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Steilufer

Steilufer

Titel: Steilufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Danz
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bewirkten ein unangenehmes Gefühl der Schwäche in ihm und er fühlte sich ziemlich elend. Rasch nahm er die drei Stufen, zwängte sich nach draußen und atmete tief durch. Auch Jansen bewegte sich in Richtung Niedergang, immer wieder die Kajüte taxierend, ob sie auch nichts übersehen hatten. Dann betrat er die kleine Treppe nach draußen. Als er seinen Fuß auf die zweite Stufe gesetzt hatte, hielt er plötzlich inne. Er bückte sich, begann mit beiden Händen das Brett abzutasten und ruckelte dann vorsichtig daran herum. Auf einmal löste es sich aus seiner Halterung und er hob es heraus. Dahinter wurde ein kleiner Hohlraum sichtbar. Ein paar verrostete Münzen, vergessene französische Franc, lagen lose darin herum – und ein kleines Päckchen in Form einer mehrfach zusammengelegten Plastiktüte. Jansen faltete es vorsichtig auseinander, bis er endlich den Inhalt erkennen konnte. Er schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Ich glaub, ich spinne!«
     
    Unruhig lief Anna Floric zwischen Wintergarten und Küche, Restaurant und Bar hin und her. Der Regen hatte aufgehört und erste helle Flecke zeigten sich am Himmel, es schien, als ob die Sonne bald wieder durchkommen würde. Ob sie heute Abend doch die Terrasse für die Gäste öffnen könnten? Immer wieder fing sie mit einer neuen Tätigkeit an und brach sie ab, konnte sich auf nichts so richtig konzentrieren. Der letzte Besuch der Polizisten lag schon eine ganze Weile zurück und Lionel und Yann waren immer noch nicht nach Hause gekommen. Das Bild, das ihr die Kommissare gezeigt hatten, ging ihr nicht aus dem Kopf und sie merkte, wie allmählich eine große Verwirrung und Unruhe von ihr Besitz ergriff. War das wirklich Said? Sie müsste ihn doch erkennen! Wenn nur endlich Yann und Lionel kämen, sie brauchte unbedingt jemanden zum Reden.
    Der Hund hob lauschend den Kopf, sprang dann erstaunlich behände für seine Größe auf die Pfoten und lief zum Eingang, um Lionel und Yann zu empfangen.
    »Wie siehst du denn aus?«
    Der alte Pullover gehörte Yann und war dem Kind einige Nummern zu groß, ebenso wie die abgeschnittene Jeans, die mit einem Gürtel um seine schmalen Hüften festgezurrt war. Außerdem war Lionel barfuß, aber er strahlte.
    »Maman! Ich wäre fast ertrunken! Aber Yann hat mich gerettet!«
    Er rannte auf Anna zu und hängte sich ihr an den Hals.
    »Wie bitte?«
    Sie machte seine Arme los und sah ihn entsetzt an. Dann schaute sie fragend zu Yann, der langsam hinter Lionel hereingekommen war.
    »Was ist passiert?«, fragte sie zitternd vor Aufregung.
    Yann und Lionel setzten gleichzeitig zu einer Erklärung an und Anna sagte ungehalten:
    »Lionel, s’il te plaît! Ich verstehe kein Wort! Lass bitte Yann erzählen!«
    Yann stellte seine große Sporttasche ab.
    »Beruhige dich, Anna! C’etait rien! Es ist ja nichts weiter passiert und es war wirklich überhaupt nicht dramatisch. Kurz vorm Hafen wollte Lionel das Vorsegel bergen und ist dabei ausgerutscht und über Bord gegangen.«
    »Ach, und das ist nichts, ja? Hatte er seine Schwimmweste um?«
    Der Junge und Yann warfen sich einen schuldbewussten Blick zu.
    »Nachdem der Wind immer weniger wurde und Lionel so schwitzte, habe ich ihm erlaubt, die Weste abzunehmen.«
    »Yann!!!«
    »Ja, das war ein Fehler, ich weiß.«
    Anna schüttelte fassungslos den Kopf. Yann fasste nach ihren Händen, doch sie entzog sie ihm sofort.
    »Glaub mir doch! Es war wirklich überhaupt nicht gefährlich. Es war ja kaum Wind und Lionel ist ein guter Schwimmer, das Wasser war nicht kalt und ich habe sofort gewendet und ihn wieder aufgefischt – das war eine Sache von Sekunden!«
    »Lionel, wir gehen jetzt nach oben und du nimmst erst einmal ein Bad!«
    Ihr Sohn wollte protestieren, doch als er Annas Blick sah, nahm er seine Sachen und verschwand blitzschnell Richtung Treppe. Der Hund folgte ihm getreulich.
    »Ich komme gleich wieder – ich muss mit dir reden«, sagte sie noch zu Yann und lief dann ebenfalls nach oben.
    Yann ging in den Wintergarten und wartete vor der verglasten Front, den Blick auf die Terrasse gerichtet. Als Anna wieder neben ihm auftauchte, setzte er sofort an zu einer großen Verteidigungsrede seines Verhaltens bei dem heutigen Segeltörn mit Lionel.
    »Darum geht es gar nicht, Yann.«
    Erst jetzt fiel ihm auf, wie blass sie war und wie nervös.
    »Ist irgendwas passiert?«, fragte er besorgt.
    »Die Polizei war hier. Sie hatten ein Bild dabei von dem Gesicht des toten Mannes vom Steilufer – von

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