Steine der Macht - Band 5
erschien ganz allein auf dem Parkplatz im Wald, wo der Illuminat bereits auf ihn wartete.
„Ziehen Sie sich aus, ich habe das passende Gewand für Sie dabei“, sagte Becker, und als Wolf zögerlich begann, seine Jacke auszuziehen, meinte er:
„Alles, Sie müssen alles ausziehen. Auch die Schuhe und die Socken, hier habe ich ein Gewand für Sie.“ Mit diesen Worten gab er Wolf eine schwere Mönchskutte mit Kapuze und Ledersandalen. „Damit werden Sie sicher nicht auffallen und vergessen Sie nicht, Armbanduhr und Ring abzulegen. Wir werden ohnehin in wenigen Minuten wieder hier sein. Sie brauchen sich deshalb um Ihren Wagen und den Inhalt auch keine Sorgen zu machen.“
Wolf stutzte. „In wenigen Minuten? Ich dachte, wir würden einige Stunden bei dieser Feierlichkeit im alten Salzburg verbringen.“
„Das werden wir auch“, antwortete der Illuminat, aber ich werde den Zeitpunkt unserer Rückkunft so wählen, dass wir gleich nach der Abreise wieder hier ankommen. Sie werden schon sehen. Und nun nochmals, reden Sie mit niemandem, auch dann nicht, wenn Sie irgendjemand ansprechen würde. Und auf gar keinem Fall dürfen Sie jemandem Ihren Namen nennen! Denn Wolf war zu dieser Zeit gleichbedeutend mit dem Bösen, dem Teufel.“
Wolf nickte stumm. Sie gingen ein paar Schritte vom Wagen weg, Becker nahm seine Hand und im nächsten Augenblick blendete sie der helle Sonnenschein am Uferweg des Flusses in der Stadt Salzburg. Obwohl er schon zweimal so eine Zeitreise mithilfe der Korridore des Generals mitgemacht hatte, war Wolf auch dieses Mal aufs Neue absolut verblüfft über das Geschehene. Sie waren keinen Schritt gegangen und befanden sich trotzdem gut zehn Kilometer entfernt vom Untersberg und zudem noch dreihundertdreißig Jahre in der Vergangenheit, wenn Becker Recht hatte.
Wolf musste sich erst an die vollkommen andere Umgebung gewöhnen. Der Geruch von verbranntem Holz und eigenartigen Gewürzen lag in der Luft. Sie gingen auf den nahe gelegenen Mönchsberg zu und konnten dabei schon von Weitem den festlich geschmückten Weg sehen, auf dem unzählige Menschen daherkamen. Abordnungen der verschiedenen Zünfte in ihren Trachten, gefolgt von Ordensbrüdern aus fernen Landen zogen in langen Reihen auf die Stadt zu. Es waren Triumphbögen aufgebaut worden, welche aus Herbstblumen und Tannenzweigen bestanden. Als er sah, dass Wolf aus dem Staunen nicht mehr herauskam, meinte Becker:
„Ja, dieser Max Gandolf von Kuenburg hat diese Feierlichkeit recht gut inszeniert, was einen aber nicht vergessen lassen darf, dass der Bischof ein grausamer Schlächter war. Mit diesem Schauspiel wollte er sich seine Untertanen bei der Stange halten und zeigen, für welche Pracht er sorgen konnte.“
Jetzt kamen einige pompöse, vierspännige Wagen mit einem Reitertrupp voran. Auch folgten der Kutsche sechs bewaffnete Reiter. Dabei musste es sich mit Bestimmtheit um höhergestellte, adelige Personen handeln. In den Buden neben dem Weg wurden Speisen verkauft. Es roch nach undefinierbaren Gewürzen. Becker deutete auf einen dieser Torbögen, unter dem gerade der prachtvolle Wagen eines Bischofs hindurchfuhr. „Sieben solcher Bögen wurden für diese Feierlichkeit errichtet. Eintausendeinhundert Jahre Erzbistum Salzburg. Für dieses Ereignis hat der Bischof sogar extra Münzen mit seinem Namen prägen lassen.
Er wollte eben in die Geschichte eingehen, was ihm schließlich auch gelang. Aber ganz anders, als er es beabsichtigt hatte, denn unter seiner Herrschaft und auf seinen Befehl wurden unzählige Leute, hauptsächlich Jugendliche, ermordet – im Namen der römisch-katholischen Kirche.“
Als Wolf das Wort „Münzen“ hörte, musste er daran denken, dass er ja schon vor Jahren, als er damals mit Linda nach Salzburg in die Zeit Mozarts gekommen war, einen Taler mit dem Konterfei des damaligen Bischofs Hieronymus Colloredo von einem Wirt abgekauft hatte. Er erzählte Becker davon, welcher mit einem Lächeln meinte: „Ich werde Ihnen einen solchen Taler zur Erinnerung besorgen, bleiben Sie hier stehen und, wie bereits gesagt, reden Sie mit niemandem, das wäre zu gefährlich.“ Dann ging er zu einem Haus, in dem die Gedenkmünzen des Bischofs verkauft wurden. Wolf stellte sich inzwischen mit gesenktem Haupt an eine Wand und faltete die Hände, so, als würde er im Gebet versunken sein. Kurz danach kam der Illuminat wieder heraus und überreichte ihm eine prägefrische Silbermünze. Als Wolf ihn fragte, welchen Wert der
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