Steilufer
an und was du über Gudrun und Peter sagst, stimmt leider auch. Das war ja wirklich ein glücklicher Zufall, dass dir Marco über den Weg gelaufen ist, vielleicht gerade noch rechtzeitig!«
»Manchmal ist mein Job gar nicht so schlecht, gell?«
»Ach, Georg!«, Astrid verdrehte genervt die Augen. »Hab ich je das Gegenteil behauptet? Es ist nur schwierig, damit ein geregeltes Familienleben zu gestalten, vor allem, wenn Kinder da sind und beide Elternteile arbeiten.«
»Entschuldige, war eine dumme Bemerkung! Aber bevor wir jetzt über unser Familienleben sprechen, noch eine Frage: Kennst du eigentlich die Chefin von der ›Villa Floric‹?«
»Ja, natürlich. Eine tolle Frau! Wie sie kocht, weiß ich allerdings nicht, falls du daran interessiert bist.«
»Das war zwar auch keine nette Bemerkung von dir, aber keine Sorge, das werde ich bestimmt einmal selbst probieren!«
»Also, zu Frau Floric: Wir haben ihr schon öfter Asylbewerber vermittelt, immer Algerier. Die wohnen bei ihr in der Remise und arbeiten für das Restaurant. Das ist so eine halboffizielle Geschichte, die von der Landesbehörde geduldet wird und Frau Floric kämpft mit großem Einsatz für ihr kleines Projekt. Dazu musst du wissen, sie verdient daran keinen Cent und den Staat kostet die Unterbringung dort fast nichts, im Gegensatz zu diesen oft miesen, dafür sündhaft teuren Heimen. Und den Jungs geht es richtig gut da, sie können arbeiten, sie fühlen sich einfach als normale, freie Individuen und nicht als kasernierte Almosenempfänger. Bewundernswert, was die Frau da leistet!«
»Weißt du, warum sie sich gerade für Algerier so engagiert?«
»Privat kenne ich Frau Floric nicht. Ich habe nur gehört, der Vater ihres Kindes soll auch ein Flüchtling aus Algerien sein, aber sie lebt jetzt mit dem Kind allein. Ob sie sich getrennt haben, oder der Mann gestorben ist – keine Ahnung.«
Eine kurze Pause entstand und Astrid schlug vor, erst einmal den Tisch abzuräumen, bevor noch mehr Insekten, angelockt vom Windlicht auf dem Tisch, in die Schüsselchen und Teller mit den übrig gebliebenen Speisen taumelten, um im Olivenöl ihr Leben zu lassen. Dann saßen sie wieder im Garten, Gläser mit Rotwein vor sich auf dem Tisch und Astrid zählte auf, welche Probleme sie in ihrem Familienalltag sah und wo man ihrer Meinung nach ansetzen könnte, um die Situation für alle Seiten befriedigend zu verbessern. Georg überlegte derweil, wie er am unverfänglichsten nach Martin fragen könnte, wo er herkam, wie seine familiäre Situation war, ob seine Stelle unbefristet war und die Frage, die ihn am meisten interessierte, nämlich, was Astrid so toll an ihrem neuen Kollegen fand.
»So, Georg, jetzt hab ich die ganze Zeit geredet. Wie siehst du das denn? Was hältst du zum Beispiel von einem Au-pair-Mädchen?«
»Da muss ich erst mal drüber nachdenken. Sind die Zwillinge nicht schon zu alt dafür?«
»Aber wir würden mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen! Die könnte leichte Hausarbeiten machen und wäre gleichzeitig auch für die Kinder da. Die nächsten ein bis zwei Jahre finde ich eine Betreuung für die Mädels eigentlich noch angemessen. Außerdem fiele das lästige Kochen weg.«
»Ich weiß nicht, ob ich das will.«
Der Gedanke an eine fremde Person in seinen vier Wänden war Georg erst einmal nicht so angenehm. Andererseits, seit Astrid eine umfangreichere Stelle hatte und in Zeiten wie diesen, wenn ein wichtiger Fall vollen Einsatz verlangte, gab es ständig Stress mit der Organisation des Alltags und sicherlich könnte so ein Au-pair einiges auffangen. Vielleicht hätten sie dann auch mehr Zeit füreinander? Aber wollte Astrid das überhaupt? Sie brachte sich oft genug auch Arbeit mit nach Hause oder ging zu Veranstaltungen am Wochenende, womöglich würde sie dann nur an noch mehr Meetings, Briefings, Workshops und wie das alles hieß, teilnehmen. Und womöglich hatte das Au-pair-Mädchen keine Ahnung vom Kochen.
Astrid schien auch nicht ganz überzeugt:
»Und ich weiß nicht, ob das wirklich die Schwierigkeiten zwischen uns beseitigt, ob du dich dann mehr mit den Kindern beschäftigen würdest. Das ist für die beiden ja was ganz Besonderes, wenn Papi mal was mit ihnen unternimmt! Und ein großes Problem ist ja auch deine Unzuverlässigkeit, wenns um Termine geht.«
»Also, unzuverlässig würde ich mich nicht gerade nennen!«, protestierte Georg Angermüller. »Ich kann doch nichts dafür, wenn wir bei einem wichtigen Fall rund
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