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Steife Prise

Steife Prise

Titel: Steife Prise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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den beiden Reihen eulenhaft geradeaus starrenden Personals hinauf.
    »Na schön«, flüsterte er, »ich erkenne die Lakaien und die Köche und die Gärtner, aber wer sind diese Kerle in den dicken Jacken und mit den runden Filzhüten auf dem Kopf? Haben wir den Gerichtsvollzieher im Haus?«
    »Das ist ziemlich unwahrscheinlich, mein Schatz. Bei den Herren handelt es sich um einige unserer Wildhüter.«
    »Die Hüte kommen mir irgendwie unpassend vor.«
    »Meinst du? Dabei wurden sie eigens von Lord Bowler entworfen, um seine Wildhüter vor den rüden Angriffen der Wilddiebe zu schützen. Sie sind erstaunlich stabil, habe ich mir sagen lassen, und viel besser als Stahlhelme, weil es einem nicht so hässlich in den Ohren klingelt.«
    Der Butler und die Haushälterin, die beide den traditionellen Leibesumfang und den rosigen Teint zur Schau trugen, den Mumm bei derlei Gelegenheiten inzwischen schon erwartete, konnten ihr Missvergnügen darüber, dass ihr neuer Herr zuerst die Hand eines Gärtners geschüttelt, ehe er einen von ihnen begrüßt hatte, kaum verbergen. Da ihr Herr nicht zu ihnen heraufgekommen war, eilten sie nun, so schnell sie ihre kleinen Beine trugen, zu ihm herab.
    Mumm wusste ziemlich gut, wie es beim Hauspersonal so zuging. Es war noch nicht allzu lange her, dass man Polizisten, die in ein vornehmes Haus gerufen wurden, zur Hintertür schickte, wo sie irgendein schluchzendes Zimmermädchen oder einen nicht allzu hellen Stiefelputzer mitnehmen sollten, die angeblich einen Ring oder eine Bürste mit Silbergriff gestohlen hatten, welche die Dame des Hauses wenig später, sobald sie ihren Gin ausgetrunken hatte, höchstwahrscheinlich wiederfinden würde. Dafür waren Polizisten eigentlich nicht da, obwohl Polizisten in Wirklichkeit natürlich genau dafür da waren. Alles drehte sich um Privilegien, und noch ehe der junge Mumm sein erstes Paar Polizeistiefel abgetragen hatte, hatte ihm sein Feldwebel erklärt, was das bedeutete. Es bedeutete so viel wie Privatrecht. Damals konnte sich ein einflussreicher Mann so gut wie alles erlauben, vorausgesetzt, er verfügte über die richtige Ausdrucksweise, das richtige Wappen auf der Krawatte oder die richtigen Freunde; und ein junger Polizist, der sich womöglich dagegen auflehnte, stand im Handumdrehen ohne Arbeit und ohne Empfehlungen da.
    Zum Glück war das heute nicht mehr so, nicht einmal annähernd.
    Doch aus jenen Tagen waren Mumm Butler noch als durchtriebene Doppelverräter bekannt, und genau deshalb bedachte er den großen Mann im schwarzen Frack vorsichtshalber mit einem Blick, der ihn glatt durchbohrte. Dass er Mumm daraufhin kurz zunickte, machte die Sache nicht besser. Mumm lebte in einer Welt, in der salutiert wurde.
    »Ich bin Silber, der Butler, Euer Gnaden«, intonierte der Mann mit leicht tadelndem Unterton.
    Mumm ergriff sofort seine Hand und schüttelte sie herzlich. »Freut mich, Sie kennenzulernen, Herr Silber!«
    Der Butler zuckte zusammen. »Silber, Euer Gnaden, nicht Herr Silber.«
    »Tut mir leid, Herr Silber. Wie heißen Sie denn mit Vornamen?«
    Das Gesicht des Butlers war das reinste Unterhaltungsprogramm. » Silber, Euer Gnaden! Immer nur Silber!«
    »Tja, Herr Silber«, erwiderte Mumm, »es gehört nun mal zu meinen festen Überzeugungen, dass alle Männer, wenn sie erst mal die Hosen heruntergelassen haben, völlig gleich sind.«
    »Das mag wohl sein«, sagte der Butler mit steifer Miene, »aber ich bin und werde immer Silber sein, Herr Kommandeur. Guten Abend, Euer Gnaden.« Damit wandte er sich um. »Und guten Abend, Lady Sybil. Es muss schon sieben oder acht Jahre her sein, seit sich zuletzt jemand von der Familie hier aufgehalten hat. Dürfen wir uns schon auf weitere Besuche freuen? Und dürfte ich Euch bitte meine Frau vorstellen, Frau Silber, die Haushälterin, die Ihr, wie ich glaube, noch nicht kennengelernt habt?«
    Mumm konnte seinen Verstand nicht daran hindern, das Gesagte zu übersetzen: Ich bin sauer, dass du mich ignoriert hast, bloß um dem Gärtner die Hand zu schütteln … Was nun wirklich nicht absichtlich geschehen war. Mumm hatte dem Gärtner aufgrund nackter, alles überwältigender Angst die Hand geschüttelt. Die Übersetzung ging noch weiter: … und jetzt mache ich mir Sorgen, dass unser schönes ruhiges Leben hier in nächster Zukunft ein Ende haben könnte.
    »Momentchen mal«, sagte Mumm, »meine Frau ist auch eine Euer Gnaden, wissen Sie, das ist ein bisschen mehr als eine Lady. Syb… ähm … Ihro

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