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Stein der Dämonen

Stein der Dämonen

Titel: Stein der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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mit ansehen, wie der Tod sich unaufhaltsam näherte.
    *
    Zuerst klang es wie ferner Donner, der jedoch rasend schnell anschwoll. Ein greller Blitz riss das noch immer herrschende Schneetreiben auf, aber er verging nicht, sondern blieb und schoss der Erde entgegen.
    Nur Augenblicke später schien der Boden zu beben, und als hätten dämonische Mächte eingegriffen, brach der Sturm schlagartig ab. Die dicken Flocken fielen spärlicher.
    Ein irrlichterndes Glühen erfüllte den südlichen Horizont.
    Pandor scheute. Offenbar spürte das Einhorn die Kraft der Schwarzen Magie, die von jener Stelle ausging. Mythor musste ihm gut zureden, bevor es wieder in einen gleichmäßigen Trab verfiel.
    Ein Stein war vom Himmel gefallen…
    Keine Seltenheit in diesen Tagen, in denen das Schicksal der Lichtwelt besiegelt zu sein schien, in denen immer öfter die Erde bebte, als wollten die Schlünde der Hölle sich auftun und die Länder des Nordens verschlingen.
    Mythor fühlte eine seltsame Erregung, die von ihm Besitz ergriff. Etwas, das stärker war als er, zwang ihn dazu, von der bisherigen Richtung abzuweichen.
    Selten war ihm ein fallender Himmelsstein näher gewesen. Hatten die Dämonen der Finsternis diesen geschleudert, ihn zu verderben oder die Verfolger erneut auf seine Spur zu setzen?
    Wenn Mythor das Einhorn zu einem scharfen Ritt antrieb, konnte er das Glühen schon in Kürze erreicht haben.
    Pandor gehorchte dem sanften Druck der Schenkel zunächst nur zögernd, doch dann schienen seine Hufe über den kargen Boden zu fliegen. Hark hatte Mühe, mitzuhalten.
    Von irgendwo zwischen den wehenden Wolkenschleiern erklang der heisere Schrei des Schneefalken.
    Rechter Hand zeichnete sich ein schmaler Silberstreifen ab, der möglicherweise eine Wetterbesserung verhieß. Dort musste auch die Straße des Bösen verlaufen. Mythor glaubte, die schroffen Zacken einiger Berge erkennen zu können, war sich dessen aber keineswegs sicher. Immerhin hatte er die Sandwüste, die sich wie eine natürliche Grenze zwischen Nordsalamos und dem Süden des Landes erstreckte, noch nicht lange hinter sich gelassen, und die fruchtbarere Region, in die er allmählich gelangte, konnte bisher kaum nennenswerte Erhebungen aufweisen.
    Vielleicht trug die Eintönigkeit ein wenig dazu bei, dass er ins Grübeln verfiel. Vielleicht war aber auch die nagende Ungewissheit schuld daran, dass seine Gedanken zu den Geschehnissen innerhalb des Orakels von Theran abschweiften. Was hatten die Trolle ihm mitteilen wollen?
    Es fiel ein Stein vom Himmel… der teilte sich in Licht und Schatten.
    Sprengte er deshalb dem lodernden Leuchten entgegen, über dem sich allmählich dichte Rauchwolken bildeten?
    Hoffte er, an Ort und Stelle Antworten auf die Fragen zu erhalten, die ihn immer heftiger quälten? Das Flüstern, das von dem Helm der Gerechten ausging, schien ihn warnen zu wollen. Er achtete jedoch nicht darauf, sondern suchte sich zu erinnern, was in der Gruft der Gwasamee wirklich geschehen war. Irgendwie, das fühlte er, war es für ihn von ungeheurer Wichtigkeit.
    Die Worte der Kometenfee hallten in ihm nach, als spreche sie in diesem Augenblick noch einmal zu ihm:
    Deiner Aufgabe kannst du nur gewachsen sein, wenn du lernst, die Schatten mit ihren eigenen Waffen zu bekämpfen.
    »Ja«, nickte Mythor zögernd. Aber besaß er mit Alton und dem Helm der Gerechten wirklich bereits einen Teil dieser Waffen? Hatte Gwasamee ihn nur auf diese Ziele hingewiesen, damit er dort seine Ausrüstung vervollständigen konnte? War da nicht doch etwas, das er hartnäckig übersah und auf das ihn vielleicht das Orakel-Leder hinweisen sollte?
    Alles auf der Welt war im Gleichgewicht gewesen – bis zu jenem verhängnisvollen Tag der Wintersonnenwende. Der Triumph des Bösen war vollkommen gewesen. Des Bösen, das wohl in jedem Menschen schlummerte, wie auch das Gute in jeder Seele wohnte. Zwei Gegensätze, die krasser nicht denkbar waren, von denen aber stets nur einer herrschen konnte.
    Verhielt es sich ähnlich mit den Waffen, die in den Fixpunkten des Lichtboten für den Sohn des Kometen bereitlagen? »Möglicherweise ist mir ihre wahre Bedeutung verborgen«, murmelte Mythor leise vor sich hin. »Obwohl ihr eigentlicher Zweck der Kampf sein mag, der sicherlich notwendig ist. Aber man kann sich mit jeder gut geschliffenen Klinge wacker schlagen.«
    Der Geruch von Rauch und brennendem Harz lag in der Luft. Mittlerweile konnte Mythor erkennen, dass er auf eine Feuersbrunst zuritt.

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