Steine der Macht 2 - Die Zeitkorridore im Untersberg
gewöhnt. Dennoch wollte er nicht ganz ohne irgendeine Sicherheit nachts alleine in den Wald gehen. Wenn er schon auf sein Handy verzichten sollte, dann könnte er zumindest seine Glock-Pistole einstecken. Die moderne siebzehnschüssige Polizeipistole war zwar etwas unhandlich groß, aber in der weiten Jacke leicht unterzubringen. Wolf hatte als Jäger die Berechtigung zum Führen der geladenen Waffe. Mit Werner, welcher bei den Polizeimeisterschaften meistens einen der ersten Ränge im Pistolenschießen erreichte, fuhr er zuweilen zum Schießstand, um ein bisschen in Übung zu bleiben.
Werner hatte ihm ein Laserlichtmodul für die Glock-Pistole besorgt, damit waren ohne Weiteres Ziele bis zwanzig Meter Entfernung einigermaßen sicher und schnell zu treffen. Wolf fühlte sich damit doch ein wenig wohler und fuhr am besagten Donnerstagabend zum Treffpunkt. Wie vereinbart, schaltete er sein Autotelefon aus, stieg aus seinem Wagen und ging in der Dunkelheit den kleinen Fußweg in den Untersbergwald. Er konnte von ferne den schaurigen Schrei eines Kauzes hören. Es klang irgendwie gruselig. Zwischen den immer dichter werdenden Bäumen wurde es zusehends dunkler, sodass er jetzt den Weg fast nicht mehr erkennen konnte. Wie weit sollte er noch gehen? Ein leises Rascheln links zwischen den Fichten ließ ihn innehalten. Wolf tastete instinktiv nach der Pistole.
»Sie brauchen keine Angst zu haben, Sie können Ihre Waffe ruhig eingesteckt lassen.«
Weshalb wusste der Fremde von der Pistole? Er musste ein Nachtsichtgerät haben, dachte Wolf. Jetzt bereute er schon, hierhergekommen zu sein. Sein Gegenüber war ihm offensichtlich überlegen.
»Sie haben von mir nichts zu befürchten. Ich möchte Ihnen nur einige Erklärungen zu Ereignissen aus Ihrem Leben geben«, sagte die dunkle Gestalt mit angenehmer Stimme. Wolf konnte nur schemenhaft erkennen, dass es sich um einen etwas größeren Mann mittleren Alters handelte.
»Ein paar Schritte weiter liegt ein umgestürzter Baum, wir können uns dort hinsetzen, das ist angenehmer, als im Stehen zu reden.«
Wolf folgte dem Fremden wortlos in die Dunkelheit. Sie setzten sich auf den dicken Baumstamm.
»Sie kommen also von den Illuminaten? Warum gerade jetzt und nach so langer Zeit? Aber vor allem, worum handelt es sich?«
»Viele Fragen auf einmal, ich kann Sie aber verstehen. Ich werde Ihnen der Reihe nach erzählen.«
»Zuerst möchte ich Ihnen sagen, was wir über Sie wissen. Ihre Kenntnisse über die Astrologie, oder zumindest das Grundwissen dazu, haben Sie von dem alten Schaffner der Untersberg-Seilbahn erworben. Sie sind dann vor über dreißig Jahren Mitglied im Orden vom Rosenkreuz geworden. Sie durften Ihr Studium sogar in der kürzestmöglichen Zeit absolvieren. Nachdem Sie schon nach ein paar Jahren das Meisteramt in der Salzburger Loge bekleideten, arrangierten Sie eine Zusammenkunft im Schutzhaus gleich unter der Seilbahnstation am Untersberg. Es war ein Pyramidenfest, welches Sie in einer Septembernacht unter dem Gipfel des Untersberges zelebrierten. Ihrer Einladung zu dieser eindrucksvollen Feier im Rosenkreuzerjahr 3333 folgten damals über fünfzig Rosenkreuzer aus vielen Ländern Europas, Südamerikas und auch aus den USA. Sie hatten sogar Sonderfahrten am Abend mit der Seilbahn zum Gipfel organisiert. Der Großmeister für Deutschland war damals auch anwesend, als die Teilnehmer mit Fackeln feierlich durch den dichten Nebel schritten. Ihre Ansprache am Feuer enthielt unter anderem die Worte:
›… aus dem Nebel der Zeit, aus der Vergangenheit kommend – für einen Augenblick nur in der Gegenwart verweilend – langsam in die Zukunft entschwindend …‹
Sie wissen wahrscheinlich gar nicht, wie passend diese Worte an diesem Ort damals waren. Es war in der Tat ein ergreifender Anblick, wie die Brüder und Schwestern, mit den Fackeln in der Hand, langsam aus der Dunkelheit im Nebel auftauchten, um kurz danach wieder in den dichten weißen Schwaden am fast zweitausend Meter hohen Berg zu verschwinden. Zu dieser Feier erschienen am Abend auch vier Deutsche, welche nicht zum Orden gehörten. Diese Leute sollten einige Jahre später in eine Zeitanomalie am Berg geraten und Schlagzeilen in der Presse verursachen. Durch dieses Ereignis wurde dann Ihr Interesse an diesem Phänomen geweckt. In der Zwischenzeit hat Ihnen der ehemalige Logenmeister, Roland der Apotheker, viel vom Untersberg und den Prophezeiungen in diesem Zusammenhang erzählt. Ein weiteres Mitglied
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