Steilufer
zwei.«
8
Der Tisch auf der Terrasse war reich gedeckt: Die stark nach Gewürzen und Knoblauch duftende Fleischpfanne, eingelegtes mediterranes Gemüse, Angermüllers hausgemachte Caponata, Parmaschinken, Salami, ein großes Stück Käse und Baguette waren zu sehen. Georg Angermüller hatte es geschafft, noch vor Ladenschluss in die Innenstadt zu kommen und hatte sich an Astrids Worte erinnert, dass früher ein Baguette und Käse für einen netten Abend zu zweit genügt hatten. Er hatte also Käse und Brot besorgt, war aber in dem italienischen Feinkostladen in der Hüxstraße dem Anblick des zarten Parmaschinkens und der aromatischen Fenchelsalami erlegen und hatte jeweils eine Lage davon erworben, nicht bedenkend, dass es zu Hause noch reichlich Reste gab. Das hatte natürlich einen Tadel von Astrid zur Folge, die von einer hartnäckigen Konsequenz sein konnte, wenn sie sich einmal an einem Thema festgebissen hatte.
»Wie siehst du überhaupt aus?«, unterbrach sie plötzlich ihre Kritik an Georgs unvernünftigem Einkaufsverhalten und ihm fiel ein, dass Astrid ja noch gar nicht gesehen hatte, dass er sich heute Morgen seines Vollbartes entledigt hatte. Julia und Judith kamen die Treppe heruntergerannt, denn sie wollten möglichst schnell das Abendessen hinter sich bringen, um eine Quizsendung im Fernsehen anschauen zu können, was ihnen während der Schulzeit nicht erlaubt war.
»Huch, Papi! Das sieht ja geil aus!«, rief Julia sofort, während Judith ihren Vater wie ein seltsames Tier betrachtete.
»Das sieht komisch aus, wenn man so deinen Mund sieht«, meinte sie.
»Is gar nich komisch! Er sieht aus wie ein Schauspieler!«
»Ich find es krass«, beharrte Judith. »Wie gefällt dir denn dein Mann, Mama?«, fragte sie Astrid im Erwachsenenplauderton.
»Ich bin zwar etwas überrascht, ist aber gar nicht so übel. So hat euer Vater früher schon mal ausgesehen.«
Die beiden Mädchen aßen in Windeseile nur eine Kleinigkeit und verschwanden dann zum Fernsehen im Haus. Georg saß endlich einmal wieder allein mit seiner Frau zusammen. Er bemühte sich, die Gedanken an den entmutigenden Verlauf des heutigen Tages wegzuschieben und konzentrierte sich ganz auf den Genuss des köstlichen Abendessens. Die Luft im Garten war mild und der Sommerabend schien wie gemacht für lange Gespräche. Aus der Nachbarschaft waren ab und zu leise Musik und Lachen zu hören, der Duft der üppigen Gartenrosen wurde mit einbrechender Dunkelheit immer stärker und eine Amsel zwitscherte sich die Seele aus dem Leib.
»Mmh, ist das gut! Seit Tagen habe ich nicht mehr richtig gegessen – und schon gar nicht so gut.«
Genießerisch strich sich Georg über den Bauch und nahm sich noch eine Scheibe Finocchiona. Astrid schüttelte den Kopf.
»Du bist einfach unverbesserlich, Georg! Ich denke nicht, dass du vom Fleische fällst, wenn du mal ein bisschen kürzertrittst!«
»Ehrlich, die letzten Tage war ich sehr bescheiden! Jansen und ich waren wieder mal ständig unterwegs und du weißt, ich hasse dieses Sich-irgendwo-schnell-was-zwischen-die-Zähne-Schieben. Außerdem die Wärme, gestern das Buffet von Schwager Peter. Und dann diese Glatzen, mit denen wir jetzt ständig beschäftigt sind, da vergeht dir sowieso der Appetit.«
»Wir lassen lieber das Thema Essen!«, resignierte Astrid. »Also, dann sag mal, was ist das mit den Glatzen? Und was hat Marco damit zu tun? Gudrun machte da gestern so eine Andeutung, aber weil Peter danebensaß, traute sich mein Schwesterlein wieder nicht, offen zu reden.«
»Ich hoffe eigentlich, Marco hat nichts damit zu tun«, brummte Angermüller und dann erzählte er Astrid von den Vorgängen um die ›Villa Floric‹, dem verschwundenen Fouhad, von dem Toten am Strand und was er über Marcos Verbindung zu Maik Priewe wusste.
»Lange kennt Marco ihn noch nicht und ich hoffe, ich konnte ihm klar machen, was für ein brutales Milieu das ist. Ich halte den Jungen zwar für verführbar, gerade von solchen Anführern wie dem Priewe. Du weißt ja: Er ist keine Leuchte, Politik interessiert ihn nicht und von seinem autoritären Vater wird er nicht gerade zu einem selbstständigen, verantwortungsvollen Menschen erzogen. Gudrun verhätschelt ihn und lässt ihm alles durchgehen. Letztlich ist der Marco immer nur auf der Suche nach Fun, Fun, Fun. Trotzdem denke ich nicht, dass er Freude an roher Gewalt hat – es sei denn, er wird durch Gruppendruck dazu gezwungen.«
»Puh! Das hört sich alles nicht so gut
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