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steigen aus maschine brennt

steigen aus maschine brennt

Titel: steigen aus maschine brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roald Dahl
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mehr da als dieses unermeßliche, undurchdringliche Weiß. Mir wurde übel und schwindlig. Mir war es jetzt ganz einerlei, was passierte, ich saß nur kraftlos da und ließ die Maschine allein fliegen.
    Es schien lange zu dauern, und ich glaube bestimmt, daß ich viele Stunden so gesessen habe. Ich muß eingeschlafen sein. Während ich schlief, träumte ich. Ich träumte nicht von den Dingen, die ich eben gesehen hatte, sondern von alltäglichen Dingen, von der Staffel, von Nikki und von dem Flugplatz hier in Haifa. Ich träumte, ich saß mit zwei anderen vor der Halle in Bereitschaft, da kam ein Anruf von der Marine mit der Bitte, es möchte einer schnell einmal einen Aufklärungsflug über Beirut machen; und weil ich als erster an der Reihe war, sprang ich in meine Hurricane und flog los. Ich träumte, ich flog über Tyrus und Sidon und über den Damour-Fluß und stieg unterwegs auf sechstausend. Dann wandte ich mich landeinwärts über den Libanon, kurvte dann und flog Beirut vom Osten an. Ich war über der Stadt, spähte über den Rand der Kabine hinunter auf den Hafen und versuchte, die beiden französischen Zerstörer zu finden. Bald machte ich sie deutlich aus, dicht nebeneinander festgemacht am Kai, und warf meine Maschine herum und flog mit Höchstgeschwindigkeit nach Hause.
    Die Marine hat sich getäuscht, dachte ich auf dem Rückweg. Die Zerstörer sind noch im Hafen. Ich sah auf meine Uhr. Anderthalb Stunden. ‹Ich war schnell›, sagte ich. ‹Die werden zufrieden sein.› Ich versuchte, über Funk anzurufen, um die Information durchzugeben, aber ich kam nicht durch.
    Dann kam ich hierher zurück. Als ich landete, kamt ihr alle zusammengelaufen und fragtet mich, wo ich zwei Tage lang gewesen wäre, aber ich konnte mich an nichts erinnern. Ich erinnerte mich an nichts weiter, als an den Flug nach Beirut, bis jetzt, als ich sah, wie Paddy abgeschossen wurde. Als seine Maschine aufschlug, ertappte ich mich dabei, wie ich sagte: ‹Du glückliches Aas! Du glückliches, glückliches Aas!› Und während ich es sagte, wußte ich auf einmal, warum ich es sagte und erinnerte mich an alles. Das war, als ich euch rief. Das war der Augenblick, als ich mich erinnerte.»
    Fin hatte seinen Bericht beendet. Keiner hatte sich gerührt oder hatte etwas gesagt während der ganzen Zeit, die er gesprochen hatte. Er scharrte mit seinen Füßen auf dem Fußboden, drehte sich um und sah zum Fenster hinaus. Dabei sagte er leise, fast geflüstert: «Hol mich der Teufel!» Und wir anderen gingen langsam daran, weiter unsere Fliegerbekleidung auszuziehen und in der Ecke auf dem Fußboden zu stapeln; alle außer dem Hirsch, dem kleinen, gedrungenen Hirsch, der dastand und Fin beobachtete, als Fin langsam durch den Raum ging, um seine Kleidung wegzupacken.
    Nach Fins Bericht wurde das Leben in der Staffel wieder normal. Die Spannung, in der wir über eine Woche lang gelebt hatten, verschwand. Unser Flugplatz war wieder ein Ort, an dem man froh sein konnte. Aber keiner erwähnte Fins Reise. Wir sprachen nicht einmal untereinander darüber, nicht einmal, wenn wir uns abends im «Excelsior» in Haifa betranken.
    Die Kämpfe in Syrien näherten sich dem Ende. Jeder konnte sehen, daß sie bald zu Ende sein mußten, obwohl die Vichyleute südlich von Beirut immer noch erbittert kämpften. Wir flogen immer noch. Wir flogen viel über See, über unserer Flotte, die die Küste beschoß, denn wir hatten die Aufgabe, sie vor den Junkers 88 zu schützen, die von Rhodos herüberkamen. Es war der letzte dieser Flüge über der Flotte, bei dem Fin abgeschossen wurde.
    Wir flogen hoch über den Schiffen, als die Jus 88 in großer Zahl herüberkamen und es zu einem Luftkampf kam. Wir hatten nur sechs Hurricanes in der Luft; es waren viele Junkers, und es gab eine nette Schlacht. Ich erinnere mich nicht an viel von dem, was geschah. Das tut man nie. Aber ich erinnere mich, daß es eine hektische, wilde Jagd war; die Junkers stürzten sich auf die Schiffe, die Schiffe bellten sie an, warfen herauf, soviel sie konnten, so daß der Himmel voll von weißen Blumen war, die schnell aufblühten und wuchsen und dann vom Wind weggeweht wurden. Ich erinnere mich an den Deutschen, der in der Luft explodierte, schnell, mit einem weißen Blitz, so daß dort, wo der Bomber gewesen war, nichts mehr war, außer einigen kleinen Stückchen, die langsam nach unten fielen. Ich erinnere mich an den einen, dessen Heckstand weggeschossen war, der dahinflog, während der

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