Steilufer
um die Uhr im Einsatz sind! Und das kommt ja auch nicht alle Tage vor.«
»Aber wenn es vorkommt, bist du nicht in der Lage, daran zu denken, dass du etwas umorganisieren musst, damit keine Pannen entstehen. So wie neulich, als die Mädchen vom Hockeyturnier kamen und du sie nicht abgeholt hast, aber auch nicht Bescheid gesagt hast. Es gibt Handys, Georg!«
»Tut mir leid, da hab ichs halt vergessen.«
»Ja, aber das tust du immer! Weil du dich einfach nicht verantwortlich fühlst und alles immer auf mich abwälzt!«
Astrids Stimme war im Laufe des Gesprächs immer lauter geworden. Georg konnte sich nicht erinnern, wann er sie das letzte Mal derart wütend gesehen hatte und er wagte zu sagen:
»So geladen habe ich dich ja noch nie gesehen! Warum regst du dich so auf, wir können doch alles in Ruhe besprechen. Möchtest du vielleicht noch ein Glas Wein?«
Astrid sah ihn an wie einen Geisteskranken und ihre Stimme war gefährlich leise:
»Ich möchte kein Glas Wein und wir sind gerade dabei, alles in Ruhe zu besprechen.«
Georg schüttelte den Kopf und mehr zu sich selbst murmelte er:
»Irgendwie hast du dich ganz schön verändert in der letzten Zeit.«
Diese Bemerkung brachte Astrid wieder in Rage.
»Ich habe mich überhaupt nicht verändert! Ich vertrete einfach nur konsequent meine Interessen. Martin sagt, es hat keinen Sinn, wenn ich immer alles verstehe und schlucke. Ich soll dir endlich einmal deine Fehler und Grenzen aufzeigen!«
Georg Angermüller war voll guten Willens in dieses Gespräch gegangen, doch jetzt drohte er die Geduld zu verlieren.
»Ach, sagt das der Martin?«
»Ja, das sagt er und auch, dass ich aufhören muss, für dich mitzudenken und dir alles abnehmen zu wollen, weil ich von vornherein annehme, dass es nicht klappt, wenn ich es dir überlasse! Und dass ich das alles schon viel zu lange mitgemacht habe!«
»Du erzählst Martin also, dass ich mich verantwortungslos verhalte.«
»Quatsch! Wie kommst du denn darauf?«
Aus dem Haus hörte man das Klingeln des Telefons und gleich darauf kam Julia angerannt.
»Ist für dich, Papa! Tante Gudrun!«, rief sie, gab Georg den Apparat und war schon wieder im Haus verschwunden.
»Gudrun!«, sagte Angermüller erstaunt, denn seine Schwägerin hatte ihn, außer vielleicht an seinem Geburtstag, noch nie angerufen. Auch Astrid warf ihm einen fragenden Blick zu.
»Guten Abend! Was gibts?«
»Guten Abend, Georg! Entschuldige die späte Störung! Du hast gestern doch mit unserem Junior gesprochen. Ja, also, ich habe auch noch mal in aller Ruhe mit ihm geredet. Ich habe ihm klar gemacht, dass diese Neonazis doch nicht der richtige Umgang für ihn sind, dass er damit auch unserem Geschäft schadet und so weiter. Ich glaube, das hat er auch eingesehen. Was sollen denn die Leute denken, wenn unser Sohn mit solchen primitiven Schlägern verkehrt!«
»Das ist weniger eine Frage des schlechten Umgangs, als dass diese Burschen kriminell sind, Gudrun! Das sind rechte Schläger, die diesen Staat nicht wollen, die Andersdenkende und -aussehende hassen, manchmal sogar totschlagen. Davor habe ich Marco gewarnt.«
Georg, ohnehin schon in gereizter Stimmung, bemühte sich, ruhig zu bleiben angesichts der Ignoranz seiner Schwägerin.
»Gut, wenn du das so sagst. Jedenfalls haben wir, wie gesagt, heute auch noch einmal miteinander gesprochen und ich wollte dir nur versichern, der Marco ist ein guter Junge!«
»Ja, das hoffe ich!«
»Er wollte dich auch noch mal sprechen, Georg. Einen Moment!« Angermüller hörte seine Schwägerin nach ihrem Sohn rufen.
»Tschüss, Georg! Ich geb dir den Junior!«
»Hallo, Onkel Georg! Ich muss dir was sagen!«
Sein Neffe sagte wieder »Onkel Georg« – und Angermüller überlegte, ob er wohl doch was auf dem Kerbholz hatte.
»Hallo, Marco! Dann leg mal los!«
Und dann hörte er zu und seinem Gesicht war anzusehen, dass es höchst interessante Dinge waren, die ihm Marco mitzuteilen hatte.
»Vielen Dank, Marco! Ich denke, du hast uns sehr geholfen! Und wie ich schon gestern Abend sagte: Rede mit niemandem darüber! Und Marco: Halte dich von Priewe und seiner Gang fern!«
Das Telefonat war genau im richtigen Augenblick gekommen. Die Unterbrechung hatte die beiden Streitenden sich wieder etwas beruhigen lassen. Astrid sah ihren Mann gespannt an, als er das Gespräch beendet hatte.
»Sag schon! Was hat dir denn Marco zu erzählen ge-habt?«
»Er hat eben im Fernsehen in einer Sendung etwas über die Schmierereien
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