Steine der Macht 2 - Die Zeitkorridore im Untersberg
im herkömmlichen Sinn, wir erzeugen unseren Strom auf andere Weise. Wir haben hier in unserer Station sozusagen unbegrenzte Energie zur Verfügung. Die Stromerzeugung ohne Generatoren ist eines der letzten Ergebnisse unserer Forschungsarbeiten.«
Wolf fragte nicht weiter nach. Es war ohnehin alles zu unfassbar für ihn. Er würde eine Weile brauchen, um das soeben Erlebte zu verarbeiten.
Sie legten ihm wieder die Augenbinde an und führten ihn nach draußen. Es war mitten in der Nacht, als die drei unten an der Straße ankamen. Obersturmbannführer Weber gab ihm den Sack mit dem Fässchen und den anderen Dingen in die Hand.
»Wir melden uns wieder bei Ihnen, leben Sie wohl.«
Mit diesen Worten gingen der General und der Sturmbannführer zurück zum Untersberg und nach wenigen Augenblicken waren sie in der Dunkelheit des Waldweges verschwunden.
Wolf nahm den Sack auf die Schulter und machte sich auf den Weg in das kleine Dorf. Jetzt war alles wieder an seinem Platz. Die Kirche, den alten Gasthof und auch die Seilbahn konnte er in der Dunkelheit vage erkennen. Ob in achtzig Jahren hier wirklich riesige Metalltürme emporragen würden?
Er hatte jetzt jedoch keine Zeit mehr für solche Gedanken. Im Moment war es für ihn wichtiger, schnellstens ein Taxi zu bekommen, nur ohne Mobiltelefon war das mitten in der Nacht nicht so einfach. Er wusste ja nicht einmal, wie spät es war und auch nicht das Datum. Irgendwie war ihm mulmig zumute. Er musste bis in den Ort gehen, um eine Telefonzelle zu finden. In dem kleinen Dorf am Fuße des Untersbergs gab es natürlich keinen Taxistand. Er musste sich deshalb einen Wagen aus der Stadt Salzburg rufen.
Es dauerte fast zwanzig lange Minuten, ehe der weiße Mercedes eintraf. Im hellen Scheinwerferlicht würde der Aufdruck mit dem Hakenkreuz auf dem Postsack dem Fahrer sofort auffallen. Er drehte den Sack auf die andere Seite. Wolf legte ihn auch selber in den Kofferraum. Der Taxifahrer durfte auf keinen Fall dieses Relikt aus der Hitlerzeit sehen. Auf dem Armaturenbrett des Fahrzeugs sah er, dass es drei Uhr morgens war. In einem belanglosen Gespräch erfuhr er vom Taxilenker auch das Datum.
Vier Tage und neun Stunden war er also im Berg gewesen. Sie fuhren zum Flughafen. Sein Auto hatte Wolf am Salzburg-Airport im Parkhaus abgestellt. Er bezahlte den Lenker und verfrachtete den Feldpostsack mit dem Likörfass in seinen Wagen. Das Gepäck für seine Maledivenreise lag ebenfalls bereits im Kofferraum. Rasch schob er noch einen Geldschein in den Parkautomaten. Seine Visakarte wollte er keinesfalls verwenden. Es sollte nachher niemand anhand der Kreditkartenabrechnung sehen können, dass er um diese Zeit am Parkhaus war. Dann fuhr er auf die Autobahn in Richtung München. Wolf ließ das Autoradio während der Fahrt ausgeschaltet, um ungestört über das Geschehene nachdenken zu können. So zeitig in der Früh war kaum Verkehr und deshalb brauchte er nur eineinhalb Stunden bis zum Münchner Flughafen.
Diese ruhige Fahrt bot ihm die Gelegenheit, alles Erlebte nochmals Revue passieren zu lassen. Es war kurz vor sechs Uhr früh, als er das Parkhaus P7 am Flughafen München erreichte. Auch hier ging alles glatt. Wolf hatte genügend Zeit für ein ausgiebiges Frühstück am Airport. Anstandslos bekam er mit dem offenen Ticket einen Platz im Flugzeug.
Der neun Stunden dauernde Direktflug nach Male verging rasch. Am nächsten Tag meldete sich Wolf über sein Satellitentelefon wieder bei Linda. Er musste es öfters versuchen, bis das Gespräch zustande kam. Die hohen Palmen bei seinem Bungalow behinderten eine freie Sicht auf den Himmel und somit auch eine stabile Verbindung. Wolf setzte sich einfach an den Strand und dann klappte es. Linda, welche als Einzige in Wolfs Ausflug in den Untersberg eingeweiht war, wartete schon gespannt auf ein Lebenszeichen von ihm.
»Ich habe mir schon Sorgen gemacht«, war ihr erster Satz und dann fragte sie auch schon: »Hast du mir auch etwas vom General mitgebracht?«
»Ja, aber keinen Goldbarren, wenn du das meinst. Das war alles so überwältigend für mich, da habe ich gar nicht mehr daran gedacht. Ich habe vom General jedoch etwas bekommen, was du sicher auch mögen wirst. Erinnerst du dich noch? Damals, vor zwei Jahren, da hat er uns doch einen Klosterlikör versprochen.«
»Und jetzt hat er dir eine Flasche gegeben?« »Nein, nicht eine Flasche, nein, ein ganzes Fass, du wirst schon sehen.«
Die wenigen Urlaubstage vergingen wie im Fluge,
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