Steine der Macht 2 - Die Zeitkorridore im Untersberg
zu dem Teich im Wald.«
Wolf machte eine Pause und beobachtete den General, der jedoch keine Miene verzog.
»Es war übrigens ein Verwandter von mir, der Ihnen damals die zwei von Ihnen angeforderten Halbkettenfahrzeuge nach Ebensee im Salzkammergut bringen ließ. Kurz bevor er sich Anfang Mai mit seiner Truppe in der Nähe von Steyr als Kommandeur der neunten Panzerdivision ›Hohenstaufen‹ den Amerikanern ergeben hat.«
Erstaunt blickte der General Wolf an.
»Richtig, Sie haben denselben Familiennamen wie Sylvester, wir nannten ihn Vestl! Er war ein fähiger, besonnener Mann und er war der jüngste General der Waffen-SS. Ich kannte ihn gut. Er war bei der Schlacht um Moskau dabei. Auch das Ritterkreuz mit Eichenlaub wurde ihm verliehen.«
Der General dachte einen Moment nach, dann meinte er zu Wolf gewandt: »Jawohl, stimmt, Sie haben recht, ich habe die beiden Wagen direkt von ihm angefordert und er ließ sie nach Ebensee zum Werk ›Zement‹ bringen. Hat er Ihnen das gesagt? Lebt Vestl etwa noch?«
»Wir sprachen vor vielen Jahren, anlässlich einer Familienfeier davon, aber er ist schon vor dreizehn Jahren im Alter von fünfundachtzig verstorben.«
Linda bestellte sich bei der Kellnerin noch einen Apfelsaft.
»Herr General, Sie haben uns doch gesagt, dass im Teich, am Berg oben, ungefähr eine Tonne Reichsgoldbarren liegen müssten. Um dieses Gewicht zu transportieren, hätte es doch keiner zwei Fahrzeuge bedurft. Die Nutzlast dieser Wagen war doch um ein Vielfaches höher. Wurde da noch etwas anderes auf den Berg gebracht und versteckt?«
»Ich weiß zwar nicht, weshalb Sie das wissen wollen, aber wir teilen jetzt schon so viele Geheimnisse, dass ich Ihnen auch auf diese Frage eine Antwort geben werde.«
Linda hörte aufmerksam zu, jetzt schien es spannend zu werden. Sturmbannführer Weber kratzte etwas nervös an der Tischplatte und Wolf wartete zufrieden auf die Ausführungen des Generals.
»In unserer Anlage in Ebensee lagerten zu Kriegsende noch zwei bis drei Tonnen Uranoxid. Wir hätten das für die neu entwickelten Antriebsaggregate benötigt. Doch dazu kam es nicht mehr. Möglicherweise konnte es eines Tages doch noch nützlich für uns sein und deswegen ließ ich es, nur in Holzkisten verpackt, hierher zum Obersalzberg bringen. In Berchtesgaden wurde dann das Gold dazugeladen, aber diese Geschichte kennen Sie ja bereits.«
Wolf nickte stumm.
»Auch die Amerikaner mussten davon informiert gewesen sein, denn bis zum Jahr 1947 suchte der CIC nach diesen Kisten. Sogar weit entfernte Alpentäler wurden systematisch mit Geigerzählern durchkämmt. Jedoch ohne Erfolg, die Amerikaner hatten kein Glück. Ihre Suche war vergeblich, alles, was sie fanden, waren ein paar eilig weggeworfene Waffen der abziehenden SS-Verbände. Vielleicht konnten sie sich einfach nicht vorstellen, dass jemand das Uranoxid auf dem zerstörten Obersalzberg verstecken ließ.«
»Na, dann war ich auch hier wieder einmal der Erste, der etwas davon gefunden hat. Ein kleines Säckchen mit diesen Uranoxidsteinen hab ich bei mir zu Hause schon stehen.«
General Kammler sah Wolf nachdenklich an. »Ich kann mir kaum vorstellen, dass Ihnen das so zufällig gelungen ist. Unsere Leute haben ihre Arbeit immer gründlich gemacht. So ein Versteck in diesem großen Gebiet zu finden, halte ich schlicht für unmöglich. Haben Sie da irgendwelche Informationen oder Anhaltspunkte gehabt?«, fragte der offensichtlich erstaunte General.
»Bei ihm häufen sich schön langsam die Zufälle, und das schon seit Jahren«, meinte Linda und zu Wolf gewandt, sagte sie: »An deiner Stelle würde ich anfangen, mir Sorgen zu machen.«
»Sorgen? Weswegen? Du kennst mich ja. Zufall oder nicht, man muss die Dinge nehmen, wie sie kommen.«
»Das Uranoxid sollten Sie übrigens nicht so einfach zu Hause lagern, bedenken Sie, dass es hochradioaktiv strahlt«, erwiderte Kammler.
»Ich habe es in zehn Millimeter starke Bleibehälter gefüllt und mit dem Strahlenmessgerät kontrolliert. Da kommt nicht mehr allzu viel Radioaktivität hindurch. Zudem habe ich höchstens ein halbes Kilogramm davon mitgenommen.«
Anton, der Wirt, kam an den Tisch und fragte, ob noch ein Dessert gewünscht sei. »Salzburger Nockerl« könne er empfehlen. Das sei eine regionale Köstlichkeit aus überbackenem Eischaum mit Preiselbeermarmelade.
Linda, welche diese Salzburger Nockerl über alles liebte, konnte da nicht widerstehen und sagte: »Ja, bringen Sie uns eine große
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