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Steife Prise

Steife Prise

Titel: Steife Prise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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warten, bis Ihr zu Bett gegangen seid, und sodann die halbe Flasche auszutrinken.«
    Tja, dachte Mumm, wir haben alle unsere komischen kleinen Marotten, wenn auch einige von Willikins’ Marotten bestimmt nicht so komisch wären, wenn er es in einer dunklen Gasse auf einen abgesehen hätte; aber dann hellte sich seine Miene auf, als er sah, wie Willikins in einem gut bestückten Getränkeschrank herumsuchte und akribisch Zutaten in einen gläsernen Mixbecher fallen ließ. 5
    Eigentlich dürfte man mit einem Getränk, das keinen Alkohol enthielt, nicht die Wirkung von Alkohol hervorrufen können, aber zu den Fertigkeiten, die sich Willikins über die Jahre angeeignet oder auch sonst irgendwie beschafft hatte, gehörte die, aus ganz gewöhnlichen und harmlosen Zutaten, wie man sie in jedem Haushalt vorfindet, einen absolut alkoholfreien Drink zu mischen, der fast all das für sich in Anspruch nehmen konnte, was man an Alkohol so schätzte. Tabasco, grüne Gurke, Ingwer und Cayennepfeffer gehörten dazu, darüber hinaus stellte man am besten nicht allzu viele Fragen.
    Mumm lehnte sich mit seinem Drink entspannt zurück und sagte: »Mit dem Personal alles in Ordnung, Willikins?«
    Willikins’ Stimme wurde leiser. »Ach, sie schöpfen hier und da was vom Rahm ab, aber nichts, was meiner Meinung nach den Rahmen sprengen würde. Jeder stibitzt mal etwas, das sind eben die Vergünstigungen, die der Job mit sich bringt. So ist nun mal der Lauf der Welt.«
    Mumm musste über Willikins’ beinahe theatralisch hölzernen Gesichtsausdruck lächeln und sagte laut für den versteckten Lauscher: »Dann ist er also ein zuverlässiger Mann, dieser Silber? Das höre ich gern.«
    »Er kommt mir recht solide vor«, erwiderte der Diener, drehte die Augen nach oben und zeigte auf einen kleinen Gitterrost in der Wand. Es handelte sich um den Einlass des berühmten Rauchabzugs, dessen Mechanismus hinter den Kulissen zweifellos ab und zu jemand aufziehen musste – und würde sich ein Butler, der seinen dicken Bauch wert war, die Gelegenheit entgehen lassen herauszufinden, was der neue Herr so dachte? Auf gar keinen Fall.
    Hier dreht sich nun mal alles um diese speziellen Vergünstigungen. Natürlich hielten die Leute hier die Hand auf. Dafür brauchte es keine Beweise – es lag nun mal in der menschlichen Natur. Er hatte Sybil immer wieder vorgeschlagen – darauf zu bestehen hätte er nie gewagt –, die Bude einfach dichtzumachen und an jemanden zu verkaufen, der ernsthaft in so einem, nach allem was er gehört hatte, knarrenden, hundskalten Gemäuer leben wollte, in dem man ein ganzes Regiment unterbringen könnte. Sie hatte nichts davon wissen wollen. Denn das Gut war für sie, wie sie sagte, von wonnigen Kindheitserinnerungen erfüllt. Hier war sie auf Bäume geklettert, hatte im Fluss gebadet und geangelt, hatte Blumen gepflückt und den Gärtnern geholfen sowie andere ländliche Abenteuer erlebt, die für Mumm so fremd wie der Mond waren. Schließlich hatten seine Kindheitserlebnisse in erster Linie darin bestanden, einfach nur am Leben zu bleiben. Klar konnte man auch im Ankh angeln, vorausgesetzt, man erwartete nicht, etwas zu fangen. Im Gegensatz dazu war es überaus erstaunlich, was man sich alles einfangen konnte, wenn man auch nur einen Tropfen des Ankh in den Mund gelangen ließ. Und was das klassische ländliche Picknicken anging, konnte man als Kind in Ankh-Morpork nicken, so viel man wollte, ohne dass einem irgendjemand auch nur die geringste Beachtung schenkte, und wenn man pickte, dann meistens am eigenen Schorf.
    Ein langer Tag ging zu Ende. Der Gasthausschlaf in der Nacht zuvor war weder sehr gesund noch erholsam gewesen, aber ehe er in das geräumige Bett stieg, machte Mumm ein Fenster auf und blickte in die Nacht hinaus. Der Wind flüsterte in den Bäumen; Mumm hielt nicht viel von Bäumen, aber Sybil mochte sie, und damit hatte sich die Sache. Draußen raschelte, kreischte und schnatterte es, irgendetwas spielte dort in der Dunkelheit regelrecht verrückt, aber er wollte gar nicht genauer wissen, worum es sich handelte. Er hatte keine Ahnung, was das für Viecher waren, und hoffte, dass er es niemals erfahren würde. Wie konnte man bei so einem Radau schlafen?
    Er legte sich zu seiner Frau ins Bett, wälzte sich eine Zeitlang hin und her, bis er sie gefunden hatte, und kam dann allmählich zur Ruhe. Sie hatte ihn angewiesen, das Fenster offen zu lassen, um die angeblich so herrlich erfrischende Luft hereinzulassen,

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