Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Steilufer

Steilufer

Titel: Steilufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Danz
Vom Netzwerk:
Gefühl, dass da was sein könnte. Der Tote ist Nordafrikaner, genau wie die Leute in der ›Villa Floric‹ und er sieht ausgerechnet dem Sohn oder dem Vater des Sohnes der Chefin ähnlich. Findest du es nicht auch zumindest interessant, dass das Boot von dem Tanguy ausgerechnet hier liegt? In dem Verein aus dem das Dinghi und die Fesseln stammen? Und schließlich ist der Tanguy neben Anna Floric der Einzige, der auch Lionels Vater gekannt hat.«
    »Tscha.«
    Jansen widersprach zumindest nicht und schien jetzt doch auch ins Nachdenken zu kommen.
    »Huch!«
    Der Dauerregen hatte auf die Holzbohlen des Steges einen Effekt wie Schmierseife und es war gefährlich glatt.
    »Mensch, Georg! Du willst doch nich etwa baden?«
    Jansen hatte seinen Kollegen blitzschnell unterm Ellbogen gepackt, der mit seinen Ledersohlen nach den ersten Schritten auf dem Steg gefährlich ins Gleiten gekommen war.
    »Sapperment, des is ja gemeingefährlich!«, fluchte Angermüller.
    Sie langten am Ende des Steges an und schauten auf das Schiff, das vor ihnen lag – acht, neun Meter lang – und sich sanft zwischen seinen Festmachern in den Wellen wiegte. Offensichtlich hatte die Jacht schon einige Jahre auf dem Buckel, denn der weiße Kunststoff, aus dem sie gefertigt war, hatte sich an vielen Stellen grau verfärbt und wies eine kreidig stumpfe Oberfläche auf. Auch der schnörkelige Schriftzug ›Ma reine‹, der am Bug angebracht war, zeigte deutliche Altersspuren.
    »Also dann, pack mers!«
    Angermüller hatte nach dem Bugkorb gegriffen und die Jacht näher an den Steg gezogen.
    »Wie? Du willst jetzt da drauf?«
    »Klar! Los, komm!«
    Schon stand Angermüller an Bord des Schiffes, das von seinem Gewicht zu schaukeln begann und noch mehr in Bewegung geriet, als auch Jansen an Deck sprang. An Wanten und Reling Halt suchend, turnten die Kommissare nach hinten in das Cockpit.
    »Uns sieht hier ja keiner – aber damit betritt man normalerweise keine Jacht!« Jansen deutete auf die schwarzen Schuhe seines Kollegen.
    »Ich hab mir auf der Fußmatte nebenan extra die Füße abgetreten. Is jetzt auch net so wichtig. Ich würde gerne sehen, wies da drinnen aussieht«, antwortete Angermüller und deutete auf das Schott, das vor dem Niedergang zur Kajüte angebracht und mit einem Vorhängeschloss gesichert war.
    »Georg, du willst doch nicht wieder?«
    »Doch, ich will und beeil dich, wenn ich net die Fische füttern soll. Das Geschaukel schlägt mir nämlich auf den Magen!«
    Nachdem er sich ein paar Schutzhandschuhe übergestreift hatte, förderte Jansen aus einer der vielen Taschen seiner Lederjacke ein Sortiment kleiner Feilen und ein dickes Schweizer Messer zu Tage und es dauerte nicht lange, da gab es ein leises Klickgeräusch und der Bügel des Schlosses sprang auf. Auch Angermüller trug jetzt Handschuhe und drückte gespannt das Schott nach oben.
    »So richtig aufgeräumt siehts hier aber net aus.«
    Die beiden schoben sich über drei Stufen nach unten in die Kajüte, wo ein heilloses Durcheinander von Segelsäcken und Schwimmwesten, Gummistiefeln und Overalls, Plastiktüten und anderen Dingen über die gepolsterten Bänke und den Tisch in der Mitte verteilt lag. Es roch nach Kunststoff und schimmliger Feuchtigkeit, eine Mischung, die bei Angermüller sofort leichte Übelkeit hervorrief.
    »Lass uns anfangen, damit wir schnell wieder hier rauskommen.«
    »Was suchen wir eigentlich?«
    »Mensch, Claus, wann wissen wir schon mal, was wir suchen? Hauptsache, wir finden was!«
    Konzentriert arbeiteten sie sich durch den Innenraum des Schiffes, öffneten jeden Schrank, jedes Schapp – und es gab eine Menge davon –, fanden Leinen in jeder Stärke und Farbe, allerdings keine blauen, verrostete Getränkedosen, abgenutzte Basecaps, eine völlig verbeulte Signaltröte, Werkzeug, Seekarten von der bretonischen Küste, Signalraketen, eine aufgeplatzte Tube Sonnencreme, verschimmelte Kekse – sie durchwühlten jedes Eckchen vom Bug bis in den hintersten Winkel der Kabine am Heck. Sie sahen in der Nasszelle und im Motorraum nach – es gab eine Menge Zeug hier drin, aber nichts, das irgendwie interessant gewesen wäre.
    »Das wars. Hier is nix.«
    Wenn Jansen auch von Anfang an nicht so recht an den Sinn der Aktion hatte glauben wollen, war er nun doch enttäuscht über das Ergebnis. Angermüller brauchte frische Luft. Die Geruchsmischung unter Deck, das leichte Schaukeln und die Unmöglichkeit, sich wenigstens mit dem Blick am Horizont festzuhalten,

Weitere Kostenlose Bücher