Steine der Macht: Das Isais-Ritual am Untersberg (German Edition)
unmöglich!“
Alle vier standen auf einem Betonvorsprung der Ruine des Berghofs. Links und rechts von ihnen war nur Gestrüpp, was aber für das Chronoskop kein Hindernis darstellte.
„Da!“, rief Wolf. „Jetzt ist er alleine im Arbeitszimmer, draußen ist es dunkel, und demnach ist es Nacht.“
Wolf sah durch das linke Okular des Gerätes, wie Hitler scheinbar nervös in dem Raum auf und ab ging. Er beobachtete den Führer eine Weile und drückte dann auf die Taste des Lasers. Hitler blieb wie angewurzelt stehen, er zitterte mit beiden Armen. Auch Wolf fuhr der Schreck in die Glieder. Das, was er in Hitlers Arbeitszimmer projizierte, war nicht das Blatt Papier mit den vier Worten. Nein, ein grinsender Teufelskopf mit zwei gebogenen Hörnern war da zu sehen, und aufgrund von Wolfs zittriger Hand, mit der er den Laser festhielt, schien dieser Kopf jetzt auch noch zu nicken. Der Führer schien etwas zu rufen, wie Wolf an seinen Lippen erkennen konnte. Hitler stampfte mit dem rechten Fuß auf den Boden und fing an, wie wild mit den Händen zu gestikulieren. Zu gerne hätte Wolf gehört, was der Führer gesagt oder geschrien hatte, aber das Chronoskop übertrug keine Töne aus der Vergangenheit. Plötzlich öffnete sich eine Tür in dem Raum, und ein Mann in Zivil stürzte herein. Rasch schaltete Wolf den Laser mit dem Hologramm-Aufsatz wieder aus. Hitler deutete mit seiner Rechten wild fuchtelnd in die Ecke, in der bis vor einer Sekunde noch die Teufelsfratze zu sehen gewesen war. Der Mann ging auf den Führer zu und schien ihn beruhigen zu wollen. Doch Hitler zeigte immer wieder in die besagte Ecke im Arbeitszimmer, wo er soeben noch Wolfs Projektion gesehen hatte. Es dauerte eine geraume Weile, bis es dem Mann gelang, den Führer davon zu überzeugen, dass da niemand in dieser Ecke war.
Wolf drehte sich nun zu den anderen dreien um und erzählte ihnen, was er da soeben durch das Okular gesehen hatte.
„Ich kann mir nicht vorstellen, wie das geschehen konnte. Ich habe das Blatt Papier mit dem Satz „Russland nicht angreifen“ eingescannt und dann diese Datei über den Computer in den Hologramm-Beamer geladen. Dabei muss ich irgendetwas falsch gemacht haben, denn anstatt des Textes war dann auf einmal der Teufelskopf im Hologramm-Aufsatz. Das war im Übrigen ein Bild, welches ich im vergangenen Advent beim alten Gasthof aufgenommen habe. Dort war gerade zufällig die so genannte „Wilde Jagd“ zu sehen. Verkleidete Burschen mit handgeschnitzten Masken ziehen da von Haus zu Haus, um die bösen Geister zu vertreiben. Das ist ein alter Brauch am Fuße des Untersberges. Bei diesen Masken kommt auch eine Teufelsfigur vor, und deren Kopf habe ich fotografiert. Aber wie dieses Bild dann in den falschen Ordner hineingeraten ist, kann ich mir nicht vorstellen.“
„Ich bin sicher, dass Sie nichts falsch gemacht haben. Nein, Sie haben jetzt das absolut Richtige getan. Sie waren soeben Erfüllungsgehilfe der Vorsehung“, meinte General Kammler. „Ich habe übrigens damals im Sommer 1941 gehört, dass sogar der Teufel persönlich dem Führer zum ‚Unternehmen Barbarossa‘, also zum Angriff auf die Sowjetunion, geraten hätte. Natürlich haben das alle für ein Hirngespinst, eine Einbildung Hitlers gehalten, aber es zeigt sich jetzt, dass dabei doch etwas Wahres dran war.“
„Soll das nun bedeuten, dass ich der Auslöser für den Russlandfeldzug war?“ Wolfs Stimme klang etwas verstört.
„Nein, nicht unbedingt der Auslöser, aber mit Sicherheit sind Sie auch ein Rad in dem Ganzen, und das ist auch der Grund, weshalb ich der Meinung bin, dass Sie uns wahrscheinlich behilflich sein werden, unsere Mission zu erfüllen.“
Wieder sprach der General in Rätseln. Und welche Mission meinte er?
Jetzt meldete sich auch Silvia zu Wort: „Heißt das also, dass Wolf Hitler diesen nickenden Teufelskopf sozusagen zeigen musste?“
Kammler schaute Silvia an und antwortete:
„Ja, das war offensichtlich notwendig, aber machen Sie sich keine Gedanken darüber. Schließlich hat ja der Führer persönlich diesen Angriffsbefehl gegeben und nicht Wolf. Lassen Sie uns wieder zurückfahren, für heute ist genug Geschichte geschrieben worden.“
„Der Meinung bin ich auch“, meinte Wolf, „gehen wir etwas essen, ich lade Sie ein.“
„Der alte Gasthof beim Marmorbrunnen hat aber nur bis vierzehn Uhr warme Küche, und das schaffen wir jetzt nicht mehr“, warf Silvia mit einem Blick auf Wolfs Armbanduhr ein.
„Macht
Weitere Kostenlose Bücher