH!«
    »Ich sag doch, du bist launisch.«
    »ICH BIN NICHT LAUNISCH!«
    Mama geht kopfschüttelnd raus. Könnte heulen. Versuche die Gripzange zu lockern. Der Verschluss klemmt. Jede kleinste Bewegung verursacht große Schmerzen. Versuche behutsam mit einer Rohrzange den Verschluss der Gripzange zu lösen. Schwierig, da ja alles spiegelverkehrt ist. Außerdem rutscht die Rohrzange immer ab. Nehme eine zweite Gripzange, mit der ich mir prompt den Nasenrücken einklemme. Habe jetzt zwei Zangen im Gesicht hängen und komme mir vor wie Frankenstein. Rufe um Hilfe. Mama kommt, sieht mich an, sagt aber nix. Ist auchbesser so. Mit Hilfe von Fahrradöl, einem Schraubenschlüssel und körperlicher Gewalt können wir zu zweit die Zangen aus meinem Gesicht operieren. Schaue in den Spiegel. Da, wo mal mein Gesicht war, ist jetzt eine rote aufgequollene Masse. Hat was von Rollbraten. Rohem Rollbraten. So sieht also jemand aus, der mitten in der Pubertät steckt. Mama meint, mit Pickelwasser wäre das nicht passiert. Pickelwasser! Pah! Mädchenkram!
13. März 1975
    Frage in der Drogerie diskret nach Pickelwasser. Betone mehrmals, dass es nicht für mich sei, sondern für meine Schwester. Ich würde so was ja nicht brauchen. Der Verkäufer schaut nachdenklich in mein Gesicht und gibt mir eine Maxi-Packung. Zuhause schließe ich mich im Bad ein. Braucht ja keiner zu merken, dass ich auf Mädchenkram zurückgreife. Studiere die Packungsaufschrift. Desinfizierend. Nur äußerlich anwenden. Als ob ich das Zeug trinken würde. Für wie blöd halten die einen? Ach ja, ist ja für Mädchen gemacht. Die sind wahrscheinlich so blöd. Öffne die Flasche und schütte mir den kompletten Inhalt übers Gesicht. Schlagartig weiß ich, wie sich ein Hummer fühlt, der in kochendes Wasser gesteckt wird. Der desinfizierende Alkohol wird von den Wunden in meinem Gesicht geradezu aufgesogen. Möchte schreien, kriege aber keine Luft, weil die Nerven in meinem Körper mit der Übertragung der Schmerzbotenstoffe überlastet sind und mein Zwerchfell kurzfristig die Funktion eingestellt hat. Stand auf der Packung auch irgendwas von der Menge? Taste hektisch nach der Packung, finde sie nicht, was auch egal ist, denn lesen kann ich sowieso nix mehr, weil der Alkohol neben meiner Haut auch meine Augäpfel gründlich desinfiziert hat. Wasser! Taste mich Richtung Badewanne und ergreife den

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