Steine der Macht - Band 5

Mönch zu sehen. Auch er stand nur stumm vor einem Spalt in der Wand, welchen sie im Vorjahr aber nicht gesehen hatten. Wolf musste sich also nicht auf die Steinplatte stellen, um einen verborgenen Mechanismus auszulösen. Sie konnten ohne Schwierigkeiten durch die Öffnung im Felsen gehen und gelangten auch recht schnell wieder in den Gang, wo dann in der Erweiterung die Truhe stand, aus der Wolf das Doppelhaupt mit dem langen Haarzopf herausgenommen hatte. Auch der Doppel-Ender Bergkristall von der Insel Unije steckte noch in der Öffnung, in die er ihn gedrückt hatte.
    Es war dieses Mal viel heller in der Grotte, auch blies ihnen jetzt kein Wind entgegen. Stattdessen stand kurz vor dem Eingang in die kuppelförmige Halle ein dritter Mönch mit gefalteten Händen und nickte den beiden freundlich zu.
    Sie betraten nun zum zweiten Mal diese Halle und es schien, als wäre diese nun viel leuchtender als vor einem Jahr. Auch die silbernen Scheiben bewegten sich nicht, als sie zur Treppe in der Mitte der Kuppel schritten. „Was haben wohl die Mönche mit dieser Halle zu tun?“, fragte Wolf leise, als er oben auf der Empore, auf welcher die goldene Kugel in Augenhöhe schwebte, abermals einen Mönch stehen sah.
    In Claudias Gesicht war diesmal keine Spur von Ängstlichkeit zu sehen.
    Zügigen Schrittes ging sie als Erste die Treppe zur Empore hinauf. Wolf folgte ihr. Oben angekommen, legten beide ihre Hände an die Kugel, worauf der große Kristall, welcher sich im Zenit der Kuppelhalle befand, immer stärker zu leuchten begann. Es war ein überirdisches Licht, welches von ihm ausging. Es strahlte Wärme aus und war aber dabei nicht heiß. Das hellgelbe Licht durchflutete nun die gesamte Kuppelhalle und die neun Scheiben, welche im Kreis um die Empore standen, leuchteten jetzt ebenfalls.
    Alles war in eine harmonische Atmosphäre gehüllt. Auch dann, als Wolf und Claudia ihre Hände wieder von der vor ihnen schwebenden, goldenen Kugel nahmen, blieb das Leuchten weiterhin bestehen. Der Mönch auf der Empore lächelte den beiden zu und bedeutete ihnen, wieder hinunterzugehen. Auch beim Verlassen der Kuppelhalle kam dieses Mal keinerlei Hektik bei den beiden auf. Nein, ganz im Gegenteil, sie sahen sich alles ausgiebig an, um später den anderen Freunden vom Isais-Ring genau beschreiben zu können, was es hier zu sehen gab.
    Sie gingen wieder zurück durch den Stollen und schauten sich dabei noch genau die Figura an. Doch je weiter sie aus dem Berg herauskamen, desto kälter wurde es. Auch das Licht war nicht mehr so warm, nein, es war ein hartes, weißblaues Licht. Es schien so, als wäre ein Schutzschild aus Licht um den Berg aufgebaut worden.
    Sie gingen den Pfad von der Quelle hinunter zur Straße. Ihr Erstaunen war groß, als sie dort Becker bei der Kapelle stehen sahen. Der Illuminat lächelte und sagte:
    „Ja, ihr habt die Aktivierung durchgeführt und dazu wart ihr beide notwendig. Das männliche und das weibliche Prinzip, so wie es auch in der Magna Figura dargestellt wird, war nötig, um die Macht zu entfesseln. Einer allein hätte nichts ausrichten können. Nun ist aber alles in Gang gesetzt worden, so wie es in den alten Prophezeiungen gesagt wurde.“
    „Das soll alles gewesen sein?“, fragte Wolf erstaunt den Illuminaten. „Wir haben doch nur die goldene Kugel berührt und sonst nichts.“
    „Und den Eingang hat uns diesmal sogar ein Mönch gezeigt“, sagte Claudia, „es war doch alles recht einfach.“
    Becker schaute sie an und meinte: „Es muss nicht unbedingt eine komplizierte Tat sein, um etwas zu bewirken. Manchmal sind es die einfachsten Dinge, die Großes auslösen.“ Und zu Wolf gewandt sagte er: „Denken Sie an die Rosenkreuzer-Rituale. Diese sind zuweilen auch sehr einfach und haben aber oft eine große Wirkung.“ Wolf nickte nur, dann ergänzte Becker:
    „Es sind nun schon hunderttausende Menschen, welche das morphogenetische Feld um den Untersberg unterstützen und dieses wird von Tag zu Tag stärker. Sagt euren Freunden Bescheid, dass sie sich nun auf die Umwälzung vorbereiten sollen, denn es wird sehr schnell gehen. Ein paar Vorräte zur Überbrückung einer kurzen Zeitspanne würden ebenfalls nicht schaden.
    Schaut euch die Welt-Nachrichten an und seht dabei genau hin. Ihr werdet dann rasch erkennen können, was geschehen wird“, erwiderte Becker.
    „Was wird denn nun auf uns zukommen?“, fragte Wolf etwas unsicher, worauf Becker antwortete: „Euch beiden wird gar nichts