Steine der Macht: Das Isais-Ritual am Untersberg (German Edition)
Armbanduhren zeigten dasselbe an. Der Durchgang mit den Hologrammen führte aber, wenn der Pfarrer die Wahrheit gesagt hatte, zwanzig Jahre in die Zukunft. In eine Zukunft, die eigentlich recht friedlich aussah, soweit Linda und Wolf dies bei ihrem kurzen Aufenthalt dort beurteilen konnten.
Kapitel 9
Projektion in die Vergangenheit
Der nächste Anruf von Obersturmbannführer Weber kam rascher, als Wolf vermutet hatte. Das Treffen war nicht beim alten Gasthof, sondern oben am Waldweg, in der Nähe des Einganges zur Station, geplant. Wolf könne diesmal auch jemanden Vertrauenswürdigen mitbringen, ließ der General ausrichten.
Sie würden bei dieser Zusammenkunft die Station nicht betreten. Somit war auch ein Zeitverlust nicht zu befürchten.
Da sich Linda wieder einmal mit ihren Freundinnen auf einer Städtereise in Deutschland befand, rief Wolf bei Silvia an, ob sie daran interessiert wäre, den General, an dessen Existenz sie ja ohnehin nicht glaubte, persönlich kennenzulernen. „Wenn ich dir damit eine Freude machen kann, komme ich gerne mit“, sagte sie zu Wolf am Telefon.
„Du wirst staunen, und wenn der General uns auch dieses Mal wieder das Chronoskop benützen lässt, dann wird vermutlich dein Weltbild aus den Fugen geraten.“
„Ich lasse mich gerne überraschen“, lachte Silvia und strich sich mit beiden Händen ihre braunen Haare zurück.
Es war am frühen Vormittag, als Wolf mit seinem Wagen am Ende des Dorfs zu dem kleinen Weg am Waldrand einbog. Sie sahen bereits General Kammler und Obersturmbannführer Weber neben einem dichten Gebüsch stehen. Da Weber auch diesmal wieder seinen Rucksack umgehängt hatte, ahnte Wolf bereits, dass auch heute das Chronoskop mit dabei sein würde.
„Das ist Silvia, die mich nach San Borondon begleitet hat“, stellte Wolf seine Jugendfreundin dem General vor. „Es freut mich, auch Sie kennenzulernen“, antwortete dieser. „Somit sind Sie nun auch ein Teil unserer Mission. Sie werden bestimmt erstaunt sein, was sich in naher Zukunft noch alles ereignen wird. Ich muss Sie allerdings ersuchen, von dem, was Sie heute hören und sehen werden, vorerst noch keine Einzelheiten an Ihre Umgebung weiterzugeben.“
Das war wieder eine der kryptischen Bemerkungen des Generals, von denen Wolf nie wusste, worauf sie sich bezogen.
Neugierig musterte Silvia die beiden SS-Männer, die in Zivilkleidung einen recht guten Eindruck vermittelten. Nie im Leben hätte jemand geglaubt, dass es sich hier um einen der mächtigsten Männer des damaligen Dritten Reiches und einen Obersturmbannführer der Waffen-SS handeln würde.
Sie fuhren auch diesmal wieder zum Obersalzberg empor. Es war ein schöner Frühsommertag. Der Morgentau lag noch auf den Bergwiesen, und es waren auch noch kaum Touristen unterwegs.
Das Hotel Intercontinental am Obersalzberg war ihr erstes Ziel. Auf dem Umkehrplatz vor dem imposanten Hoteleingang blieb Wolf am Wiesenrand stehen. Nachdem sie alle ausgestiegen waren, meinte General Kammler:
„Wenn Sie von hier aus mit dem Chronoskop die rechte Seite vor dem Hotel betrachten, können Sie das Haus von Feldmarschall Göring sehen. Gleich dahinter, dort, wo sich jetzt der kleine Teich befindet, liegt das Schwimmbecken von Göring.“
„Lag“, verbesserte Silvia den General, denn sie konnte ja nur den schilfumrandeten Teich und ein kleines Stück eines gemauerten Rands sehen.
„Natürlich haben Sie recht“, antwortete Kammler, „ich war ja erst vor sieben Monaten hier oben bei Göring, da sah alles noch ganz anders aus. Nach Ihrer Zeit sind aber inzwischen schon fünfundsechzig Jahre vergangen.“
Silvia schaute etwas ratlos, und Wolf erklärte ihr „Der General meint damit die Zeitverschiebung. Für ihn sind es ja wirklich nur einige Monate, welche er in seiner Station im Untersberg verbracht hat. Aber in der Außenwelt ist die Zeit mittlerweile dreihundert Mal rascher vergangen.“
Silvia wusste ja bereits, dass es so ein Zeitphänomen geben konnte. Beim Flug mit Wolf zur Insel San Borondon waren ihnen ja ebenfalls schon fünfundzwanzig Minuten abhanden gekommen. Aber jetzt, da der General einfach so darüber sprach, als wäre es das Normalste auf der Welt, dass für ihn und die SS-Männer in seiner Station anstatt fünfundsechzig Jahre eben nur ein paar Monate vergangen waren, sah für sie die Sache anders aus. Das musste sie erst einmal realisieren.
Mit dem Chronoskop, das der Obersturmbannführer soeben aus seinem Rucksack genommen hatte,
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