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Stehaufmaennchen

Stehaufmaennchen

Titel: Stehaufmaennchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Maria Profitlich
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bleibt hart. Ich soll mit einem Mofa noch warten. Worauf? Bis ich hundert Kilo wiege?
2. August 1976
    Peter hat einen Kumpel, der einen kennt, der gebrauchte Mofas billig verkauft. Ingo. Die Kontaktaufnahme erweist sich als schwierig, da Ingo zwei Wochen Jugendarrest hat. Wegen Hehlerei. Bin verunsichert. Peters Kumpel beteuert aber, dass Ingo das Opfer eines Justizirrtums sei. So wie die berühmte Vera Brühne. Und dass er im Gegensatz zu Vera Brühne in ein paar Tagen wieder draußen ist. Bin beeindruckt. Es gibt bestimmt keinen in Siegburg, der von einem Leidensgenossen Vera Brühnes ein Mofa gekauft hat.
8. August 1976
    Peters Kumpel hat ein Treffen mit Ingo arrangiert. In der Eisdiele. Peter und ich sollen so tun, als würden wir Ingo nicht kennen und ihm dann unauffällig hinterhergehen. Ein Mofa zu kaufen hatte ich mir einfacher vorgestellt. Der erste Teil des Plans funktioniert perfekt, denn Peter und ich brauchen noch nicht mal so zu tun, als würden wir Ingo nicht kennen. Wir kennen ihn tatsächlich nicht. Essen ein Eis nach dem anderen und gehen wieder. Das Budget fürs Mofa ist um sechs Eisbecher Hawaii schmaler geworden.

9. August 1976
    Wieder mit Peter in der Eisdiele. Weil ich keine Lust mehr habe auf Eisbecher Hawaii, frage ich direkt einen jungen Typen mit Kappe, ob er Ingo sei. Der Typ macht »psst« und nickt kaum wahrnehmbar mit dem Kopf. Dann steht er auf und geht unauffällig raus. Peter und ich gehen ebenso unauffällig hinterher. Komme mir vor wie ein Geheimagent. Spannend, so ein Mofakauf. Peter meint, Ingo wäre jetzt wahrscheinlich so berühmt wie Vera Brühne und müsse sich vor Autogrammjägern verstecken. Das leuchtet ein.
    In einem Hinterhof zeigt uns Ingo ein Mofa. 700 Flöhe will er haben. Bar auf die Kralle. 700 Flöhe hab ich nicht, geschweige denn Mark. Wie viele Kröten ich denn hätte. Was hat der Typ nur ständig mit seinen Tieren? Ich gestehe, dass ich nur 150 Mark habe. Abzüglich der sechs Eisbecher Hawaii. Ingos Miene verfinstert sich. Dann zeigt er mir ein anderes Mofa. Eine Motobécane Mobylette. Blau und ohne Sattel. Das Mofa macht keinen besonders guten Eindruck. Wäre es ein Pferd, würde man ihm den Gnadenschuss geben. Doch Ingo meint, die Kiste würdelocker siebzig Stuckis machen. Er hätte den Motor gepimpt und er liefe wie Ass Muff. Schaue Peter an, der für mich übersetzt. Aha. Siebzig Stundenkilometer. Mit Ass Muff. Frage Ingo, ob ich eine Probefahrt machen kann. Ingo schaut Peter an. Peter übersetzt. Ich wolle den Bock reiten. Ingo ist erschüttert über so viel Misstrauen. Den Bock zu reiten sei schwierig, wegen Krach und der Nachbarn und überhaupt. Außerdem sei kein Benzin im Tank. Aber die Kiste liefe. Er sei eben noch damit gefahren. Ehrenwort. Bin nicht richtig überzeugt. Ingo bemerkt meine Skepsis und willigt ein. Okay, ich könnte zwei Runden drehen. Auf dem Hof. Aber nur, wenn ich den Motor nicht anlasse. Na also, geht doch! Ich strampele mangels Sattel im Stehen mit der Mobylette über Ingos Hof. Wunderbar! Meine ersten Meter auf einem Mofa! Das Fahrgefühl ist vertraut, denn das Handling der Mobylette erinnert stark an mein Klapprad. Schlage begeistert ein. Alleine der Besitz eines Mofas vermittelt schon das Gefühl von Freiheit und Abenteuer. Wie muss es erst sein, damit zu fahren? Mit Motor! Und Ass Muff!
    Kurz darauf schiebe ich zusammen mit Peter meine Errungenschaft zur Tankstelle. Ein Mofatank fasst ungefähr vier Liter. Als ich bei acht Litern bin, werde ich stutzig. Peter zeigt auf eine Benzinpfütze unter der Mobylette. Wir inspizieren den Tank und finden ein Loch. Kaufe eine Packung Wrigley Zitrone. Peter und ich kauen schweigend. Neben einem Mofa Kaugummi zu kauen macht direkt mehr her. Nach zwanzig Minuten dichten wir den Tank mit den ausgelutschten Kaugummis ab. Ich tanke noch mal vier Liter. Dicht! Bis jetzt hat meine Mobylette schon acht Liter gebraucht. Auf null Kilometer. Das schafft noch nicht mal eine Harley.
    Dann kommt der große Moment. Ich steige in die Pedale, radele los – natürlich im Stehen – und lass die Kupplung kommen. Der Motor hustet und springt an! Mein Mofa lebt! Ich bin glücklich und vergesse alles um mich herum. Peter, mein Portemonnaie auf der Tanksäule und wohl auch das Benzin zu bezahlen. Egal. Das Gefühl von Freiheit und Abenteuer stellt sich ein, und ich gerate in einen Geschwindigkeitsrausch. Bis ich von einem Klapprad überholt werde. Der Mann auf dem Klapprad schwingt einen Auspuff und brüllt, ob

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