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Steife Prise

Steife Prise

Titel: Steife Prise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Persönlichkeiten, insbesondere solche mit finsterem Herzen, und auch generell auf jeden, der interessant genug war, um der endlosen verrückten Zirkusvorstellung des Straßenlebens von Ankh-Morpork etwas hinzuzufügen; und auch wenn es ein gesellschaftlicher Faux pas war, einen Trinker zum Vater zu haben, dann war doch ein Urururgroßvater, der so viel Branntwein in sich hineinschütten konnte, dass sein Urin mit Sicherheit brennbar gewesen wäre, und der, Willikins zufolge, anschließend nach Hause ging, um einen Steinbutt zu verputzen und noch eine gebratene Gans (mit den dazugehörigen Weinen) hinterherzuschieben, und der dann bis zum Morgengrauen mit seinen Kumpels eine Runde Schweinskarree 10 spielte, wobei er seine Verluste von vorher wieder zurückgewann … Also, für solche Geschichten ließen die Leute sich ebenso begeistern wie für Persönlichkeiten, die der Welt einen Arschtritt verpassten und ihr trotzig ins Gesicht schrien. Auf so einen Vorfahren konnte man mit Sicherheit stolz sein!
    »Ich glaube … ich glaube, ich gehe ein bisschen spazieren«, sagte Mumm. »Ich sehe mich draußen mal um, mache mich auf eigene Faust ein wenig mit dem Landleben vertraut.«
    »Willikins soll dich begleiten, Liebster«, meinte Lady Sybil, »nur für alle Fälle.«
    »Was denn für Fälle, Liebes? Du weißt doch, dass ich Nacht für Nacht durch die Straßen der Stadt gehe. Ich glaube nicht, dass ich für einen kleinen Spaziergang auf dem Land einen Aufpasser brauche. Ich möchte mich in die neue Umgebung einfühlen, die Narzissen betrachten und sehen, ob sie mich mit Freude erfüllen oder was auch immer sie bewirken sollen. Vielleicht bekomme ich einen der seltenen Tauchsänger zu Gesicht und kann dabei zusehen, wie die Maulwürfe die Flucht ergreifen. Schon seit Wochen lese ich die Naturseiten in der Zeitung. Ich glaube, ich kann das schon allein, Liebes. Der Kommandeur der Stadtwache hat keine Angst vor dem Anblick des Grauschnäppers!«
    Die Erfahrung hatte Lady Sybil gelehrt, wann es klüger war, nicht mit ihm zu streiten, deshalb gab sich sich mit einem »Dann bringe aber wenigstens niemanden gegen dich auf, hörst du, Liebster?« zufrieden.
    Nachdem er zehn Minuten gegangen war, hatte Mumm sich verirrt. Nicht im herkömmlichen, sondern eher im metaphorischen, spirituellen und peripatetischen Sinne. Die aus den Hecken aufsteigenden Düfte waren im Vergleich zum handfesten Gestank der Stadt irgendwie körperlos, und er hatte nicht die geringste Ahnung, was dort im dichten Gestrüpp umherraschelte. Er erkannte Färsen und Ochsen, weil er sich des Öfteren im Schlachthofviertel aufhielt, aber die Viecher hier draußen waren anders. Sie waren keineswegs völlig perplex vor Angst, sondern musterten ihn aufmerksam, und als er an ihnen vorüberging, schienen sie sich in aller Ruhe Notizen zu machen. Genau – das war’s! Diese Welt hier war völlig verkehrt herum! Er war Polizist, war schon immer Polizist gewesen und würde auch als Polizist sterben. Man hörte nie auf, Polizist zu sein, jedenfalls nicht im Großen und Ganzen gesehen, und als Polizist bewegte er sich mehr oder weniger unsichtbar in der Stadt. Erkannt wurde er nur von den Leuten, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, Polizisten zu erkennen, weil ihre ganze Lebensgrundlage davon abhing, die Polizisten früher auszumachen als die Polizisten sie. Ansonsten verschmolz man meistens mit seiner Umgebung, bis der Schrei, das Klirren zerbrochenen Glases und das Geräusch verbrecherischer Schritte einen auf den Plan brachten.
    Hier jedoch schien ihn alles zu beobachten. Ständig huschte etwas eilig hinter eine Hecke, flog erschrocken auf oder raschelte einfach nur verdächtig im Unterholz. Er war der Fremde, der Eindringling, der hier nicht erwünscht war.
    Er bog um eine Ecke, und da lag das Dorf vor ihm. Die Schornsteine hatte er schon aus einiger Entfernung erblickt, aber die Feldwege und Fußpfade kreuzten einander ebenso chaotisch wie die ausladenden Hecken und Bäume. Letztere bildeten zwar schattige Tunnels – was ihm durchaus willkommen war –, führten seinen Orientierungssinn aber immer wieder an der Nase herum – was ihm weniger willkommen war.
    Schließlich wusste er überhaupt nicht mehr, wo er sich befand, ihm war schrecklich heiß, und er hatte generell einfach keine Lust mehr, als er unvermutet auf einer langen staubigen Landstraße mit strohgedeckten Katen zu beiden Seiten herauskam, wo in nicht allzu weiter Ferne ein Gebäude mit dem Schild

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